: „Es war Papier. Wow“
Charlina, Jasmin und Musa konnten über das Generationenprojekt Miteigentümer*innen der taz werden. Über Printnostalgie, Podcastkonsum, die Seitenwende und Wünsche für ihre erste Genoversammlung

Gespräch Mareike Barmeyerund Felix Bouché
Mareike: Charlina, Musa und Jasmin, schön, dass wir heute in der taz zusammensitzen. Wodurch habt ihr die taz kennengelernt?
Musa Yilmaz: Ich war vor ein paar Monaten mit Politikorange zu einer Führung hier. Klar, ich wusste, die taz gibt es, die ist irgendwie cool, aber gelesen habe ich sie vorher nicht. Ich informiere mich vor allem über Social Media. Erst seit Kurzem folge ich der taz dort. Ich finde nice, wie vielfältig der Content ist.
Charlina Strelow: Ich mache gerade ein Praktikum im Zukunftsteil der wochentaz. Aber auch vorher habe ich gerne einzelne Artikel gelesen. Immer wieder bin ich über Instastorys von Freund*innen darauf gestoßen.
Jasmin Quitschau: Bei mir war es etwas anders: Ich folge der taz schon relativ lange auf Social Media. Aber ich bin nicht in einer Akademikerfamilie aufgewachsen, die jeden Morgen Zeitung liest. Ich studiere jetzt in Richtung Journalismus, und erst dadurch habe ich mich mehr mit Medien auseinandergesetzt. Eher aber über Onlineangebote. Auch über das der taz.
Mareike: Warum eher online?
Jasmin: Ganz pragmatisch: Weil ich als Studi einfach kein Geld habe für ein Zeitungsabo.
Felix: Unter jungen Leuten sind Podcasts ziemlich beliebt. Hört ihr die auch viel?
Jasmin: Sehr viel. Ich habe meine News-Podcasts, die ich jeden Morgen höre. Vielleicht ist das meine Version von jeden Morgen Zeitung lesen.
Musa: Ich höre jeden Morgen den Tagesschau-Podcast. Finde ich irgendwie ganz sweet. Weil es nur 15 Minuten sind und weil mir die Stimmen schon vertraut sind. Wann ich das letzte Mal eine Papierzeitung in der Hand hatte, kann ich euch nicht sagen. Wobei, doch. Hier bei der taz. Es war das erste und einzige Mal dieses Jahr, dass ich so ein Printprodukt in der Hand hatte.
Felix: Und? Wie wa r ’s?
Musa: Es war Papier. Wow. (lacht) Ich weiß nicht. Ist das für euch anders?
Jasmin: Tageszeitungen sind überhaupt nicht meins, weil ich einfach nicht hinterherkomme. Wochenzeitungen finde ich ganz cool. Aber selbst das ist mir schon zu viel, wenn in meinem Leben viel los ist. Deswegen kaufe ich mir eher mal einzelne Ausgaben.
Felix: Das aktuell zentrale Thema für die taz ist die Seitenwende: Der werktägliche Druck wird eingestellt. Was denkt ihr darüber?
Charlina: Ich finde es schade, ohne jemals aktive Leserin gewesen zu sein. Und ich denke da an meinen Vater, der gar kein Handy hat und sehr internetfern ist. Deshalb ist es gut, dass es die wochentaz noch gedruckt geben wird.
Jasmin: Für mich und mein Umfeld, die größtenteils keine Zeitungsabos haben und sich nicht regelmäßig Zeitungen kaufen, macht es total Sinn. Und ich finde den ökologischen Aspekt gut.
Musa: Ich habe im Studium lieber Papierbücher gelesen, als die ganze Zeit auf den Bildschirm zu starren. Aber früher oder später wird alles digital sein. Die taz hat hier auch eine Vorreiterrolle. Es ist eine mutige Entscheidung. Für unsere Generation wird das, glaube ich, keine riesige Umstellung.
Mareike: Also seid ihr auch ein bisschen nostalgisch?
