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Archiv-Artikel

Nur Angeln, keine Fische

Hausaufgaben statt fertiger Lösungsmodelle: Beim Projekt „IT Circle Cybille“ lernen Frauen, selbständige Entscheidungen über den Einsatz von Informationstechnologie zu treffen

von LENA GORELIK

Das Konzept ist einfach: „Wir verkaufen Angeln, keine Fische“, sagt Katharina Hanschen. Sie ist Geschäftsführerin von IT Circle Cybille. Das Projekt des Weiterbildungsvereins „Frau und Arbeit“ soll Frauen dazu qualifizieren, Entscheidungen über den Einsatz von Informationstechnologie zu treffen. Das Besondere daran: „Wir liefern keine Lösungen und machen keine EDV-Schulungen, sondern stärken die Entscheidungskompetenz von Frauen.“

Cybille war früher eine Schulung des Frauentechnikzentrums, das 2001 Insolvenz angemeldet hatte. Katharina Hanschen hat die Schulung damals mitgemacht: „Ich habe gemerkt, dass das Gelernte zwar wichtig war, aber nicht praxisrelevant.“ Als das Projekt eingestellt wurde, hat sie für die Weiterführung finanzielle Unterstützung beim Europäischen Sozialfonds beantragt. Der hat 221.000 Euro zugesichert, und „Frau und Arbeit“ hat das Projekt übernommen.

„Wenn Frauen in meine Beratung kommen, schicke ich sie mit Hausaufgaben nach Hause“, erzählt Christiane Kypke, Projektmanagerin von Cybille. Sie versuche, Frauen dabei zu helfen, selbst Lösungen zu finden. „Die meisten müssen erst einmal schlucken, wenn sie erfahren, dass es keine fertigen Entscheidungen hier gibt.“ Erst einmal wird über das Problem geredet, dann gibt Kypke Tipps für die Entscheidungfindung. Geht es zum Beispiel um Telekommunikation, erklärt sie, wo man sich Angebote einholen kann und wie man mit diesen umgeht. „In zwei Wochen kommen die Frauen wieder, und wir sprechen über die getroffene Entscheidung.“

Das Projekt richtet sich an Angestellte, Freiberuflerinnen und Selbständige, an Frauen, die in der Position sind, Entscheidungen über Informationstechnologie zu treffen. „Eigentlich brauchen auch Männer solche Seminare. Aber sie geben ja ungern zu, dass sie etwas nicht können“, erzählt Kypke. Frauen seien nach einer falschen Entscheidung unsicher, während Männer einfach weiter machten. „Außerdem sind Männer viel selbstverständlicher in führenden Positionen. Frauen müssen lernen, Entscheidungen zu treffen.“

Außer Beratungen bietet Cybille sogenannte Basispakete an. Ein Jahr lang trifft sich eine Gruppe von sechs bis acht Frauen monatlich und eignet sich gemeinsam ein Grundwissen über Informationstechnologie an. Barabara Schömburg, stellvertretende Geschäftsführerin der Verbraucher-Zentrale, macht seit November 2002 mit. Sie ist in ihrem Job für den EDV-Bereich verantwortlich, und als sie das Angebot von Cybille sah, dachte sie: „Das ist es, was ich brauche.“ Es sei gut zu merken, dass auch andere Frauen Fehler machten, die teiweise finanziellen Verlust mit sich bringen, erzählt sie. Die Unvereinbarkeit von Frauen und Technik sei immer noch ein gängiges Vorurteil. „Man hat als Frau oft Angst, im Beruf dumme Fragen zu stellen. Bei Cybille kann ich alles fragen.“

Infos: www.cybille.de