Klimawandel in Irak und Algerien: Forschen für Klimagerechtigkeit
Die Geologin Manar Majid und die Medientechnologin Ahlam Boumezrag setzen sich mit unterschiedlichen Werkzeugen für das Klima ein.
Eine Ode an die Geologin Manar Majid
In einer Stadt, die in der Stille des Wassers erwacht und unter der Last der Dürre zusammenbricht, wurde Manar Majid geboren: Dhi Qar, im Süden Iraks. Bereits als Kind las sie in den Rissen der ausgetrockneten Böden ihrer Heimat den Schmerz der Erde, sie spürte, etwas stimmte nicht. Noch ahnte sie nicht, dass es der Klimawandel war, der die Sümpfe austrocknen ließ, dass die Sommer immer heißer und die Gesichter der Bäuerinnen immer besorgter wurden. Sie wollte wissen, warum die Sümpfe austrockneten, warum Familien aus ihren Dörfern wegzogen und warum Frauen die schwerste Last zu tragen hatten, wenn der Regen ausblieb, und als sie erwachsen wurde, beschloss Manar Majid: Ich studiere Geografie.
25 Journalistinnen aus 16 arabischsprachigen Ländern haben sich im Projekt Green Panter der taz Panter Stiftung aufgemacht, neue Geschichten über das Klima zu schreiben. Die ägyptische Fotografin Gilan Hefny hat für diese Beilage in Alexandria die Folgen der Klimakrise dokumentiert. Eine Podcastfolge dazu gibt es im Format Freie Rede. Alle Texte, die im Rahmen dieses Projektes erschienen sind, erscheinen nach und nach hier.
Ihre Forschung ist keine akademische Arbeit, sondern ein Dokument des Lebens, das sich mit der Umwelt, mit informellen Wohnverhältnissen und dem Schmerz der Menschen befasst. Sie besuchte Dorf um Dorf, setzte sich zu den Frauen, sprach mit ihnen über das Klima. Ihre Botschaft: „Wissen ist euer Recht! Veränderung ist möglich.“ In den Sümpfen, wo Wasser zu einem Traum geworden war, fuhr Manar mit Booten umher, traf Frauen, die ihre Lebensgrundlage verloren hatten. Sie sammelte keine Daten, sondern dokumentierte das Leben.
Schon bald war sie in den Sümpfen bekannt. Sie nannten sie so: Die Klimafrau. Das Ziel ihrer Arbeit ist es, gemeinsam mit den Frauen der Sümpfe dafür zu sorgen, dass endlich jeder versteht, dass mit den Sümpfen nicht nur eine Landschaft verschwindet, sondern dass es um die Zukunft von Menschen, Tieren, ja der gesamten Erde geht. „Erst wenn mit mir jede Frau glaubt, dass ihre Stimme etwas verändern kann, so wie Regen das Gesicht der Erde verändert, habe ich mein Ziel erreicht.“
Asma Al-Shaalan, Journalistin aus Dhi Qar in Irak
Wie eine junge Wissenschaftlerin mit künstlicher Intelligenz unsere Beziehung zur Erde neu programmiert
Als im Jahr 2022 eine Weizenkrankheit mehr als 22 Prozent der Ernte Algeriens zerstörte, fragte sich Ahlam Boumezrag: „Wie kann das sein? Warum gibt es keine Frühwarnsysteme?“ Aber vor allem: „Wie lässt sich dies in Zukunft verhindern?“
Drei Jahre später hat die heute 24-jährige Absolventin der Nationalen Hochschule für Kommunikation und Medientechnologie eine Antwort auf all ihre Fragen. Sie lautet: Farm AI! Eine von ihr entwickelte App, die Pflanzenkrankheiten bereits im Frühstadium über das Smartphone diagnostiziert. Mithilfe von KI, Bildverarbeitung und Datenanalyse erkennt die App Pilzkrankheiten und liefert präzise Behandlungsvorschläge.
Für Ahlam geht es dabei um mehr als nur um Algorithmen. Mit Workshops für Frauen und Mädchen in ländlichen Gebieten fördert sie gezielt junge Frauen in Bereichen wie KI und Landwirtschaft. Die Technologie wird so zum Werkzeug für sozialen und ökologischen Wandel. Denn die App, mit der Ahlam Boumezrag 2023 beim internationalen Tech4Good-Wettbewerb den zweiten Platz belegte, schützt nicht nur die Ernten, sondern reduziert auch den Einsatz schädlicher Pestizide. „Wir entwickeln keine App“, sagt sie, „wir programmieren unsere Beziehung zur Erde ganz neu.“
Aicha Ouid Habib, Journalistin aus Algerien
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