+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Von der Leyen plant Kyjiw-Besuch

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen will an diesem Dienstag nach Kyjiw reisen. Trotz Sicherheitsrisiko hält Moskau an der morgigen Militärparade fest.

Ursula von der Leyen vor der EU-Flagge

Zum fünften Mal seit Beginn des russischen Angriffskriegs wird von der Leyen am 9. Mai in die Ukraine reisen Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Moskau bereitet sich auf Militärparade vor

Ungeachtet des kürzlichen Zwischenfalls mit zwei Drohnen über dem Kreml will Russlands Präsident Putin am Dienstag wie geplant bei der großen Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau auftreten. „Morgen bei der Parade wird es den Auftritt des Präsidenten wirklich geben“, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Zuvor war bereits mitgeteilt worden, dass Moskau die Sicherheitsvorkehrungen vor den Feierlichkeiten zum 78. Jahrestag des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg verschärft habe.

In der vergangenen Woche waren nachts zwei Drohnen über dem Kreml-Gelände zum Absturz gebracht worden. Russland sprach anschließend von einem versuchten Anschlag auf Putin und machte dafür die Ukraine verantwortlich. Das Nachbarland, das sich seit mehr als 14 Monaten gegen einen russischen Angriffskrieg verteidigt, wies die Anschuldigung zurück. Auch internationale Beobachter glauben, dass Russland den angeblichen Anschlagsversuch inszeniert haben könnte. Spekuliert worden war in diesem Zusammenhang auch darüber, ob möglicherweise die Militärparade abgesagt würde.

Abgesagt wurde in Moskau bereits der Traditionsmarsch „Unsterbliches Regiment“, der normalerweise nach der Parade abgehalten wird und bei dem 2022 auch Putin dabei war. Sprecher Peskow räumte nun ein, dass das aufgrund von Sicherheitsbedenken geschehen sei. Weiter offen ließ er, ob es eine Flugshow geben werde oder ob diese – wie im Vorjahr – abgesagt werde.

Russische Medien berichteten zudem, dass in insgesamt mehr als 20 Städten die Paraden abgesagt worden seien, weil die Behörden die Sicherheit nicht gewährleisten könnten. Neben dem Drohnen-Vorfall am Kreml häuften sich in letzter Zeit auch in anderen russischen Regionen mutmaßliche Partisanenanschläge etwa auf Gütertransporte und Ölraffinerien. (dpa)

Selenskyj: „Leider ist das Böse zurückgekehrt“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am 78. Jahrestag der Kapitulation der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg das damalige Nazi-Deutschland mit dem russischen Staat von heute verglichen. „Leider ist das Böse zurückgekehrt“, schrieb Selenskyj am Montag auf Telegram. „Auch wenn der Aggressor jetzt ein anderer ist, ist das Ziel das gleiche: Versklavung und Zerstörung.“

Selensykj teilte zudem mit, er habe einen Gesetzentwurf an das Parlament weitergeleitet, in dem er offiziell einen Tag der Erinnerung und des Sieges über Nazi-Deutschland für den 8. Mai vorgeschlagen habe – so wie er auch im Rest der freien Welt gefeiert werde. Am 9. Mai, an dem Russland den Sieg über die Wehrmacht feiert, solle in der Ukraine der Europatag begangen werden, wie ihn auch die Europäische Union feiert, teilte Selenskyj mit – eine weitere Distanzierung von Moskau. (ap)

Russland stoppt Getreideabkommen de facto

Die Ukraine wirft Russland eine Untergrabung des Getreideabkommens vor. Das Abkommen sei de facto gestoppt, da Russland sich weigere, ankommende Schiffe zu registrieren und zu inspizieren, erklärt das ukrainische Wiederaufbauministerium. „Dieses Vorgehen widerspricht den Bedingungen der aktuellen Vereinbarung,“ führt es aus. (rtr)

Von der Leyen reist am Europatag nach Kyjiw

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will an diesem Dienstag zum fünften Mal seit dem Beginn der russischen Invasion die ukrainische Hauptstadt Kyjiw besuchen. Sie werde dort am Europtag den Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen und erneut die uneingeschränkte Unterstützung für die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland bekräftigen, sagte ein Sprecher in Brüssel.

