Vor Auftritt beim Football-Finale: Bad Bunny bringt Spanisch zum Super Bowl
Das Trump-Lager tobt, doch im Late Night-TV macht der puertoricanische Superstar klar, dass er mit einem rein spanischsprachigen Set auftreten wird.

Bei Saturday Night Live lacht Bad Bunny über all jene, die sich gerade an ihm abarbeiten. „Wenn Sie nicht verstanden haben, was ich gesagt habe,“ sagt er, mit einem leichten Grinsen: „Haben Sie jetzt vier Monate Zeit, es zu lernen.“ Zuvor hatte er auf Spanisch gesprochen, ruhig und mit Nachdruck: „Mehr als nur meine eigene Leistung ist das unser aller Erfolg. Niemand wird je unsere Fußabdrücke oder unseren Beitrag zu diesem Land auslöschen können.“
Bad Bunny war an diesem Abend der Gastgeber – der erste puertoricanische Musiker, der eine Staffel der Late Night-Satireshow eröffnete. Der 31-Jährige, bürgerlich Benito Antonio Martínez Ocasio, kommt aus Vega Baja, einer Kleinstadt an der Nordküste Puerto Ricos. Früher stand er an der Supermarktkasse, stellte seine Songs auf SoundCloud und wurde damit zu einem der meistgehörten Künstler der Welt. Heute füllt er Stadien, bricht Streamingrekorde und bleibt trotzdem eigenwillig: ein Superstar, der auf Spanisch singt, genderfluid auftritt und seine Herkunft nie hinter PR-Politur versteckt.
Er nutzte die Gelegenheit, um sich über die Aufregung um seinen kommenden Auftritt beim Super Bowl LX lustig zu machen. Denn in den Tagen nach der Ankündigung überboten sich rechte Politikerinnen und konservative Medien mit Empörung. Fox-News-Kommentatoren mokierten sich, Trump-nahe Stimmen sprachen von „Wokeness im Endstadium“.
Heimatschutzministerin Kristi Noem drohte sogar, ICE-Agenten ins Stadion zu schicken. Bad Bunny reagierte darauf mit Spott und Selbstbewusstsein. Bei Saturday Night Live wurde eine Montage aus Fox-News-Kommentatoren und Trump-nahen Politikerinnen eingeblendet, die sagen: „Bad Bunny ist mein Lieblingsmusiker und er sollte der nächste Präsident werden.“ Er grinst und sagt: „Jeder freut sich darüber– sogar Fox News.“ Der Saal tobt.
Bad Bunny nutzt die Bühne wie ein Spiegel
Bad Bunny ist längst mehr als ein Popstar. Er ist ein Typ, der die Bühne wie ein Spiegel benutzt – mal zärtlich, mal trotzig, mal komisch. Einer, der sich schminkt, Männer küsst, Flaggen zeigt, die sonst kaum jemand zeigt, und damit Millionen erreicht. Er wechselt mühelos zwischen Englisch und Spanisch, zwischen Streetwear und Haute Couture, zwischen Stadion und Protest. Sein Image ist kalkuliert und echt zugleich: eine permanente Performance über Freiheit, Stolz und die Weigerung, sich festlegen zu lassen.
Sein jüngstes Album Debí tirar más fotos – „Ich hätte mehr Fotos machen sollen“ – erschien im Januar und ist sein sechstes Studioalbum. Seit 38 Wochen hält es sich in den Billboard-Charts – ein Beleg dafür, dass der Superstar aus Puerto Rico längst auch ohne englische Lyrics den globalen Mainstream dominiert. Seit seinem Durchbruch 2016 hat er immer wieder Grenzen verschoben.
Mit sieben Studioalben, allesamt ohne englischsprachige Songs, beweist er, dass internationaler Erfolg nicht von Anpassung an den Mainstream abhängt. Selbst sein Hit „WHERE SHE GOES“ von 2023 war überwiegend auf Spanisch. Musikalisch ist Debí tirar más fotos fast ein Gegenstück zu seinem öffentlichen Image: leiser, nachdenklicher, verletzlicher. Keine Sommerhits, sondern Erinnerungen. Es klingt, als würde er kurz innehalten, nach all den Jahren im Rausch – als würde er festhalten wollen, was von all dem übrig bleibt. Und natürlich tut er es auf Spanisch.
Keine Auftritte in USA während Welttournee
Auf seiner Welttournee im Sommer 2025 machte er einen großen Bogen um die USA: Kein Konzert in New York, Los Angeles oder Miami – aus Protest gegen den politischen Umgang mit Migrantinnen und Puerto Ricanerinnen. Stattdessen spielte er 30 Nächte lang in San Juan, seiner Heimatstadt. Eine Art Residency im eigenen Land. „On tour but at home“, nannte er das. Ökonomen schätzen, dass die Konzerte hunderte Millionen Dollar nach Puerto Rico brachten.
Dass er jetzt beim Super Bowl auftreten wird, ist also mehr als ein Popmoment – es ist eine kleine kulturelle Revanche. Ein puertoricanischer Superstar, der in einem Land, das seine Heimat bis heute als „Territorium“ behandelt, auf der größten Bühne der US-Unterhaltung steht. Beim Super Bowl LX tritt er nun als erster Künstler mit einem rein spanischsprachigen Set auf. Anders als Stars wie Gloria Estefan, Shakira und Jennifer Lopez, die zuvor als Latinas auch in den USA die Bühnen dominierten, ist Bad Bunny der erste, der konsequent auf Englisch verzichtet.
„Ve y dile a tu abuela, que seremos el Halftime Show del Super Bowl“, schrieb er nach der Ankündigung – „Sag deiner Oma, dass wir die Halbzeitshow machen werden.“ Sein Auftritt wird Millionen Zuschauer*innen zeigen, dass Spanisch längst zur kulturellen Realität der USA gehört. Rund 22 Prozent der US-Bevölkerung sprechen zu Hause eine andere Sprache als Englisch, 61 Prozent davon Spanisch. Für viele in Lateinamerika ist das ein Moment kollektiven Stolzes. Für manche in Washington offenbar ein Problem. Denn was für die einen ein Grund zum Feiern ist, das verstehen andere als Einladung zum Kulturkampf.
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