+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Zwist mit orthodoxer Kirche hält an

Mönche des berühmten Höhlenklosters in Kyiv fürchten die Räumung, weil sie als Kollaborateure Moskaus gelten. Derweil geht die Offensive im Osten voran.

Menschen protestieren mit dem Bild eines Klerikers

Protest gegen die Räumung des Klosters im April in Kyiv Foto: Roman Hrytsyna/ap

Mönche fürchten Räumung aus Höhlenkloster

Aus Angst vor einem möglichen Polizeieinsatz im jahrhundertealten Höhlenkloster in Kyiv haben schon mindestens zehn Mönche die Flucht ergriffen. „Die meisten, noch 150, sind geblieben und wollen nicht gehen“, sagt Priester Polykarp Lynenko. Er lebt schon seit mehr als drei Jahrzehnten in der Petscherska Lawra, wie das Kloster auf Ukrainisch heißt. „Ich verurteile Russland dafür, dass es mein Land überfallen hat und uns tötet.“ Der 52-Jährige hält die Gemeinschaft heute zusammen, seit der Metropolit Pawlo Lebid als höchster Würdenträger der ukrainisch-orthodoxen Kirche mit Fußfesseln im Hausarrest sitzt. Viele sprechen von einem politischen Verfahren.

Die ukrainische Justiz wirft dem Abt Pawlo Landesverrat und Kollaboration mit Moskaus russisch-orthodoxer Kirche und deren Patriarch Kirill vor. Der Geistliche soll in abgehörten Telefonaten Russlands Angriffskrieg gerechtfertigt haben. Dagegen betont Vater Polykarp, dass sich seine Kirche nach Kriegsbeginn offiziell vom Moskauer Patriarchat losgesagt habe. Er nennt Präsident Wladimir Putin und den kremltreuen Patriarchen, die beide selbst noch vor zehn Jahren in Kyiv 1025 Jahre Christianisierung feierten, Kriegsverbrecher.

Seit Monaten schon gehen die ukrainischen Behörden gegen die Mönche vor. Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht die Kirche von moskautreuen Spionen durchsetzt. Er will die Mönche aus dem für orthodoxe Christen wichtigen Heiligtum hinauswerfen. Die berühmte Pilgerstätte am Fluss Dnipro steht als Weltkulturerbe unter dem Schutz der Unesco und ist offiziell ein Museum. Übergeben werden soll die Anlage, deren Ursprünge bis ins 11. Jahrhundert zurückgehen, nun an die noch junge Orthodoxe Kirche der Ukraine. (dpa)

Ukrainische Armee: Raketenangriff abgewehrt

Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben einen russischen Raketenangriff auf einen Militärflugplatz in der westlichen Region Chmelnizkij abgewehrt. Die Luftabwehr habe 13 russische Marschflugkörper abgeschossen, die auf den Militärflugplatz gerichtet gewesen seien, teilt die ukrainische Luftwaffe mit. Die Raketen seien von russischen Bombern aus dem Gebiet des Kaspischen Meeres abgefeuert worden. (rtr)

Selenskyj: Moskau lässt Dammbruch-Opfer verschwinden

Russland hat nach Darstellung des ukrainischen Präsidenten Spezialgruppen gebildet, die die Opfer nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms verschwinden lassen sollen. „Der russische Teufel will mit speziellen Truppen die Leichen einsammeln und natürlich vernichten“, sagt Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Das ukrainische Militär erklärt, dass sich die epidemiologische Situation in den betroffenen Gebieten durch die Verbreitung von Hepatitis A drastisch verschlechtert habe.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Terrorvorwürfe gegen Moskau erneuert und den Abzug russischer Truppen aus dem Atomkraftwerk Saporischschja gefordert. „Die vollständige Räumung des Kernkraftwerks Saporischschja ist erforderlich“, sagte er am Donnerstagabend in seiner täglichen Videobotschaft.

Selenskyj fordert internationalen Druck in der Atomfrage

Die Welt müsse den Druck auf Moskau erhöhen, um eine atomare Katastrophe zu verhindern. Radioaktivität kenne keine Neutralität, sagte er in Richtung jener Länder, die im Konflikt bisher keine Position bezogen. Selenskyj wiederholte den Vorwurf, dass Moskau im Atomkraftwerk Saporischschja einen Anschlag plane, den es dann zynisch „unter dieser oder jener Katastrophe zu verbergen hofft“. Er habe Vertreter der großen westlichen Industrienationen (G7) und der Industrie- und Schwellenländer (G20) sowie internationaler Organisationen über die Gefahr unterrichtet.

Konkrete Beweise für seine Anschuldigungen gegen Moskau nannte Selenskyj nicht. Stattdessen verwies er auf die Zerstörung des Kachowka-Damms. Nach dessen Beschädigung ist der Kachowka-Stausee ausgelaufen, große Teile des südukrainischen Gebiets Cherson sind überflutet. Kyiv und der Westen machen Moskau dafür verantwortlich. Russland streitet ab, den Damm gesprengt zu haben. (dpa)

UN: Moskau für Tötung von 136 Kindern verantwortlich

Die Vereinten Nationen werfen Russland beim Angriffskrieg gegen die Ukraine schwere Verbrechen gegen Kinder vor. Dies geht aus einem internen UN-Bericht hervor, den die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag in New York einsehen konnte. UN-Generalsekretär António Guterres machte Russland für die Tötung von 136 Kindern im vergangenen Jahr verantwortlich und zeigte sich „schockiert“. Die russische Armee wurde auf eine UN-Liste von Organisationen aufgenommen, die schwere Vergehen gegen Kinder in bewaffneten Konflikten begehen.

Nach der UN-Aufstellung wurden vergangenes Jahr in der Ukraine erwiesenermaßen 477 Kinder getötet. 136 Tötungen werden den russischen Streitkräften und Verbündeten zugeordnet, 80 den ukrainischen Truppen. Für die restlichen Opfer könne keine der beiden Kriegsparteien mit Sicherheit die Schuld gegeben werden. Die Kinder seien größtenteils durch Luftangriffe getötet worden, hieß es ergänzend. (dpa)

Ukrainische Militäroffensive schreitet voran

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben bei seiner Offensive im Süden des Landes weitere Geländegewinne erzielt. „Im Süden gehen die Angriffe unserer Streitkräfte weiter, wir kommen schrittweise voran, haben teilweise Erfolg, drängen den Gegner zurück und begradigen die Front“, schrieb die Vizeverteidigungsministerin in Kyiv, Hanna Maljar, am Freitag auf ihrem Telegram-Kanal. Demnach laufen die Angriffe in Richtung Melitopol und Berdjansk.

Die von Maljar genannten Großstädte sind allerdings noch weit von der Front entfernt im russisch besetzten Hinterland der Südukraine. Trotz der proklamierten Fortschritte hat das ukrainische Militär offenbar keine weiteren Ortschaften eingenommen. In Maljars Bericht gibt es jedenfalls keine entsprechenden Angaben. Dabei hatte die Beamtin stets als eine der ersten die jeweilige Einnahme der bisher acht zurückeroberten Siedlungen vermeldet. (dpa)

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