Jasmin: Der Nachteil: Online ist vieles von Algorithmen dominiert.
Eine Zeitung liest man idealerweise von Anfang bis Ende durch und wird dabei auch mit Artikeln, Themen oder Meinungen konfrontiert, die man online nicht gleich angeklickt hätte. Das ist ein großer Vorteil von Print.
Charlina: Das empfinde ich ähnlich. Ich mag es, durch die Zeitung geführt zu werden. Andererseits wird man das im E-Paper auch. Vielleicht geht es gar nicht so sehr um das Papier, sondern um zusammenhängendes Lesen statt einzelner Artikel.
Felix: Hat dein Praktikum deinen Blick auf die gedruckte taz verändert?
Charlina: Auch wenn eine gedruckte Zeitung etwas Besonderes ist und ich es mag, mal vom Bildschirm weg zu sein: Ich werde realistischerweise häufiger das E-Paper lesen. Es ist einfach zugänglicher.
Mareike: Ihr seid jetzt Teil des Generationenprojekts. Wie kam es dazu?
Jasmin: Ich habe die Infos über die taz Panter Stiftung bekommen. Den Begriff Genossenschaft kannte ich aus Ostdeutschland, wo ich aufgewachsen bin. Und ich hatte mich vorher mal über die taz Genossenschaft informiert, dachte aber: Das ist etwas, das ältere Leute machen. Nicht für mich. Mich haben außerdem diese 500 Euro extrem abgeschreckt.
Charlina: Von meinem Praktikant*innengehalt Gehalt von 350 Euro im Monat könnte ich mir das auch nicht leisten. Als ich vom Generationenprojekt erfahren habe, dachte ich: Cool, so kann ich mitbestimmen, unabhängig davon, was ich nach dem Praktikum mache. Ich finde cool, dass Leser*innen Miteigentümer*innen der taz sind und werden können.
Musa: Über Insta. Ich dachte eigentlich, die taz Genossenschaft ist eine Gated Community. Als ich gelesen habe, dass die Geno junge Leute braucht, die das fortführen, fand ich das superinteressant.
Felix: Schön, dass ihr jetzt dabei seid. Über meine Festanstellung bin ich auch gemeinsam mit euch 2025 Miteigentümer*in der taz geworden. Wovon hängt ab, ob ihr langfristig Teil der Genossenschaft bleibt?
Formaler Teil am Vormittag
Beginn um 9.15 Uhr
Wahl zweier neuer Aufsichtsratsmitglieder für die taz Genossenschaft
Wahl zweier neuer Kuratoriumsmitglieder für die taz Panter Stiftung
Öffentlicher Teil am Nachmittag
13.45 Uhr
Das Generationenprojekt der taz GenossenschaftWeiter geht es nur, wenn wir es weitergeben. Wie wir mit unserem „Generationenprojekt“ mehr junge Menschen zur taz bringen wollen. MitLana Wittig
14.15 Uhr
So krass! – Die Seitenwende
So krass sprechen wir junge Leute mit Video an. MitAnna Böcker
So krass machen wir mit der wochentaz Papier noch besserMit Luise Strothmann & Jette Poensgen
So krass rücken wir Ihnen vor Ort auf die Pelle. MitVincent Bruckmann & Willi Vogelpohl
So krass müssen Sie jetzt mitmachen. Mit Aline Lüllmann, Andreas Marggraf, Barbara Junge, Katrin Gottschalk & Ulrike Winkelmann
16.15 Uhr
Das schaffen wir: Die Migrationsdebatte von links und ungeschönt. MitRicarda Lang, Franck Düvell & Christian Jakob
ab 18.30 Uhr
Abendprogramm mit Livemusik von Jazz Darlings und DJ Set von Le Fox
19.30 Uhr
Hate-Bingo mit dem Team von taz zahl ich
Kommen Sie vorbei!Das ganze Programm und weitere Informationen gibt es hier:www.taz.de/genoversammlung
Musa: Das Maß an Mitbestimmung: Kann ich Ideen einbringen, die ernst genommen werden? Das wäre wichtig dafür, ob ich taz-Genosse bleibe. Und das Zwischenmenschliche: Kommt man mit den Leuten klar, nicht nur bei der Versammlung, sondern auch außerhalb?
