+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Prigoschin offenbar in Belarus

Der belarussische Präsident Lukaschenko sagt, Prigoschin sei in Belarus angekommen. Wladimir Putin räumt die staatliche Finanzierung der Wagner-Gruppe ein.

Alexander Lukaschenko sitzt am 6. April 2023 vor einer prunkvollen Wand und spricht in ein Mikrofon

Ist besorgt um die Stabilität Russlands: Belarus-Präsident Alexander Lukaschenko Foto: Alexander Astafyev/via ap

Prigoschin ist laut Lukaschenko in Belarus

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hat die Ankunft des Chefs der Privatarmee Wagner in Belarus nach deren abgebrochener Revolte in Russland bestätigt. „Ja, wirklich, er ist heute in Belarus“, sagte Machthaber Alexander Lukaschenko am Dienstag in Minsk der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge. Der Aufenthaltsort von Jewgeni Prigoschin war zunächst unbekannt gewesen. Im Fall seiner Ausreise nach Belarus war ihm vom Kreml Straffreiheit zugesichert worden. (ap/dpa)

Putin räumt Finanzierung der Wagner-Gruppe ein

Kremlchef Wladimir Putin hat erstmals eingeräumt, dass die Wagner-Armee des Geschäftsmanns Jewgeni Prigoschin vollkommen vom russischen Staat finanziert wurde. „Wir haben diese Gruppe komplett finanziert“, sagte Putin am Dienstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge bei einem Treffen mit Soldaten.

Putin hatte die Wagner-Leute am Samstag angesichts ihres inzwischen beendeten Aufstands als „Verräter“ bezeichnet. Nach Darstellung Putins erhielt die Gruppe von Mai 2022 bis Mai 2023 insgesamt 86,26 Milliarden Rubel (rund 930 Millionen Euro) aus dem Staatshaushalt. Offiziell nennt sich die Wagner-Armee ein privates Militärunternehmen.

Zugleich kündigte Putin eine Untersuchung der Geldströme bei der Muttergesellschaft der Wagner-Armee, der Concord-Holding, an. Denn während die Wagner-Truppe vollständig vom Staat finanziert worden sei, habe Concord zugleich 80 Milliarden Rubel verdient. „Ich hoffe, dass niemand etwas gestohlen hat oder, sagen wir, ein bisschen gestohlen hat“, sagte der Kremlchef. (dpa)

Lukaschenko warnt vor Staatskollaps in Russland

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat den kurzzeitigen Aufstand der Wagner-Söldnereinheiten als Gefahr für Russland bezeichnet. „Wenn Russland zusammenbricht, werden wir unter den Trümmern zurückbleiben, wir werden alle sterben“, sagte Lukaschenko nach Angaben der staatlichen belarussischen Nachrichtenagentur Belta am Dienstag bei einer Auszeichnungszeremonie in Minsk für hochrangige Militärs.

Er habe während des Wagner-Aufstandes in Russland die Streitkräfte seines Landes sofort in Kampfbereitschaft versetzt, sagte Lukaschenko. Die Armee sowie auch Polizei und Spezialeinheiten seien innerhalb eines Tages „in volle Gefechtsbereitschaft“ gebracht worden. Lukaschenko, der enger Verbündeter von Kremlchef Wladimir Putin ist, hatte in dem Konflikt mit dem Söldnerchef Jewgeni Prigoschin am Samstag vermittelt. Prigoschin soll nach Darstellung des Kremls in Belarus Zuflucht finden.

Lukaschenko räumte ein, dass alle Beteiligten die Gefahr der Eskalation des Konflikts anfangs falsch eingeschätzt hätten. Die Beteiligten hätten geglaubt, dass sich die Situation so lösen lasse. Daher seien weder er noch Putin oder Prigoschin als „Helden“ zu bezeichnen. Zwei Menschen seien „aufeinandergeprallt“, sagte er mit Blick auf Putin und Prigoschin. „In diesem Fall gibt es keine Helden“, fügte Lukaschenko hinzu und kritisierte damit auch Kreml-Chef Putin. (dpa)

Prigoschins Flugzeug in Belarus gelandet

Der Jet des Chefs der Wagner-Gruppe Jewgenij Prigoschin ist offenbar in Belarus gelandet. Das Flugzeug, das laut US-Sanktionsunterlagen mit dem abgetauchten Söldnerchef Jewgeni Prigoschin in Verbindung gebracht wird, ist Flugdaten zufolge am Dienstagmorgen von Russland nach Belarus geflogen. Der Flugbeobachtungsseite Flightradar24 zufolge ist das Flugzeug mit der Kennung RA-02795 inzwischen in Belarus gelandet.