Anlass der Reise ist unter anderem, dass in der Ukraine künftig am 9. Mai auch immer der Europatag gefeiert werden soll. Der Tag markiert den Jahrestag der sogenannten Schuman-Erklärung. Sie wurde am 9. Mai 1950 von dem damaligen französischen Außenminister Robert Schuman vorgeschlagen, um einen neuen Krieg zwischen den Nationen Europas undenkbar zu machen. Schumans Vorschlag gilt als Geburtsstunde dessen, was heute Europäische Union genannt wird.

Die vorherige Reise nach Kyjiw hatte von der Leyen Anfang Februar absolviert. Damals hatte sie der Ukraine gemeinsam mit Ratspräsident Charles Michel bei einem Gipfeltreffen mit Selenskyj volle Unterstützung bei deren Wunsch nach baldiger Mitgliedschaft zugesagt, allerdings keine zeitliche Perspektive dafür gegeben. Die Ukraine will so schnell wie möglich Mitglied der EU werden. (dpa)

Russische Angriffe vor dem 9. Mai
Zerbrochene Fenster eines Wohnblocks in Kiew

Ein durch eine Drohne zerstörtes Wohnhaus in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw Foto: Valentyn Ogirenko/dpa

Russland hat ukrainischen Angaben zufolge am frühen Montag groß angelegte Luftangriffe auf Kyjiw und die gesamte Ukraine verübt. Stundenlang ertönte Luftalarm in etwa zwei Drittel des Landes. In der Region Cherson und in der Region Saporischschja waren laut Medienberichten Explosionen zu hören, in Odessa geriet ein Lebensmittellager nach russischem Beschuss in Brand. Im umkämpften Bachmut verschärfte Russland sein Vorgehen an der Front. Die russische Söldnertruppe Wagner hatte zuvor ihren angedrohten Rückzug aus der Stadt aufgegeben. Acht weitere Orte in der Region Sumy im Nordosten standen nach Militärangaben ebenfalls unter verstärktem russischen Beschuss.

Bei den russischen Luftangriffen auf Kyjiw sind laut Bürgermeister Vitali Klitschko mindestens fünf Menschen verletzt worden. Drei Menschen seien bei Explosionen im Stadtteil Solomjanskyj verwundet worden, zwei weitere Personen durch Drohnenwrackteile, die auf ein zweistöckiges Gebäude im Stadtteil Swjatoschyn fielen. Die Angriffe hielten weiter an. Örtliche Behörden erklären, die Luftabwehrsysteme hätten die Angriffe abgewehrt. Es war nicht sofort klar, wie viele Drohnen auf Kyjiw abgeschossen wurden.

Die Kyjiwer Militärverwaltung teilte mit, dass Drohnenwrackteile auf eine Start- und Landebahn des Flughafens Schuljany, einem der beiden Passagierflughäfen der ukrainischen Hauptstadt, gefallen und Rettungskräfte vor Ort im Einsatz seien. Es gab zunächst keine Angaben über Tote oder Verletzte.

In der Hafenstadt Odessa sei ein Lebensmittellager durch russischen Raketenbeschuss in Brand geraten, schrieb Serhiy Bratchuk, Sprecher der Militärverwaltung des Gebiets, auf seinem Telegram-Kanal. Der ukrainische öffentlich-rechtliche Sender Suspilne berichtete ebenfalls von einem Brand nach einer Explosion in Odessa. Auch in Cherson waren Explosionen zu hören.

Im umkämpften Bachmut intensivierte ukrainischen Militärangaben zufolge Russland den Beschuss der Stadt mit schweren Waffen. Die russischen Streitkräfte würden modernere Ausrüstung einsetzen und ihre Truppen umgruppieren, sagt Generaloberst Oleksandr Syrskyj, der ukrainische Befehlshaber der Bodentruppen, nach einem Besuch an der Frontlinie. „Die Russen hoffen immer noch, die Stadt bis zum 9. Mai zu erobern. Unsere Aufgabe ist es, dies zu vereiteln.“ Die ukrainischen Streitkräfte würden alles tun, um dies zu verhindern. „Heute ist es wichtig, Entscheidungen so schnell wie möglich zu treffen und die Aktionen des Feindes vorherzusehen.“ (rtr)

