Brasiliens linker Staatschef: Der Tintenfisch
Brasiliens Präsident Lula da Silva streckt seine Arme in alle Richtungen aus. Ideale Voraussetzung für den Gastgeber der Weltklimakonferenz, oder?
D ie Klimaanlage brummt im Medienraum, es hat 31 Grad in Belém. Journalist*innen sitzen vor ihren Computern, Anzugträger eilen gestresst vorbei. Dann erscheint auf den Bildschirmen ein kleiner bärtiger Mann, Anstecker am Jackett. „Zum ersten Mal“, sagt er, „findet eine Klimakonferenz im Herzen des Amazonas statt.“
Der Mann ist vor Kurzem 80 Jahre alt geworden und heißt Luiz Inácio da Silva, doch alle in Brasilien nennen ihren Präsidenten einfach Lula. Er hält die Eröffnungsrede beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs, einer Art Auftaktevent für die 30. Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen, die seit dem 10. November in Belém tagt.
Lula spricht mit rauer Stimme, lispelt leicht, und doch hängen alle an seinen Lippen. Dieser Mann kann reden, seine rhetorischen Fähigkeiten sind legendär. Eine Brasilianerin sagte einmal über Lula: „Immer wenn ich ihn sprechen höre, ist es, als würde er nur mit mir reden.“
Dieses Mal, vor dem internationalen Publikum in Belém, klingt Lula staatsmännischer. Keine Witze, keine Improvisation, wie man es in Brasilien sonst von ihm kennt. Lula war schon immer ein Chamäleon. Jemand, der weiß, wie man sich einer Situation anpasst. Am Ende seiner Rede vor den Staatsspitzen zeigt sich doch noch Lulas brasilianische Seite. Er fordert Applaus für die Arbeiter*innen, die mit ihrem Einsatz diese Riesenkonferenz überhaupt erst möglich machen. Und der Applaus kommt.
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Für Brasilien soll die Weltklimakonferenz die endgültige Rückkehr auf die internationalen Bühne markieren, nach Jahren der Isolation. Und zugleich ist sie das Comeback eines Mannes, der wie kaum ein anderer das größte Land Lateinamerikas geprägt hat. Der verehrt wie verachtet wird. Der heute ganz oben ist, aber von ganz unten kommt.
Von einer Lehmhütte in Pernambucos …
Oktober 2022, Caetés. Eraldo Ferreira dos Santos schiebt einen Schlüssel in das Schloss, stemmt seinen Oberkörper gegen die Holztür. Knarrend gibt sie nach. Im Inneren ist es stockdunkel, es riecht muffig. In einer Ecke der Lehmhütte liegen mit Stroh gefüllte Matratzen, in der Küche rosten altertümliche Gerätschaften vor sich hin. Elektrisches Licht gibt es nicht. Santos, 68, ein kleiner Mann mit blauen Augen, großer Nase und Cowboyhut, klopft auf einen Balken. „Von hier kommt der wichtigste Politiker in der Geschichte Brasiliens.“
Caetés heißt die Ansammlung von Hütten. Das Dorf liegt im staubigen Hinterland des nordöstlichen Bundesstaats Pernambucos. Mit dem Auto dauert es eine halbe Stunde in die nächstgrößere Stadt. Am 27. Oktober 1945 erblickte hier als siebtes von acht Kindern einer bitterarmen Familie ein Junge namens Luiz Inácio das Licht der Welt.
Eigentlich stand Lulas Geburtshaus ein paar Meter weiter oben. Doch das Land wurde verkauft. Deshalb ließ Santos einen originalgetreuen Nachbau der Hütte errichten. Er kennt Lula gut, die beiden sind Cousins.
Die Faszination, die Lula entgegenschlägt, hat auch damit zu tun, dass seine Geschichte die Geschichte vieler Brasilianer*innen ist. Er war 7 Jahre alt, als seine Mutter ihre Habseligkeiten zusammenpackte und sich mit den Kindern auf die Ladefläche eines klapprigen Lastwagens setzte. Dreizehn Tage lang rumpelten sie über Landstraßen, bis endlich die Hochhäuser von São Paulo am Horizont auftauchten.