Die Identifizierungscodes der Embraer Legacy 600 stimmen den US-Unterlagen zufolge mit jenen überein, die zu einem von den USA Prigoschin zugeordneten Flugzeug gehören. Laut der Vereinbarung, die am Samstag zum plötzlichen Ende des Söldneraufstands in Russland führte, sollte Prigoschin in Belarus ins Exil gehen. Der 62-Jährige hat sich zwar inzwischen mit einer Audiobotschaft zu Wort gemeldet. Über seinen Aufenthaltsort gab es bisher aber keine Informationen. (rtr/taz)

FSB stellt Ermittlungen gegen Wagner-Chef ein

Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nun offiziell die Ermittlungen zum bewaffneten Aufstand der Privatarmee Wagner von Jewgeni Prigoschin eingestellt. Die Beteiligten der Meuterei hätten ihre Aktivitäten aufgegeben, deren Ziel die Verübung eines Verbrechens gewesen sei, teilte der FSB am Dienstag mit. Deshalb und wegen anderer „relevanter Umstände“ sei der Fall geschlossen worden.

Der Kreml hatte am Samstag mitgeteilt, als Teil einer Vereinbarung, die den Wagner-Aufstand beendete, sollten die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Prigoschin beendet werden. Allerdings berichteten russische Medien am Montag, die Ermittlungen gegen Prigoschin würden noch fortgesetzt.

Weiterer Teil der Einigung war, dass Prigoschin nach Belarus ins Exil gehen sollte. Das auf die Beobachtung von Militäraktivitäten spezialisierte unabhängige Projekt Belaruski Hajun teilte mit, ein Privatjet Prigoschins sei am frühen Dienstagmorgen auf einem Militärflugplatz außerhalb der belarussischen Hauptstadt Minsk gelandet. Ob der Wagner-Chef an Bord war, blieb unklar. (ap)

Wagner-Gruppe bereitet Übergabe der Waffen an Russland vor

Nach ihrem abrupt beendeten Aufstand wird die Söldnergrupppe Wagner einem Medienbericht zufolge ihre militärische Ausrüstung an das russische Verteidigungsministerium übergeben. Vorbereitungen für diesen Schritt liefen, meldet die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Ministerium.

Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatte sich vor der Rebellion gegen Anordnungen zur Wehr gesetzt, seine Truppen unter das Kommando des Verteidigungsministeriums zu stellen. Am Freitag startete er einen Aufstand mit einem Marsch seiner Kämpfer auf Moskau, den er am Samstag plötzlich abbrach. Einer Vereinbarung mit der russischen Regierung zufolge soll er in Belarus ins Exil gehen. Die Söldner sollen demnach ebenfalls straffrei in das Nachbarland ziehen oder in Russland bleiben. Dort könnten sie sich der Armee anschließen. (rtr)

Putin wendet sich an die Nation
Präsident Wladimir Putin steht zwischen zwei russischen Flaggen und spricht in die Kamera

Um einen stabilen Eindruck bemüht: Präsident Putin am 26. Juni bei seiner Rede an die Bevölkerung Foto: Russian Presidential Press Service/ap/dpa

Sein Gesichtsausdruck war müde, sein Ton streng: In einer fünfminütigen Fernsehansprache kurz vor Mitternacht am Montag hat sich der russische Präsident Wladimir Putin zum kurzzeitigen Aufstand der Söldnertruppe Wagner geäußert – den Namen seines Widersachers Jewgeni Prigoschin nahm er jedoch nicht in den Mund.

Die Rädelsführer der Meuterei hätten versucht, die Wagner-Soldaten zu zwingen, „ihre eigenen Leute zu erschießen“, sagte er. „Russlands Feinde“ hätten gehofft, die Rebellion spalte und schwäche das Land, so Putin. Sie hätten sich aber „verrechnet“. Die Rädelsführer bezeichnete er als Verräter, die der ukrainischen Regierung in die Hände gespielt hätten.

Putin war sichtlich bemüht, Stabilität zu vermitteln. Er versuchte, die Urheber des Aufstands zu kritisieren, ohne den Großteil der Söldner und deren Anhänger zu verärgern. Der Präsident lobte die Truppe dafür, dass sie die Situation nicht in ein „großes Blutvergießen“ habe ausarten lassen. Und er sagte, die Nation sei geeint.

Russische Staatsmedien hatten prophezeit, diese Rede werde „das Schicksal Russlands bestimmen.“ Tatsächlich brachte die Ansprache keine bahnbrechenden Entwicklungen mit sich. Abbas Galjamow, ein ehemaliger Redenschreiber des Kremls und heutiger politischer Analyst, bezeichnete die Rede als schwach. (ap)

Unterstützung für Schoigu

Der Kreml berichtete später von einem Treffen Putins mit Vertretern der Sicherheitsbehörden, der Strafverfolgungsbehörden und des Militärs – darunter Verteidigungsminister Sergej Schoigu, den Prigoschin durch den Aufstand hatte stürzen wollen. Putin dankte den Mitgliedern seines Teams für ihre Arbeit während des Wochenendes. Zuvor hatten die Behörden ein Video veröffentlicht, das Schoigu in der Ukraine zeigte. Beobachter werteten es als Versuch des Verteidigungsministeriums, nach den chaotischen Ereignissen vom Wochenende ein Bild zu vermitteln, wonach Schoigu noch die Fäden in der Hand halte.

