+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: „Ernster atomarer Unfall“ droht
Die Lage um das AKW Saporischschja wird laut des IAEA zunehmend unberechenbar. Die Wagner-Söldnertruppe soll in Bachmut Munition erhalten haben.
Wagner-Truppe soll Munition aus Moskau erhalten
Nach Ankündigung ihres Abzugs aus der umkämpften ukrainischen Stadt Bachmut soll die russische Söldnertruppe Wagner nach eigenen Angaben nun doch die geforderte Munition und Verstärkung aus Moskau erhalten. „Uns wurden so viel Munition und Waffen versprochen wie zur Fortsetzung der Kampfhandlungen nötig“, sagte der Chef der Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, am Sonntag auf dem Telegram-Kanal seines Pressedienstes. Zudem sei ihm Flankenschutz zugesichert worden, damit seine Einheiten nicht Gefahr liefen, eingekesselt werden. Moskau äußerte sich zunächst nicht dazu.
Für die Koordination der Söldner mit den regulären Einheiten sei General Sergej Surowikin zuständig – „der einzige Mensch mit Generalsstern, der was vom Kämpfen versteht“, befand Prigoschin.
Prigoschin hatte in der Vergangenheit mehrfach das russische Verteidigungsministerium für die hohen Verluste seiner Söldnertruppe in Bachmut verantwortlich gemacht. Wegen fehlender Artilleriemunition seien die Ausfälle beim Sturm der Stadt fünfmal so hoch wie nötig, sagte er. Deswegen verkündete er zuletzt den Abzug seiner Einheiten ab dem 10. Mai. Noch in der Nacht hatte er die Entscheidung mit der drohenden Gefahr eines Aufreibens seiner Truppe gerechtfertigt. Er behauptete, dass in der Schlacht um Bachmut 50 000 Ukrainer gefallen sein, räumte aber zugleich „Zehntausende“ Tote und Verletzte auf eigener Seite ein.
Prigoschin gilt wie Surowikin oder auch der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow, dessen Einheiten die Wagner-Positionen in Bachmut eigentlich übernehmen sollten, als Hardliner in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Experten sprechen von einem Machtkampf innerhalb der russischen Elite, der die Effizienz der Kriegsführung Moskaus weiter schmälert. (dpa)
Abwehr eines nächtlichen Drohnenangriffs auf Sewastopol
Russischen Angaben zufolge ist in Sewastopol auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim in der Nacht ein Drohnenangriff abgewehrt worden. „Flugabwehreinheiten und Einheiten der elektronischen Kriegsführung haben einen weiteren Angriff auf die Stadt abgewehrt“, erklärte der von Russland eingesetzte Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew, am Sonntag im Onlinedienst Telegram.
Die Ukraine hätte mehr als zehn Drohnen auf die Stadt abgefeuert, fügte er hinzu. Zwei Drohnen seien über dem Meer abgeschossen worden, eine weitere sei in einen Wald gestürzt, nachdem sie die Kontrolle verloren hatte. „Es wurde keine Infrastruktur in der Stadt beschädigt“, sagte Raswoschajew. In der Hafenstadt Sewastopol ist die russische Schwarzmeerflotte stationiert.
Der jüngste Vorfall ereignete sich vor dem Hintergrund sich häufender Drohnenangriffe, Sabotageakte und mutmaßlicher Anschläge auf russischem Gebiet – teilweise weit von der Ukraine entfernt – deren Urheber nicht eindeutig identifiziert werden konnten. Russland bereitet sich derzeit auf die Feierlichkeiten zum Jahrestag des Sieges der Sowjetunion gegen Nazi-Deutschland am 9. Mai vor.