Mehr als 1.600 Menschen aus Saporischschja evakuiert

Russland bestätigt die Evakuierungen aus den Gebieten um das Kernkraftwerk Saporischschja. Etwa 1.679 Menschen, darunter 660 Kinder, seien aus den umliegenden Gebieten des AKWs zum temporären Unterbringungszentrum in Berdjansk gebracht worden, teilt der von Moskau eingesetzte Gouverneur des von Russland kontrollierten Teils der Region Saporischschja, Jewgeni Balizki, mit. Berdjansk ist eine südostukrainische Hafenstadt am Asowschen Meer, die seit den ersten Tagen des russischen Einmarsches in die Ukraine im Februar 2022 von Russland besetzt ist. (rtr)

EU erwägt Sanktionen gegen chinesische Unternehmen

Die Europäische Union (EU) nimmt chinesische Unternehmen wegen Exporten an Russland ins Visier, die für die Herstellung von Waffen verwendet werden könnten. „Sieben chinesische Unternehmen sind in einem neuen Sanktionspaket aufgeführt“, berichtet die Financial Times (FT) am Sonntag unter Berufung auf eine Kopie der Sanktionsliste, die in dieser Woche von den EU-Mitgliedstaaten diskutiert werden soll. Die Maßnahmen sollen auf Unternehmen abzielen, die Technologie und Materialien an Russland liefern, die zur Herstellung von Waffen genutzt werden könnten.

Die Sanktionsliste umfasst laut dem Bericht zwei chinesische Unternehmen, 3HC Semiconductors und King-Pai Technology, sowie mit Sinno Electronics, Sigma Technology, Asia Pacific Links, Tordan Industry und Alpha Trading Investments fünf Unternehmen aus Hongkong. Einige der Firmen wie der Elektronikkomponenten-Hersteller King-Pai wurden bereits von den USA mit Sanktionen belegt, da es sich um einen in China ansässigen Zulieferer für mehrere Unternehmen des verflochtenen militärisch-industriellen Komplexes Russlands handelt.

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vor 14 Monaten hat die EU bislang zehn Sanktionspakete gegen russische Einzelpersonen und Unternehmen verabschiedet, um Moskau die Finanzierung des Krieges zu erschweren. Eine Entscheidung, chinesische Unternehmen mit Sanktionen zu belegen, käme zu einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen der EU und China bereits angespannt sind. (rtr)

Vize-Verteidigungsminister: Offensive wird Russland zusetzen

Die in naher Zukunft erwartete Offensive der ukrainischen Streitkräfte zur Rückeroberung besetzter Gebiete wird Russland nach den Worten des ukrainischen Vize-Verteidigungsministers Wolodymyr Hawrylow „in Panik versetzen“. Die Russen hätten noch nicht verstanden, dass ihre Propaganda ihnen ein falsches Bild von der Lage zeige, sagte Hawrylow am Sonntag in einem Interview mit The Independent. „Dieser Krieg wird am Boden gewonnen und nicht an den Fernsehbildschirmen oder im Internet.“

Einen Zeitpunkt für die seit Langem angekündigte und erwartete Offensive wollte Hawrylow nicht nennen. „Wir werden unsere Gegenoffensive starten – wann und wo, ist im Moment nicht wichtig.“

Der Kreml habe die Wahrheit über die russischen Verluste in diesem Krieg lange vor der eigenen Bevölkerung verschleiert. Die Offensive werde dies ändern. „Man kann die eigenen Leute nicht jahrelang hinters Licht führen, besonders wenn sie einen Unterschied an den Fronten erkennen, wenn sie die Toten und Verwundeten sehen, wenn sie die Familien sehen, die ihr Dach über dem Kopf verloren haben“, sagte er.

Hawrylow sah in den monatelangen Kämpfen um die ostukrainische Stadt Bachmut einen Beweis für die zunehmende Schwäche der russischen Kriegsmaschinerie. Russland werde bei Bachmut „früher oder später“ unweigerlich ein Desaster erleben. (dpa)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.