Die EU zum Krieg in der Ukraine: Erhöhter Druck vor dem Gipfel
Die EU weitet ihre Sanktionen wegen des Ukrainekrieges aus – zum Beispiel auf einen Ex-Sheriff aus Florida und einen Bestsellerautor aus der Schweiz.
Die EU weitet ihre Sanktionen wegen des Ukrainekriegs nochmals aus und nimmt internationale Ölhändler, einen früheren US-Sheriff und sogar einen Bestsellerautor aus der Schweiz ins Visier. Dies geht aus einer offiziellen Liste hervor, die am Rande eines Treffens der EU-Außenminister am Montag in Brüssel veröffentlicht wurde.
Die neuen Sanktionen sollen kurz vor dem EU-Gipfel am Donnerstag den Druck auf Russland erhöhen, in Friedensverhandlungen mit der Ukraine einzusteigen, sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Zugleich räumte Kallas ein, dass die EU mit ihren Plänen, das russische Vermögen in Belgien für die Ukraine zu nutzen, auf Gegenwehr stoße.
Neben Belgien haben auch Italien, Bulgarien und Malta gefordert, „alternative Optionen“ zu prüfen. Zudem hat Tschechien erklärt, dass es Kyjiw nicht mehr finanziell unterstützen wolle. Rechnet man die „Neinsager“ Ungarn und die Slowakei hinzu, so wenden sich bereits sieben Staaten gegen die Pläne für ein „Reparations-Darlehen“.
Die Verhandlungen, bei denen es um das russische Vermögen in der EU von rund 200 Milliarden Euro geht, werden „zunehmend schwieriger“, räumte Kallas ein. „Wir sind noch nicht so weit und es wird zunehmend schwieriger, aber wir arbeiten weiter und haben noch ein paar Tage“, sagte die Chefdiplomatin mit Blick auf den EU-Gipfel.
Europäer weiten Sanktionen aus
Problemlos verlief dagegen die Annahme neuer EU-Sanktionen. Obwohl sie Russland treffen sollen, weiten die Europäer ihre Ziele immer mehr aus. So findet sich nun der ehemalige Oberst der Schweizer Armee, Jacques Baud, auf der Strafliste. Er hat mehrere Bestseller zu Russland, zur Ukraine und zum Gazakrieg veröffentlicht.
Die offizielle Begründung lautet, Baud habe als „Sprachrohr für prorussische Propaganda“ fungiert und Verschwörungstheorien verbreitet. Er nutze Techniken der „Informations-Manipulation“ und „Einmischung“ und gefährde damit einen Drittstaat: die Ukraine. Einen ähnlichen Vorwurf erhebt die EU gegen den Franzosen Xavier Moreau.
Belege fehlen – wie bei den meisten Sanktionen gegen Einzelpersonen. Es ist auch unklar, wie ein Schweizer und ein Franzose auf die europäische Liste kommen konnten. Dort findet sich nun sogar ein US-Amerikaner: Der 2016 nach Russland geflohene John Dougan, früher Vize-Sheriff in Florida, soll Desinformation im Netz betrieben haben.
Der Vorwurf wiegt schwer – und er könnte die US-Administration auf den Plan rufen. Präsident Donald Trump und sein Vize J. D. Vance werfen der EU seit Langem vor, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Dieser Vorwurf steht sogar in der neuen US-Sicherheitsstrategie. Die EU hat ihn zurückgewiesen, heizt die Debatte nun aber selbst an.
Schlecht abgestimmt wirkt auch die europäische Belarus-Politik: Kurz nachdem die USA ihre Sanktionen gegen das Regime in Minsk gelockert und mehr als 100 Oppositionelle aus dem Gefängnis geholt haben, kündigte die EU neue Strafmaßnahmen gegen Belarus an. Begründung: wiederholte Störungen des Flugverkehrs in Litauen durch Ballons.
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