Am Samstag hatten russische Behörden bereits den Abschuss einer russischen Rakete über der Krim gemeldet – die Halbinsel ist 2014 von Russland annektiert worden. Anfang der Woche wurde nach russischen Angaben zudem ein Drohnenangriff auf den Kreml vereitelt. Derzeit scheint sich eine Offensive der ukrainischen Streitkräfte abzuzeichnen. (afp)
Russischer Kampfjet fängt polnisches Flugzeug
Ein russischer Kampfjet hat ein polnisches Flugzeug während eines Patrouillenfluges für die EU-Grenzschutzbehörde Frontex abgefangen. Der russische Suchoi Su-35-Kampfjet habe keinen Funkkontakt aufgenommen, bevor er „aggressive und gefährliche Manöver“ ausführte, teilte der polnische Grenzschutz am Sonntag mit. Das russische Kampfflugzeug habe sich dem polnischen Flugzeug „dreimal genähert, ohne den erforderlichen Sicherheitsabstand einzuhalten“.
Das polnische Flugzeug geriet den Angaben aus Warschau zufolge dadurch in „erhebliche Turbulenzen“. Die fünfköpfige Besatzung habe zwischenzeitlich „die Kontrolle über das Flugzeug und an Höhe verloren“. Der russische Kampfjet sei „direkt vor der Nase des Flugzeugs“ geflogen und habe seine Flugbahn in einer Entfernung von „etwa fünf Metern“ gekreuzt. Nach dem Vorfall landete das polnische Flugzeug demnach sicher in Rumänien.
Das Flugzeug des polnischen Grenzschutzes war am Freitag auf einem Frontex-Routine-Flug unterwegs, wie das rumänische Verteidigungsministerium am Samstag mitteilte. Der Vorfall ereignete sich demnach „in internationalem Luftraum über dem Schwarzen Meer“, etwa 60 Kilometer östlich des rumänischen Luftraums. Rumänische und spanische Flugzeuge seien daraufhin von der Nato in „Voralarm“ versetzt worden.
„Dieser Vorfall ist ein weiterer Beweis für das provokative Vorgehen der Russischen Föderation im Schwarzen Meer“, erklärte Bukarest. Die Europäische Grenzschutzagentur Frontex reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur AFP.
Das polnische Flugzeug ist seit dem 19. April in Rumänien stationiert und soll dort bis zum 17. Mai bleiben. Es gehört zu einem von Rumänien organisierten Frontex-Einsatz, an dem auch Spanien und Schweden beteiligt sind.
In den vergangenen Jahren haben sich Zwischenfälle mit Flugzeugen von Russland und Nato-Ländern gehäuft, auch schon vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Oft ereigneten sich die Vorfälle über der Ostsee, aber auch über dem Schwarzen Meer und anderen Gebieten. (afp)
Russischer Autor Prilepin nach Anschlag aus Koma erwacht
Der bei einem Anschlag schwer verletzte russische Schriftsteller Sachar Prilepin ist nach offiziellen Angaben aus dem künstlichen Koma erwacht. „Er ist bei Bewusstsein, nach Worten der Ärzte ist sein Zustand stabil, die Stimmung munter“, schrieb der Gouverneur der Region Nischni Nowgorod, Gleb Nikitin, am Sonntag auf seinem Telegram-Kanal.
Prilepin gilt als starker Befürworter des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Er hat schon vorher im ukrainischen Donbass-Gebiet auf Seiten der moskautreuen Separatisten gekämpft. Sich selbst bezeichnete er einmal als Imperialisten. Am Samstag wurde der 47-Jährige bei der Explosion eines Sprengsatzes an seinem Wagen im Gebiet Nischni Nowgorod schwer verletzt, sein Fahrer kam dabei ums Leben.
Behördenangaben nach wurde der Anschlag mit einer Panzermine ausgeführt. Wenige Stunden nach dem Vorfall, der sich unweit der Stadt Bor ereignete, wurde laut Innenministerium ein 1993 geborener Mann festgenommen, der bereits vorbestraft sein soll. Es seien Ermittlungen wegen eines mutmaßlichen Terroranschlags eingeleitet worden, hieß es. Die russische Führung macht für den Anschlag Kyjiw und westliche Staaten verantwortlich. (dpa)
IAEA-Chef: Lage um Akw Saporischschja unberechenbar
Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hat am Samstag vor der Gefahr eines „ernsten atomaren Unfalls“ am von Russland besetzten Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine gewarnt. Angesichts der Evakuierung einer nahegelegenen Stadt, in der die meisten Mitarbeiter des Akw leben, erklärte Grossi, die Situation im Gebiet rund um Kraftwerk werde „immer unberechenbarer und potenziell gefährlich“.