Westliche Staaten haben sich bislang mit Kommentaren zu der Meuterei zurückgehalten. US-Präsident Joe Biden sagte, die USA und die Nato seien daran in keiner Weise beteiligt gewesen. In einer Rede im Weißen Haus erklärte Biden, er sei vorsichtig mit öffentlichen Äußerungen, weil er Putin keinen Vorwand geben wolle, „die Schuld auf den Westen und die Nato zu schieben“. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat bereits mitgeteilt, Moskau untersuche, ob westliche Geheimdienste in den Aufstand verwickelt seien.

Wagner-Chef Prigoschin hatte sich zuvor mit einer markigen Erklärung zu dem kurzlebigen Aufstand zu Wort gemeldet. Er habe nicht putschen wollen, sagte er, sondern die Zerstörung seiner privaten Militärfirma verhindern. „Wir haben unseren Marsch wegen einer Ungerechtigkeit begonnen“, sagte er in einer elfminütigen Audioaufnahme. Die Rebellion sei eine Reaktion auf einen Angriff auf seine Truppe gewesen, bei dem Dutzende Kämpfer getötet worden seien. Er machte keine Angaben darüber, wo er sich aufhielt. Ein populärer russischer Nachrichtenkanal bei Telegram berichtete jedoch, er sei in einem Hotel in der belarussischen Hauptstadt Minsk gesehen worden. (ap)

Russische Kampfflugzeugübungen über der Ostsee

Über der Ostsee führen russische Kampfjets nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums taktische Übungen durch. „Die Besatzungen der Su-27 der Baltischen Flotte feuerten aus der Luft auf Marschflugkörper und feindliche Flugzeugattrappen“, teilt das Ministerium mit. „Das Hauptziel der Übung ist es, die Bereitschaft der Flugbesatzungen zu testen, Kampf- und Spezialaufgaben wie vorgesehen durchzuführen.“ Die Besatzungen der Kampfjets würden nicht nur ihre Fähigkeiten verbessern, sondern seien auch „rund um die Uhr im Kampfeinsatz“, um den Luftraum der russischen Exklave Kaliningrad zu schützen. (rtr)

USA: Militärhilfe in Millionenumfang für die Ukraine

Das Pentagon will der Ukraine weitere Militärhilfe im Umfang von bis zu 500 Millionen US-Dollar (rund 458 Millionen Euro) bereitstellen. Dies teilten US-Regierungsvertreter am Montag mit. Das Paket werde mehr als 50 gepanzerte Kampffahrzeuge und Raketen für Luftabwehrsysteme umfassen. Die US-Militärhilfe soll die ukrainische Gegenoffensive stärken, die sich in der Frühphase befindet und langsam vorankommt. Mit einer offiziellen Bekanntgabe des neuen US-Pakets wird an diesem Dienstag gerechnet. (ap)

Britische Kampfflugzeuge über Schwarzem Meer abgefangen

Russland hat nach eigenen Angaben am Montag durch die Entsendung zweier Kampfjets zwei britische Kampfflugzeuge daran gehindert, über dem Schwarzen Meer in seinen Luftraum einzudringen. „Als sich die russischen Kampfflugzeuge näherten, drehten die ausländischen Kriegsflugzeuge ab und entfernten sich von der russischen Grenze“, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau in einer Stellungnahme.

Demnach handelte es sich um zwei Typhoon-Jets der Royal Air Force, die von einem Aufklärungsflugzeug vom Typ RC-135 begleitet worden seien. Die russischen Flugzeuge seien „sicher zu ihren Heimatstandorten“ zurückgekehrt, erklärte das Ministerium. Großbritannien äußerte sich zunächst nicht zu dem Vorfall.

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts war es zuletzt vermehrt zu Zwischenfällen mit russischen und westlichen Flugzeugen gekommen – sowohl über dem Schwarzen Meer als auch über der Ostsee. Ende Mai hatte Moskau bekannt gegeben, bei zwei verschiedenen Vorfällen innerhalb einer Woche vier Jets der US-Luftwaffe über der Ostsee abgefangen zu haben. Russische Flugzeuge fingen Moskau zufolge zudem französische, deutsche und polnische Militärflugzeuge ab.

Im März war eine US-Drohne über dem Schwarzen Meer abgestürzt, nachdem sie mit einem russischen Kampfjet zusammengestoßen war. Der Vorfall hatte zu Spannungen zwischen Moskau und Washington geführt. (afp)

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