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Kita-Kinder im Vorteil

Hamburger IGLU-Schulforscher Wilfried Bos warnt vor Bildungskatastrophe.Vor allem Migrantenkinder müssten von klein auf besser gefördert werden

Der Hamburger Schulforscher Wilfried Bos hat vor einer „Bildungskatastrophe riesigen Ausmaßes“ gewarnt. Migrantenkinder würden in kaum einem anderen Land so schlecht gefördert wie in Deutschland. Dabei komme es entscheidend auf die vorschulische Förderung an.

Bos sprach auf der Fachtagung „Die Zukunft lernt in Kitas“ der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die derzeit mit der Sozialbehörde um die künftigen Kita-Standards ringt. Der Schulforscher hatte 2003 die internationale Lesestudie IGLU bei Grundschulkindern geleitet, Diese hatte ergeben, dass in Deutschland 18 Prozent der Kinder nach vier Schuljahren nur die zweite von vier Kompetenzstufen erreichen. Diese Gruppe werde es in einer Stadt wie Hamburg nie schaffen, einen Beruf zu erlernen und eine Familie zu ernähren. „Wenn wir nicht handeln“, warnt deshalb Bos, „sind die Folgekosten immens.“

IGLU erforscht auch, unter welchen Voraussetzungen Kinder in die Schule kommen. Ergebnis: Kinder, die länger als ein Jahr in vorschulischen Einrichtungen wie Kindertagesstätten waren, haben auch noch nach vier Schuljahren gegenüber ihren Klassenkameraden einen halbjährigen Vorsprung. Dieser Unterschied ist zu Kindern aus bildungsfernen Schichten besonders groß. Kinder aus Kindertagesstätten haben durch das anregungsreiche Lernmilieu dauerhafte Vorteile. „Das Gros der Kinder muss in vorschulische Einrichtungen“, sagte Bos. Dies gelte besonders für Migrantenkinder. Von ihnen sind nach den Erkenntnissen der IGLU-Studie sogar 55 Prozent mehr als ein Schuljahr zurück.

Die Kitas „müssen umdenken und fortbilden, damit diese Kinder noch mehr Unterstützung bekommen“, forderte Bos. Dabei ginge es nicht um Drill, sondern um das Vorbereiten auf Lernen und Schreiben auf spielerische Weise. KAIJA KUTTER

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