„Diese große Atomanlage muss geschützt werden“, forderte der IAEA-Chef. Er werde weiterhin Druck ausüben, damit alle Parteien sich für dieses wichtige Ziel einsetzten, und die IAEA werde „weiterhin alles in ihrer Macht stehende tun, um dazu beizutragen, die Sicherheit und die nukleare Sicherheit der Zentrale zu garantieren“, erklärte Grossi.
Die IAEA-Experten auf dem Gelände des Kraftwerks würden die Lage aus der Nähe überwachen, um „jede mögliche Auswirkung auf die Sicherheit aufzuspüren“, betonte Grossi.
Der Bürgermeister von Melitopol, Ivan Fedorow, erklärte im Online-Dienst Telegram, die von den russischen Behörden angekündigte „Evakuierung“ verlaufe zu schnell. Am Kontrollposten Schongar an der Straße von Melitopol zur Krim hätten sich sehr lange Warteschlangen gebildet. Seit Freitag würden alle 20 bis 30 Minuten Busse abfahren.
Das Atomkraftwerk Saporischschja ist nicht von der Teil-Evakuierung der Region Saporischschja betroffen, wie der von den russischen Behörden ernannte Leiter der Anlage, Juri Tschernitschuk, am Samstag mitteilte.
Am Freitag hatte der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef der Region Saporischschja, Jewgeni Balizki, die Teil-Evakuierung von 18 von Russland besetzten Orten in der Region Saporischschja angeordnet, darunter auch Energodar, wo sich das Atomkraftwerk Saporischschja befindet. Betroffen seien Familien mit Kindern, ältere Menschen, Behinderte und Patienten von Krankenhäusern. Balizki begründete dies damit, dass es in den vergangenen Tagen vermehrt ukrainische Bombenangriffe gegeben habe.
Die russische Nachrichtenagentur Tass meldete unter Berufung auf einen anderen Beamten der Besatzungsverwaltung, die russischen Behörden planten die Evakuierung von rund 70.000 Menschen aus Orten in der Region.
Das Atomkraftwerk Saporischschja wird seit März 2022 von der russischen Armee kontrolliert. Es wurde wiederholt beschossen, was Angst vor einer atomaren Katastrophe schürte. (afp)
Russische Besatzer kündigen Teilevakuierung
Die russische Besatzungsmacht will frontnahe Gebiete im südukrainischen Saporischschja evakuieren. „Die Obrigkeit des Gebiets Saporischschja hat entschieden, die Bewohner von 18 frontnahen Ortschaften wegen des zunehmenden ukrainischen Beschusses zeitweise tiefer in die Region zu verlegen“, schrieb der Vertreter der moskautreuen Verwaltung, Wladimir Rogow, am Freitag in seinem Telegram-Kanal. Unter anderem soll auch die Stadt Enerhodar, in der das Atomkraftwerk Saporischschja liegt, geräumt werden.
Daneben sollen auch die Bewohner der Städte Tokmak und Polohy sowie der Großsiedlungen Kamjanka und Rosiwka ihre Koffer packen. Die Ortschaften liegen teilweise bis zu 40 Kilometer hinter der aktuellen Frontlinie. Allerdings wird in der näheren Zukunft mit einer ukrainischen Gegenoffensive gerechnet. Als eine Möglichkeit gilt dabei ein militärischer Vorstoß im Gebiet Saporischschja in Richtung der Küste des Asowschen Meeres. Die Anschläge auf strategisch wichtige Objekte im von Russland kontrollierten Hinterland der Front haben zuletzt stark zugenommen. (dpa)
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