Wie Millionen armer Landarbeiter ließ die Familie den trockenen, hungergeplagten Nordosten hinter sich, um im industriellen Süden ein neues Leben zu beginnen. Der junge Lula musste früh lernen, Verantwortung zu übernehmen. Als Kind verkaufte er Kekse aus Maniokmehl, putzte Schuhe, arbeitete als Bote. Ein Klassenzimmer sah er nur für kurze Zeit von innen.
Von der Rechten wird Lula seit jeher dafür verspottet, dass er kein grammatikalisch „richtiges“ Portugiesisch spricht und nie studiert hat. Lula nahm es meistens mit Humor, einmal soll er gesagt haben: „Bush und ich müssen wohl die zwei ungebildetsten Präsidenten der Welt sein.“
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Mit 14 Jahren fing Lula an, als Dreher in einer Kupferfabrik zu arbeiten. Später verlor er seinen kleinen linken Finger bei einem Arbeitsunfall – heute ein ikonisches Markenzeichen. An der Werkbank formte Lula nicht nur Metallplatten, sondern auch eine außergewöhnliche Karriere. Der redegewandte junge Mann brachte es schnell zum Gewerkschaftsführer, organisierte Streiks, hielt flammende Reden vor den Werkstoren.
Bald wurden die Schergen der rechten Militärdiktatur auf ihn aufmerksam, die damals in Brasilien herrschte. Die Junta nahm Lula fest. 31 Tage verbrachte er im Gefängnis, ebenso sein Cousin. „Sie haben uns wie Tiere behandelt“, sagt Ferreira dos Santos.
Anfang der 1980er Jahre gründeten Santos, Lula und einige weitere Mitstreiter eine Partei, die Brasilien nachhaltig verändern sollte: die PT, Partido dos Trabalhadores, Arbeiterpartei. In den dunklen Jahren der rechten Militärdiktatur war sie ein Sammelbecken für oppositionelle Gewerkschaftler, progressive Katholiken und soziale Bewegungen.
Lula wurde ihr bekanntestes Gesicht. Sein Interesse an Politik, erklärte er später einmal, wurde nach einem Besuch im brasilianischen Kongress geweckt. Von den 433 Abgeordneten kamen nur 2 aus der Arbeiterklasse. Das wollte Lula ändern.
… zum Präsidenten von Brasilien …
Dreimal zog er als Spitzenkandidat für die PT in den Wahlkampf. Dreimal unterlag er. Vor der Wahl 2002 legte er das Image des ruppigen Gewerkschaftsführers ab, schlug moderate Töne an und gab zu verstehen: Mit ihm als Präsidenten werde es keinen radikalen Bruch geben.
Revolution? Sozialismus? Klassenkampf? Begriffe der Vergangenheit. Nun war es Zeit zu regieren. 2002, in seinem vierten Anlauf, vollendete sich Lulas Politmärchen. Der Metallarbeiter wurde zum Präsidenten des größten Landes Lateinamerikas gewählt.
Für die Armen sollte mit seinem Wahlsieg eine neue Zeit beginnen. Mit Einnahmen aus dem Handel mit Rohstoffen konnte die Regierung Sozialprogramme finanzieren. 30 Millionen Brasilianer*innen entkamen der Armut, der Hunger im Land konnte fast komplett beendet werden. Schwarze Vorstadtkids schrieben sich an den Universitäten ein, Hausangestellte bekamen erstmals einige Arbeitsrechte zugesprochen.
Der Mindestlohn stieg und die Arbeitslosigkeit fiel auf ein historisches Tief. Die Fortschritte machten Lula zur Lichtgestalt der Armen, gerade im von Mangel geplagten Nordosten.
Doch auch die Finanzwelt konnte zufrieden sein. Lula behielt eine konservative Steuerpolitik bei und beglich Brasiliens Auslandsschulden regelmäßig. Außerdem setzte er auf ein vom Rohstoffexport getragenes Wirtschaftswachstum. Dem charismatischen Lula gelang es, fast alle politischen und wirtschaftlichen Lager in sein Regierungsprojekt einzubinden, von der Trotzkistin bis zum Topmanager. Eine Politik, die als „Lulismo“ bekannt wurde.
