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Wahlen in IrlandLinke Einigkeit für Catherine Connolly

Die parteilose Sozialistin gewinnt die Präsidentschaftswahl. Die Regierung kann scharfe Töne erwarten, ob in der Wohnungspolitik oder beim Krieg in Gaza.

Wahlen in Irland: Catherine Connolly wird künftig als Präsidentin die Regierung in Dublin mit scharfen Tönen quälen Foto: Peter Morrison/reuters
Ralf Sotscheck

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Ralf Sotscheck aus Dublin

Irland hat wieder eine Präsidentin. Die parteilose Kandidatin Catherine Connolly gewann bei der Wahl am Freitag mit deutlichem Vorsprung vor Heather Humphreys, die von der rechtskonservativen Regierungspartei Fine Gael nominiert und von deren Koalitionspartner Fianna Fáil unterstützt worden war.

Deren eigener Kandidat Jim Gavin war aus dem Rennen ausgeschieden, nachdem ihm finanzielle Unregelmäßigkeiten nachgewiesen worden waren. Da die Stimmzettel aber schon gedruckt waren, stand er noch auf den Wahlzetteln und erhielt 7,2 Prozent der Stimmen von enttäuschten Fianna-Fáil-Anhängern.

Connolly kam auf 63,4 Prozent, Humphreys auf 29,5 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei lediglich 45,8 Prozent. Und es gab beispiellose 13 Prozent ungültige Stimmen, in einigen Wahlkreisen war es sogar die Hälfte – aus Protest gegen die zu geringe Auswahl an Kandidaten und Kandidatinnen. Die erzkatholische Maria Steen hatte es zum Beispiel nicht auf die Kandidatinnenliste geschafft, weil sie die erforderliche Unterstützung von mindestens 20 Abgeordneten oder vier Bezirksverwaltungen verfehlt hatte.

Connolly wurde von einem breiten linken Bündnis aus Sinn Féin, Labour, der Grünen Partei, den Sozialdemokraten, People Before Profit sowie mehreren unabhängigen Abgeordneten und Senatoren unterstützt. Auch die Rapper von Kneecap hatten ihre Fans aufgefordert, Connolly zu wählen, „weil wir es nicht können“. Nordiren sind bei Präsidentschaftswahlen nicht wahlberechtigt. Solche Einigkeit von der harten bis zur gemäßigten Linken ist in der irischen Politik eine Seltenheit.

Sollte das fragile Bündnis nicht zerbrechen, müssen sich Fine Gael und Fianna Fáil – die Irland seit der Staatsgründung vor gut hundert Jahren dominiert haben – ernsthaft Sorgen machen, dass die Wählerschaft künftig eine linksgeführte Regierung in Betracht ziehen könnte.

Connolly ist das 10. Staatsoberhaupt seit Verabschiedung der Verfassung 1937, sie ist nach Mary Robinson, deren sensationelle Wahl 1990 große soziale Veränderungen im Land einläutete, und ihrer Nachfolgerin Mary McAleese die dritte Frau im Amt. Die 68-Jährige stammt aus einer großen Familie im westirischen Galway und hat sieben Brüder und sechs Schwestern. Sie war erst neun Jahre alt, als ihre Mutter starb.

Connolly machte 1981 einen Master-Abschluss in klinischer Psychologie an der Universität von Leeds. 1989 schloss sie ein Jurastudium an der Universität von Galway ab und wurde 1991 als Anwältin zugelassen. Sie hat sowohl in der Pflege als auch in der Anwaltschaft gearbeitet – zunächst als klinische Psychologin, und später als Anwältin.

Scharfe Töne von Connolly zu erwarten

Ihre politische Laufbahn begann 1999, als sie in den Stadtrat von Galway gewählt wurde. Fünf Jahre später wurde sie Bürgermeisterin von Galway. 2016 wurde Connolly als unabhängige Abgeordnete ins Parlament gewählt. Connolly ist seit 1992 mit Brian McEnery verheiratet, mit dem sie zwei Kinder hat. Sie spricht im Gegensatz zu ihrer Konkurrentin Humphreys fließend Irisch, was laut Umfragen zu ihrem deutlichen Sieg beigetragen hat. Ein Video ihrer anderen Fähigkeit hat auf den sozialen Medien Eindruck gemacht: Connolly schaffte es beim Balljonglieren, einen Fußball hundert Mal zu kicken, bevor er den Boden berührte.

Die Dubliner Regierung muss sich auf einiges gefasst machen. Hatte Connollys Vorgänger Michael D. Higgins in den 14 Jahren seiner Amtszeit die Regierungspolitiker mit kritischen Äußerungen bisweilen gequält, so darf man von der Sozialistin Connolly noch schärfere Töne erwarten. Sie hat sich noch nie zurückgehalten, wenn es darum ging, ihre Meinung zu äußern, sei es zur irischen Neutralität, zu den Rechten der Frauen oder zum Krieg in Gaza.

Zur irischen Neutralität sagte sie, diese sei „durch den kriegstreibenden militärisch-industriellen Komplex“ in Europa bedroht. „Mir scheint, dass es einige Parallelen zu den 30er Jahren gibt“, sagte sie. Vorigen Monat äußerte sie sich im Parlament zum Krieg in Gaza und beschuldigte Israel, ein „völkermordender Staat“ zu sein.

Die Wohnungsnot und die mehr als 16.000 Obdachlosen lastet sie der Regierung an: „Jede Politik einer jeden Regierung hat die Krise verschärft, weil man es versäumt hat, anzuerkennen, dass Wohnen ein Menschenrecht ist. Man hat es wie einen Vermögenswert behandelt und es dem Markt überlassen, es zu regeln.“

Der einzige Trost für die Regierung ist Connollys Ankündigung, dass sie lediglich eine Amtszeit als Präsidentin absolvieren und nach sieben Jahren abtreten werde.

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