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Illustration zeigt zwei Männer, die sich anschauen.
Foto: Manuel Fazzini

CDU in Ost und West Vom Stadtbild zum Streitbild

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Wie sieht ein zeitgemäßer Konservatismus aus? Nora Zabel und Ruprecht Polenz sprechen über die CDU zwischen Haltung und Spaltung.

Was heißt es heute, konservativ zu denken? Um diese Frage zu klären, hat sich Dennis Chiponda zwei Gäste eingeladen. Nora Zabel ist 29 Jahre alt, ostdeutsch und engagiert sich in der Kommunalpolitik der CDU. Sie ist ehemalige Podcasthost (Womensplaining), Autorin für Die Zeit und Cicero sowie Buchautorin.

Ruprecht Polenz ist 1946 im sächsischen Großpostwitz geboren, seine Familie verließ jedoch in seiner Kindheit die DDR. Er war langjähriger Bundestagsabgeordneter, war im Bundestag Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses und Generalsekretär der CDU. Mit Compass Mitte hat er nun innerhalb der CDU eine Plattform mitbegründet, die einen Kurswechsel der Partei fordert: eine stärkere Ausrichtung auf das Soziale und eine klare Abgrenzung zur AfD.

Was bedeutet der Konservatismus für die beiden CDU-Politiker*innen? Polenz beschreibt die CDU als Partei mit drei Strömungen: einer liberalen, einer christlich-sozialen und einer konservativen. Während die konservative Strömung in erster Linie das Bewahren betone, gebe das Christlich-Soziale – also das C im Parteinamen – den Maßstab dafür, was bewahrt werden solle. Dabei spiele Gerechtigkeit im christlichen Sinne, als Hilfe zur Selbsthilfe, eine wichtige Rolle.

Deshalb sehe er sich in erster Linie als Christdemokrat. „In eine KDU wäre ich nicht eingetreten.“, sagt er. In den letzten Jahren habe sich die CDU jedoch zunehmend auf das Konservative reduziert. Und erreiche deswegen keine Mehrheiten mehr.

Historische Verwantwortung

Zabel berichtet, sie habe sich erst nach Angela Merkels Amtszeit intensiver mit dem Konservatismus auseinandergesetzt, als innerparteiliche Flügelkämpfe sichtbar wurden. Sie sei als Jugendliche zur Jungen Union gekommen, weil in ihrem Heimatort nur die SPD und die CDU vertreten gewesen seien. Alle ihre Freunde seien bei der Jungen Union gewesen, als ostdeutsche Frau habe sie sich dort wohler gefühlt. Doch mit dem Erstarken des konservativen Flügels, habe sie gemerkt: So wie dort über Menschen gesprochen wird, will sie nicht sprechen.

Deshalb bin ich zum Beispiel davon überzeugt, dass in der jetzigen Konstellation die Zusammenarbeit zwischen Union und Grünen das ideale Bündnis ist.

Ruprecht Polenz

Polenz hält einen bestimmten Konservatismus jedoch für essenziell für die Demokratie. Während progressive Parteien neue Ideen für die Gesellschaft entwickeln, prüfe der Konservatismus, was davon wirklich tragfähig ist. „Deshalb bin ich zum Beispiel davon überzeugt, dass in der jetzigen Konstellation die Zusammenarbeit zwischen Union und Grünen das ideale Bündnis ist.“, meint Polenz. Die einen sprudelten vor Ideen, die anderen wüssten, was sich bewährt.

Polenz und Zabel sind sich einig: Mit Blick in die Geschichte trägt die CDU eine besondere Verantwortung für die Demokratie., „Weil wir damals eben die Machtbeschaffer für Hitler waren.“, sagt Zabel.

Umgang mit der AfD

Umso kritischer sieht Polenz den derzeitigen Kurs der CDU, die zunehmend Vokabular und Themen der AfD übernehme. Wenn man in andere Länder blicke, wo diese Strategie schon lange probiert werde, sehe man: Dort „gibt es die Konservativen nicht mehr.“ Stattdessen werde deutlich, dass diejenigen die Wahl gewinnen, deren Themen diskutiert werden. Wenn die CDU also vor allem auf die Migration setze, profitiere letztlich die AfD.

Zabel fordert stattdessen, dass die CDU viel häufiger mit Menschen direkt ins Gespräch geht, gerade dort, wo die AfD hohe Wahlergebnisse erzielt. Statt die AfD-Narrative zu übernehmen, solle sie Plattformen für demokratische Debatten bieten. Aber das sei eben auch harte Arbeit.

Meine Erwartung an meine Partei ist einfach, […] dass wir das Land einen und nicht spalten.

Nora Zabel

Polenz plädiert dafür, die Abgrenzung zur AfD auch auf kommunaler Ebene konsequent einzuhalten. Dort gebe es immer mehr Beispiele, wo CDU und AfD zusammenarbeiten, obwohl auf Bundesebene die Brandmauer beschlossen sei. Er erinnert daran, welche Ziele die AfD verfolgt: Sie wolle als normale Partei angesehen werden und sie wolle die CDU vernichten. „Und da frage ich mich, wie kann ich denn in einem Landkreis mit einer Partei zusammenarbeiten, die eigentlich meine Partei vernichten will?“ Jede gemeinsame Abstimmung normalisiere die AfD und vertiefe die Spaltung unter den demokratischen Parteien

Für Zabel ist deshalb entscheidend: „Meine Erwartung an meine Partei ist einfach […], dass wir das Land einen und nicht spalten. Und sei es einfach durch subtile Äußerungen, dass man versucht, alle Menschen mitzumeinen, niemanden auszuschließen und gerade in Wahlkämpfen nicht auf Kosten von Minderheiten versucht, Stimmen zu sammeln. Und dass man populistischen Parteien widerstehen kann und denen nicht nach dem Mund redet.“

„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der taz Panter Stiftung. Er erscheint jede Woche Sonntag auf taz.de/mauerecho sowie überall, wo es Podcasts gibt. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm.

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