Die Früchte des Booms verteilte Lula etwas gerechter, an den grundsätzlichen Strukturen rüttelte er aber nicht. Wieso auch? Schließlich lief es hervorragend, alle schienen glücklich. Im Jahr 2007 wurde Lula wiedergewählt, und auch während seiner zweiten Amtszeit setzte sich die Erfolgsstory fort. Die Wirtschaft wuchs jährlich um 5 Prozent, das Land baute die Agrarindustrie aus und kletterte auf Platz sechs der weltgrößten Volkswirtschaften.
Brasilien strotzte vor Selbstbewusstsein. Die einstige Kolonie war angekommen im Klub der Großen. Voller Anerkennung blickten viele auf das Land, einige auch mit Neid.
Das von Lula eingeleitete Wachstumsdogma kannte indes auch Verlierer. Umstrittene Großprojekte und das staatlich geförderte Agrobusiness zerstörten die Natur; immer häufiger rollten Bagger durch indigene Gebiete, in den Städten wurden ganze Armenviertel dem Erdboden gleichgemacht. Die von vielen erhoffte Landreform blieb aus. Kritik an diesem Kurs wiegelte Lulas Regierung oft arrogant ab.
Dennoch lagen Lulas Zustimmungswerte bei sagenhaften 83 Prozent, als er Ende 2010 nach zwei Amtszeiten verfassungsgemäß aus dem Amt schied. Selbst der damalige US-Präsident Barack Obama musste bei einem Treffen anerkennen: „Er ist der beliebteste Politiker der Erde.“
Auf Lula folgten seine politische Ziehtochter Dilma Rousseff und mit ihr Jahre der Mehrfachkrisen: Korruptionsskandale, Wirtschaftseinbruch, politische Intrigen, Massenproteste. Der Twitter-Kanal der Netflix-Serie „House of Cards“, die von Macht und Skandalen im Weißen Haus handelt, kommentierte damals trocken: „Está difícil competir“ – schwer, da mitzuhalten.
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Und Lula? Nach nur wenigen Jahren war der frühere Popstar der brasilianischen Politik für viele zur Hassfigur geworden. Wandbilder von Lula in Häftlingsuniform prägten das Straßenbild im ganzen Land. Die großen Medien zeichneten ihn als Mischung aus Al Capone, tropischem Stalin und dem Teufel. Seine einst so stolze Arbeiterpartei wurde zur Projektionsfläche für die Enttäuschung einer ganzen Nation.
Dilma Rousseff wurde nach einem juristisch umstrittenen Amtsenthebungsverfahren – viele Linke sprechen von einem Putsch – abgesetzt. 2017 verurteilte ein Gericht auch Lula wegen passiver Korruption und Geldwäsche. Das Urteil stützte sich auf Indizien, Beweise konnte die Staatsanwaltschaft nicht vorlegen. Trotzdem kam Lula ins Gefängnis. Der Weg war frei für den Rechtsextremen Jair Bolsonaro.
… über Jahre im Gefängnis …
Oktober 2019, Curitiba. Ein ruhiger Vorort der südbrasilianischen Millionenstadt. Große, umzäunte Häuser mit schicken Vorgärten säumen die Straße. Etwas oberhalb taucht das Gebäude der Bundespolizei auf, ein großer, gut bewachter Klotz. Dort sitzt Lula hinter Gittern. Direkt vor dem Gebäude steht ein buntes Wirrwarr aus Zelten, Holzhütten und Transparenten. Die Mahnwache unter dem Motto „Lula Livre“, Freiheit für Lula, passt nicht so ganz in das Bild des wohlsituierten Stadtteils.
Hunderte kommen immer wieder nach Curitiba, um gegen Lulas Verhaftung zu protestieren. Eine Mischung, die die Basis der Arbeiterpartei gut darstellt: stämmige Gewerkschafter, linke Intellektuelle, gepiercte Jugendliche mit Regenbogenfahnen, Landlose, denen man die harte Arbeit auf dem Acker ansieht. Jeden Morgen, Mittag und Abend schicken sie „ihrem Präsidenten“ lautstarke Grüße.