Jasmin: Wieder ein pragmatischer Faktor: Es kommt darauf an, in welcher finanziellen Situation ich dann bin. Ich hoffe, ich kann den Anteil aus dem solidarischen Generationenfonds ablösen, um dem nächsten jungen Menschen den Einstieg in die Geno zu ermöglichen.
Felix: Stellt euch vor, ihr wärt gleich im Anschluss auf der Genossenschaftsversammlung. Was wäre euch wichtig?
Jasmin: Ich habe das Gefühl, viele Medien werden gerade sehr viel konservativer. Sie gehen mit diesem ganzen CDU/AfD-Geist mit. Ich hoffe, dass es in der Genossenschaft Mechanismen gibt, vielleicht auch bei solchen Versammlungen, die dem entgegenwirken. Ich denke, da hilft es auch, jüngere und diversere Genossenschaftsmitglieder zu haben, die dagegensteuern können.
Musa: Mir ist es superwichtig, dass möglichst verschiedene Menschen vertreten sind und sich einbringen können. Auf so einer Versammlung kann man bestimmt Weichen stellen.
Mareike: Was müsste die taz tun, um für junge Menschen relevant zu bleiben?
Musa: An den Themen dranbleiben, die uns interessieren. Ich würde die taz bevorzugen, wenn ich weiß, ich habe da eine Sicht, die nicht der Bullshit ist, den ich sonst überall die ganze Zeit bekomme.
Charlina: Lösungsorientierter Journalismus. Das finde ich eine sehr gute Weise, jüngere Leute anzusprechen.
Jasmin: Ich hätte gerne viel mehr taz-Podcasts. Die taz hat sehr viele Themenschwerpunkte, die sich richtig gut dafür anbieten würden. Aus der linken Bubble kann ruhig noch mehr kommen, um auch dieser männerdominierten, konservativen Podcastwelt was entgegenzusetzen. Und damit würde man ein jüngeres Publikum ansprechen, das bisher weniger mit der taz vertraut wäre.
Musa Yilmaz
Felix: Wofür steht denn die taz für euch?
Charlina: Für Meinungsstärke. Auch für Unabhängigkeit. Und dafür, Leuten eine Stimme zu geben, die in der Gesellschaft weniger zu sagen haben und in der Medienwelt weniger präsent sind.
Jasmin: Genau, und dafür, dass Menschen hier mit vielen verschiedenen Hintergründen arbeiten. Dass eben nicht nur über andere Menschen geschrieben wird, sondern sie selbst schreiben. Das zeichnet für mich qualitativ hochwertigen linken Journalismus aus.
Musa: Ich finde es superwichtig, draufzuhauen und Themen hochzuholen, die wehtun und unbequem sind. Unabhängigkeit ist mir auch wichtig. Wenn ich überlege, was nächstes Jahr in Sachsen-Anhalt droht, mit unserer Landtagswahl und mit möglichen AfD-Minister*innen, wird mir tatsächlich ganz übel.
Mareike: Zum Abschluss: Hat das was mit euch gemacht, dass ihr jetzt Miteigentümer*innen seid in der taz?
Musa: Also bei mir ist es ein Gefühl von Dankbarkeit, weil ich bin in einer ähnlichen finanziellen Situation wie ihr beide, Charlina und Jasmin. Es ist schon ein Privileg, so einen Anteil ermöglicht zu bekommen.
Charlina: Es stellt auf jeden Fall einen anderen Bezug zur Zeitung her. Ich glaube, wenn ich nach meinem Praktikum Texte lese, mit denen ich nicht einverstanden bin, hätte ich mehr ein Problem damit als davor. Auch, weil ich jetzt weiß: Ich bin Miteigentümerin der taz.
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