: Katerstimmung in Schröderland
In Niedersachsen hadert die SPD mit sich und Berlin und grübelt über Gabriels Zukunft
HANNOVER taz ■ Niedersachsens Sozialdemokraten taten sich am Tag danach schwer mit ihrer Niederlage, bei der sie am Sonntag gegenüber der letzten Landtagswahl 14,5 Prozentpunkte eingebüßt hatten und mit dem schlechtesten SPD-Ergebnis seit Gründung des Bundeslandes bestraft worden waren.
Sigmar Gabriel wollte sich nach dem Debakel nicht gleich festlegen. Niedersachsens Noch-Ministerpräsident ließ offen, ober er aus der hannoverschen Staatskanzlei bald in das Büro des Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion umziehen will. Erst eine Sitzung des SPD-Landesvorstands sollte gestern Abend über den künftigen Chef der größten Oppositionsfraktion und Gegenspieler des designierten Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) vorentscheiden. Klar wurde indes, dass der Parteivorsitzende und Bundeskanzler über die Zukunft seines SPD-Landesverbands mitreden will. Gerhard Schröder verständigte sich schon vor dem Wahltag mit dem Vorsitzenden des SPD-Bezirks Hannover, also mit Landesumweltminister Wolfgang Jüttner. Schröder und Jüttner waren am Freitagabend in Hannover nach dem SPD-Wahlkampfabschluss, den manche Genossen auch als „vorgezogene Trauerfeier“ bezeichneten, zum Essen verabredet. Da habe Schröder das spätere Wahlergebnis ziemlich exakt vorhergesagt, erklärte Jüttner. Sigmar Gabriel verzichtete gestern nach einem Gespräch mit Schröder am Flughafen Hannover auf eine Teilnahme an der Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin.
Jüttner wollte gestern vor der Landesvorstandssitzung keine Empfehlung für eine Wahl Gabriels zum SPD-Fraktionschef abgeben. Immerhin machte er klar, dass er den 43-jährigen Gabriel für ein politisches Talent halte, das der SPD nicht verloren gehen dürfe. Zudem deutete Jüttner an, dass der künftige Fraktionschef im Mai auch zum Nachfolger der SPD-Landesvorsitzenden Edelgard Bulmahn gewählt werden könnte.
Die Ursache für die Wahlniederlage in Niedersachsen sah Jüttner in Hannover und Berlin. Zu den Verlusten hätten neben den ersten hundert Tagen der rot-grünen Bundesregierung auch Fehler in Niedersachsen beigetragen. Man könne nicht mit Aussicht auf Erfolg gegen die eigene Partei antreten, sagte Jüttner mit Blick auf die ständige Kritik Gabriels an Bundesregierung und Bundeskanzler: „Das verstehen die Niedersachsen nicht.“ JÜRGEN VOGES