„Ich verdanke Lula alles“, sagt Marciele, 20, blonder Afro, Zahnspange, die nur ihren Vornamen nennen will. Mit ihrer Familie wuchs sie am Stadtrand auf, in einer dieser Gegenden, wo nur die wenigsten Straßen asphaltiert sind und kaum jemand eine Postadresse hat. Ihre Familie erhielt das Familienstipendium Bolsa Família, mit dem Millionen Brasilianer*innen aus der extremen Armut aufstiegen. „Durch Lula wurde aus unserem Viertel eine Stadt.“
Eigentlich wollte Marciele anfangen, zu studieren. Dann wurde Lula verhaftet und sie entschied sich anders. Für Marciele heißt es seitdem: Mahnwache statt Hörsaal.
Die Protestierenden von Curitiba vergleichen Lula wahlweise mit Jesus, Nelson Mandela oder Superman. Aus europäischer Perspektive mag solch ein Personenkult befremdlich wirken, doch in Brasilien ist die Politik schon immer extrem personalisiert. Parteien sind eher unbedeutend, Charisma ist wichtiger als ein stringentes Wahlprogramm.
Im November 2019 kam Lula aus der Haft frei, im März 2021 wurden alle Urteile gegen ihn annulliert. Und er trat erneut als Präsidentschaftskandidat an. Wieder zog er durchs Land, küsste Kinderköpfe, ließ sich auf Marktplätzen feiern. Er gab sich als großer Versöhner, der das tief gespaltene Land wieder zusammenführen wollte.
Viele neue Ideen präsentierte Lula aber nicht, appellierte eher an die Erinnerung, an die „saudade“ – die Sehnsucht nach den goldenen Jahren, die viele Brasilianer*innen noch immer spürten. Und nach Jahren des Zerstörungskurses, des Corona-Dramas, der internationalen Isolierung zählte für viele nur eines: Hauptsache nicht Bolsonaro.
Lula, das bedeutet auf Brasilianisch Tintenfisch, und Lula tat, was er schon immer am besten konnte: seine Arme in alle Richtungen ausstrecken. Am frühen Morgen über ein besetztes Gebiet der Landlosenbewegung MST marschieren und am Nachmittag in einer gläsernen Bankfiliale Kaffee trinken? Kein Widerspruch für Lula. Er schmiedete ein breites Bündnis, auch mit Konservativen, und gewann im Oktober 2022 knapp die Stichwahl gegen Jair Bolsonaro.
Gleich zu Beginn seiner dritten Amtszeit musste Lula einen rechten Putschversuch abwehren, ein Mordanschlag auf ihn konnte verhindert werden. Doch seither ist eingetreten, was in Brasilien lange undenkbar schien: eine gewisse Form von Normalität. Die Menschen diskutieren wieder über ihre geliebten Telenovelas oder über Fußball, nicht mehr über tägliche Schreckensmeldungen.
Wirklich beliebt ist Lula dennoch nicht mehr. Viele Brasilianer*innen sind unzufrieden, auch in linken Kreisen macht sich Enttäuschung breit. Ein Grund dafür ist die parlamentarische Dominanz der Rechten, die Regierungsprojekte häufig blockiert oder verwässert. Feministinnen kritisieren, dass Lula sich nicht an die Liberalisierung der rigiden Abtreibungsgesetze heranwagt. Landlose bemängeln, dass es kaum Fortschritte bei der Agrarreform gibt. Für viele Rechte ist Lula ohnehin die Reinkarnation des Bösen, ein Symbol für Korruption.
Zuletzt ist die Zustimmung zu Lula wieder leicht gestiegen, weil er im jüngsten Zollstreit mit den USA klar Position bezog. Brasilien sei „keine Bananenrepublik“, sagte er. Im Westen sorgte er zuvor mit seinen Positionen zu den Kriegen in der Ukraine und im Gazastreifen für Unmut. Sie zeugen von einem wieder wachsenden Selbstbewusstsein gegenüber dem Globalen Norden.
