Trumps neuer Ballsaal: Weiß, Gold, Bling
Donald Trump lässt den Ostflügel des Weißen Hauses abreißen. Sein geplanter Ballsaal beunruhigt – ästhetisch und demokratietheoretisch.
Der Anblick von Baggern, die den Ostflügel des Weißen Hauses demolieren, sorgte bei Beobachter:innen Mitte der Woche für Entsetzen. Die von US-Präsident Donald Trump persönlich in Auftrag gegebenen Abrissarbeiten an dem 1942 errichteten Gebäudeteil geschahen buchstäblich über Nacht und offenbar ohne Absprachen. Denkmalschützer und Bürgerrechtsorganisationen protestierten und forderten einen Baustopp – vergebens.
Im Bulldozer-Stil kündigte Trump stattdessen auf seinem eigenen Social-Media-Kanal an, er freue sich über den Spatenstich für einen rund 8.000 Quadratmeter großen Ballsaal, der Platz für etwa 1.000 Gäste biete. Auf der Website des Weißes Hauses ist von einem „exquisiten“ State Ballroom im klassizistischen Stil zu lesen, für das der Präsident das Washingtoner Architekturbüro McCrery beauftragt habe. Der Presse wurde das fertige Projekt präsentiert, auf kritische Nachfragen hinsichtlich des Verfahrens antwortete Trumps Sprecherin Karoline Leavitt laut einem Bericht der „FAZ“: „Vertrauen Sie einfach dem Prozess.“
Verlautbarungen statt demokratischer Entscheidungsfindung, Ankündigung statt Ausschreibung – wieder mal inszeniert sich Trump als selbstherrlicher Macher: Die Räume im Weißen Haus sind zu klein für repräsentative Empfänge? Ich baue mir einen Ballsaal!
Die Kosten für einen solchen Umbau sind exorbitant (rund 300 Millionen US-Dollar), die Staatskasse jedoch leer. Aber man hat ja potente Freunde: Als Dank für die privaten Spender ließ Trump im verbliebenen Weißen Haus ein Abendessen ausrichten, die größtenteils für die Baukosten aufkommen sollen. Eventuell fehlende Mittel will der Präsident aus Privatmitteln bezahlen.
Zum Dinner sollen die üblichen Verdächtigen aus der US-Techbranche da gewesen sein, Trumps Kumpel von Amazon, Meta, Google, Microsoft und Palantir, aber auch Apple, sowie der Rüstungskonzern Lockheed Martin: Alles, wie Trump unterstrich, „großzügige Patrioten, großartige amerikanische Unternehmen“.
Verdacht auf Diktatorenpalast
Das ganze Vorhaben weckt ungute Assoziationen, vor allem auf symbolischer Ebene: Nimmt Trump das mit der Disruption jetzt wörtlich? Reißt der Populist mit Hang zum Autokratischen das architektonische Wahrzeichen und Symbol der Demokratie der Vereinigten Staaten ab, um sich einen Diktatorenpalast zu bauen?
Der britische „Guardian“ schrieb von „Dictator-for-Life-Vibes“ und bildete lustvoll eine Simulation des Architekturbüros ab, die sämtlichen Erwartungen gerecht wurde: Ein riesiger, schneeweiße Saal mit Bogenfenstern, vergoldeten dorischen Säulen, reich ornamentierter Decke und Goldkronleuchtern, changiert optisch irgendwo zwischen Sonnenkönigprunk, Disneykitsch und Putinscher Einschüchterungsarchitektur.
Nur statt des monumentalen Riesentisches, an dem der Kremlchef Besucher visuell verhungern lässt, sind auf der Visualisierung der Trump-Architekten viele runde Tische mit Holzstühlen und weißen Hussen zu sehen; trotzdem atmet dieser Raum mit der großen US-Flagge im Zentrum etwas Imperiales und Vulgäres. Trump-Style eben.
Ein nationales Denkmal
Konnten Trumps vorangehende Umbaumaßnahmen am „House of the People“ noch als bloße persönliche Vorlieben interpretiert werden – er erließ per Dekret, dass öffentliche Bauten klassizistisch auszusehen haben, ließ das Oval Office mit Goldornamenten verzieren, den Rasen im Rosengarten zupflastern und das Porträt seines Amtsvorgängers Biden durch einen Autogrammautomaten ersetzen – so lässt der neue Ballroom wenig Zweifel: Donald Trump, der unlängst beim Friedensnobelpreis leer ausgegangen ist, will sich hier ein nationales Denkmal setzen. Und zwar eins, das nur unter erneuter Zuhilfenahme eines Baggers wieder aus der Welt zu schaffen sein wird. Ein Statement, das sowohl ästhetisch als auch demokratietheoretisch beunruhigen muss.
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