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Training für Journalistinnen in Syrien Starke Stimmen für den Wiederaufbau

Die taz Panter Stiftung fördert erneut syrische Journalistinnen, die für unabhängigen Journalismus in ihrem Land kämpfen. Im Rahmen des Projekts ist auch eine Beilage in der taz entstanden.

Illustration: Hamed Eshrat

taz Panter Stiftung | Es war eine dieser typischen, schnellen Ideen der Panter Stiftung. Kaum schien sicher, dass das Assad-Regime nach 54 Jahren Diktatur tatsächlich gefallen war, da stand schon der Plan: Wir wollen den unabhängigen Journalismus in dem Land unterstützen. Insbesondere wollten wir erneut Frauen fördern, die wie in vielen arabischen Medien von wichtigen politischen und wirtschaftlichen Themen gern ferngehalten werden. Ein sechsmonatiger Workshop „Her turn – Supporting Syrian female journalists“ wurde erarbeitet.

Während der Assad-Diktatur hatte Syrien sich dank der ins Exil geflohenen Jour­na­lis­t:in­nen eine kleine, aber vielfältige unabhängige Medienlandschaft stets bewahrt. Einige der Macher und Macherinnen saßen und sitzen in Paris, Amsterdam oder Berlin. Gerade in den letzten Jahren entwickelte sich eine Fülle verschiedener kleiner Onlineplattformen, Radio- und TV-Stationen jenseits der Staatsmedien.

Das Projekt

Nach einem sechsmonatigen Workshop mit elf Teilnehmerinnen aus Syrien fördert die taz Panter Stiftung nun 17 syrische Journalistinnen, um die Presse- und Meinungsfreiheit im Land zu stärken. In Kooperation mit Medienpartnern vor Ort, der Plattform Women who won the war und dem Radiosender Arta FM, entstehen Beiträge und Podcasts, die in lokalen und Exilmedien veröffentlicht werden.

Wie herausfordernd journalistische Arbeit und das Leben in Syrien bis heute sind, berichteten elf Kolleginnen, die wir im Frühjahr nach Beirut zu einem Kickoff-Meeting einluden. Sahar hat ihr studentisches Engagement mit zwei Jahren Gefängnis bezahlen müssen; Sawsan, Mutter von vier Kindern, schreibt mit dem Laptop auf den Knien im einzigen Raum des Familienzelts im Flüchtlingslager bei Idlib.

Farah kann wegen anhaltender Kämpfe im südsyrischen Suweida seit Monaten die Wohnung kaum verlassen. Und im kurdischen Nordosten sucht Ronak verzweifelt nach guter ärztlicher Behandlung für ihren Sohn. Zeina, die vor dem Parlamentsgebäude in Damaskus mit anderen Medienschaffenden gegen die immer wieder aufflammende Gewalt protestierte, wurde dort zusammengeschlagen.

Nur leise Klagen über die Lage

Dennoch würde keine der Frauen den Beruf als Reporterin, Korrespondentin, Moderatorin oder Content Creator aufgeben. Nur leise klagen sie über ihre schwierige persönliche Lage und die instabile Situation im Land. Mit großem Eifer hingegen beteiligten sich alle Journalistinnen an den Debatten und der Textarbeit im Workshop. Sie diskutierten mit Expertinnen über wichtige Themen des Landes, etwa über Wege zur Aufarbeitung des geschehenen Unrechts oder den wirtschaftlichen Wiederaufbau.

In dem gemeinsam erarbeiteten Podcast „Das gespaltene Land“ zeigten die Frauen eindrücklich, wie die enorme Spaltung der multiethnischen syrischen Gesellschaft überwunden werden kann: indem Sy­re­r:in­nen sich kennenlernen, ihre Unterschiede akzeptieren und sich nicht länger – wie unter Assad – gegeneinander aufhetzen lassen. Veröffentlicht wurde der Pod­cast auf Deutsch und Arabisch auf unserer Stiftungswebseite und bei Radio Arta FM, unserem syrischen Medienpartner im Nordosten des Landes.

Manche im Workshop entstandenen Texte konnten die Teilnehmerinnen in unabhängigen syrischen Medien, wie auf der Onlineplattform Women who won the war, mit der wir kooperieren, publizieren. Von acht für die taz geschriebenen Kolumnen veröffentlichten wir drei in einer eigenen Printbeilage.

Illustration: Hamed Eshrat
Die Beilage

Eine am 6.12.2005 veröffentlichte taz-Beilage mit Texten der syrischen Journalistinnen kann

als pdf gelesen werden. Weitere Texte unter taz.de/syrien.

Neben persönlicher Weiterbildung sind im neuen Syrien vor allem der Aufbau und die Stärkung von Netzwerken gefragt. Denn noch immer gibt es kein Mediengesetz, das presserechtliche Standards sichert. In Me­dien­un­ter­nehmen fehlt es an weiblichen Führungskräften, zudem ist der Umgang mit Journalistinnen in den meist männlich besetzten Behörden kaum geübt.

Anfrage zur Zusammenarbeit

Journalistinnen müssen sich zusammenschließen, um gehört zu werden und unabhängigen Journalismus wirklich betreiben zu können. Auch darüber haben die Kolleginnen mit dem Syrian Network for Female Journalists (SFNJ) und anderen Expertinnen diskutiert. Das zeigt Wirkung: Aus dem Nordosten Syriens erhielt die taz Panter Stiftung jetzt eine Anfrage zur Zusammenarbeit mit der dortigen Free Media Union.

Wir freuen uns über starken Journalismus aus Syrien, über viele positive Reaktionen auf unser Weiterbildungsprogramm sowie neue Kontakte, auch zu wichtigen Medienakteuren und künftigen Partnern aus Syrien und der Diaspora. Deshalb haben wir nicht gezögert, als das Auswärtige Amt im Herbst eine erneute finanzielle Förderung für ein zweites Syrienprojekt anbot.

Wenn die Beilage Anfang Dezember 2025 in der taz erscheint, haben wir bereits 17 syrische Journalistinnen für das neue Projekt „Her Turn – Supporting Syrian Female Journalists II“ bei einem ersten Online-Workshop begrüßt und hoffen, die Gruppe im Frühjahr in Damaskus zu treffen.

Die beiden Autorinnen leiten die Workshops mit den syrischen Journalistinnen.