Süd-Süd-Kooperationen zeichneten schon Lulas erste Amtszeiten aus. Dabei ist Lula keiner, der international pöbelt. Eher einer, der umgarnt. Guilherme Casarões, ein Experte für Internationale Beziehungen, beschreibt Lulas Außenpolitik als geprägt von einer „pragmatischen Äquidistanz“. In der sich zuspitzenden Rivalität zwischen den USA und China, ist von Lula keine klare Positionierung zu erwarten. Lula pflegt traditionell gute Beziehungen nach Peking, während seiner Amtszeit wurde China zum wichtigsten Handelspartner Brasiliens.
Trotz aller antiimperialistischen Töne will es sich Lula jedoch nicht mit den USA verscherzen, nicht mal unter Donald Trump.
Wie verführerisch Lulas Charme wirken kann, zeigte sich vor einigen Wochen, als er Trump auf dem Flur der Vereinten Nationen in New York traf. Trump, der kurz zuvor noch Zölle gegen Brasilien verhängt hatte, schwärmte anschließend von Lula und nannte ihn einen „very nice man“. Ein paar Tage später trafen sich die beiden in Malaysia. Da war er wieder, der Lula-Zauber.
… bis zum Gastgeber der Weltklimakonferenz
November 2025, Belém. André Castro Santos, 37 Jahre alt, Glatze, schicker Anzug, sitzt im Medienraum der Weltklimakonferenz und sagt: „Für Lula war Umweltpolitik nie eine seiner Prioritäten.“ Santos hat schon einige Sitzungen hinter sich, er ist technischer Direktor von Laclima, einer lateinamerikanischen Initiative von Jurist*innen, die sich für Klimagerechtigkeit einsetzen.
Lulas Ursprung liege im Gewerkschaftsmilieu, sagt Santos. Als ehemaliger Arbeiter in der Automobilindustrie sei sein Fokus: Arbeitsplätze schaffen, Hunger und soziale Ungleichheit bekämpfen. „Das bedeutet“, sagt Santos, „dass er andere Themen auch mal zurückstellt, wenn es darum geht, diese zentrale Aufgabe zu erfüllen.“ So unterstützt Lula beispielsweise umstrittene Ölbohrungen im Amazonasgebiet.
André Castro Santos, Jurist und Klimaschützer
Gleichwohl habe es in Lulas Regierungen immer auch gute Umweltprojekte gegeben. Tatsächlich ist es seiner Regierung gelungen, die Abholzung des Amazonawalds deutlich zu verringern und die Umweltschutzbehörden nach den Bolsonaro-Jahren wieder zu stärken.
Auch jetzt auf der Weltklimakonferenz macht Lula große Ankündigungen und inszeniert sich als grüner Präsident, wofür er international viel Applaus erhält. „Er kann sich international viel weiter aus dem Fenster lehnen, weil er hier nicht ständig auf die extrem polarisierte Stimmung im Land und auf Fake News Rücksicht nehmen muss“, sagt André Castro Santos.
Die Weltklimakonferenz endet am 21. November, dann werde sich zeigen, wie erfolgreich Lula war. Auf jeden Fall habe der Präsident Brasiliens die Fähigkeit, unterschiedlich denkende Menschen zusammenzubringen. „Das können nur wenige.“
Im Oktober 2026 wird in Brasilien wieder gewählt, kurz vor Lulas 81. Geburtstag. Der hat schon erklärt, dass er noch einmal antreten will. Weil es links der Mitte schlicht niemanden gibt, der in seine Fußstapfen treten könnte. Zweifel gibt es dennoch, ähnlich wie bei der Kandidatur Joe Bidens in den USA. Doch Lula, der gern Videos von sich aus dem Fitnessstudio oder am Boxsack posten lässt, kontert: „Ich habe noch so viel Energie wie mit 30.“ Tatsächlich stehen seine Chancen im Moment gut.
Und nach dieser vierten Amtszeit? Vor vielen Jahren sagte Lula einmal in einem Interview, er wolle eines Tages in seine Heimatstadt zurückkehren. Und dann, sagte er, wird irgendwann eine andere Person aus der Arbeiterklasse aufstehen und Präsident von Brasilien werden.
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