: Journalistenchef dank rechter Truppe
Wahl des Berliner DJV-Landesvorsitzenden wurde durch Übertritte aus rechtsradikalem Umfeld gesichert. Kritiker warnen vor übereilten Austritten
VON STEFFEN GRIMBERG
Der Berliner Journalistenverbandsvorsitzende Alexander Kulpok hat seine umstrittene Wiederwahl durch gezieltes Abwerben von DJV-Mitgliedern aus dem Umfeld des ehemaligen Spitzenkandidaten des rechtsradikalen Bundes Freier Bürger, Thorsten Witt, erreicht. Wie der brandenburgische DJV-Landesvorsitzende Bernd Martin der taz bestätigte, habe Kulpok am 15. Mai bei den Wahlen in Brandenburg diverse Mitglieder zum Übertritt in den Berliner Verband bewegt. „Die sind mit fliegenden Fahnen übergewechselt“, so Martin. Damit gerät der mit 200 zu 173 Stimmen am Samstag gewählte Kulpok weiter in die Defensive.
Das Gros der Wechselwütigen stammt aus dem Verband Junger Journalisten Berlin-Brandenburg (VJJ) und war erst im April unter Leitung von Witt in den Brandenburger Landesverband eingetreten, sagte Martin. Dort wurde am 15. Mai ein neuer Vorstand gewählt, Witt ist seitdem stellvertretender Landesvorsitzender. Am Wochenende hatte der Bundesvorsitzende des DJV, Michael Konken, Witt aufgefordert, sein Amt niederzulegen: „Im Deutschen Journalisten-Verband ist kein Platz für Rechtsextremisten“, so Konken unter Bezug auf Vorwürfe, Witt halte auch nach einer gemeinsamen Demonstration mit dem heutigen NPD-Anwalt Horst Mahler im Jahr 1999 immer noch Kontakte zur rechtsextremistischen Szene aufrecht.
Witt selbst lässt sein Amt derzeit ruhen und hat Konken nach Auskunft von Landeschef Martin wegen dieser Äußerungen mittlerweile verklagt. Ihm selbst sei die politische Vergangenheit Witts „nicht bekannt“ gewesen, so Martin. Die „Hatz“ auf Witt erinnere ihn aber an DDR-Zeiten: „Man muss beide Seiten hören.“
Alexander Kulpok wies gestern alle Vorwürfe, der DJV Berlin werde von rechts unterwandert, zurück: „Das DJV-Mitglied Torsten Witt ist, wenn überhaupt, ein Brandenburger Problem. Er gehört dem DJV Brandenburg seit Jahren an. Daraus eine ‚rechtsradikale Unterwanderung‘ des DJV Berlin herzuleiten, ist freie Erfindung. Aus guten Gründen betreibt der DJV bei seinen Mitgliedern keine Gesinnungsschnüffelei“, heißt es in einer Erklärung von Kulpok auf der Verbandshomepage (www.djv-berlin.de).
Mindestens vier der am Samstag gewählten Vorstände gehören zu den Brandenburger Übertretern. Witt selbst war bei der Berliner Wahl zunächst anwesend, wurde dann aber des Saals verwiesen und hielt sich danach im Foyer des Versammlungsortes auf.
Kulpoks unterlegener Gegenkandidat, der RBB-Journalist Gerhard Kothy, forderte gestern dazu auf, nicht aus Protest gegen die Berliner Zustände aus dem Verband auszutreten: „Wer aus Wut und Empörung über die Umstände der Wahl […] unseren Verband verlässt, stärkt jene dubiose Gruppierung, die nach dem Brandenburger nun auch den Berliner Verband übernehmen möchte.“ Das Netzwerk der Kritiker (www.berliner-journalisten.de) bereitet eine Wahlanfechtung vor. DJV-Bundeschef Konken sagte der taz, man werde Kulpok schriftlich auffordern, „die Wahl und das Verfahren durch den DJV Bundesverband oder einen unabhängigen Juristen überprüfen zu lassen“.