US-Investition in Seltene Erden: Pentagon steigt in Minenfirma ein
400 Millionen Dollar investieren die USA, um bei der Herstellung wichtiger Magnete autark zu werden. Es ist ein erster Schritt im Machtkampf mit China.

Damit wurde das Pentagon über Nacht zum größten Aktionär von MP Materials – knapp 15 Prozent der Anteile befinden sich nun in staatlicher Hand. Die Erlöse aus dem Aktienverkauf an Washington will das Unternehmen teils in den Ausbau einer bereits vorhandenen Produktionsstätte im kalifornischen Mountain Pass stecken, teils zum Bau einer neuen Fabrik verwenden, die Magneten produziert.
Dass die US-Regierung unter Präsident Donald Trump so viel Geld in eine Rohstofffirma anlegt, ist ein Zeichen dafür, wie ernsthaft sie die Dominanz von China im Bereich der Seltenen Erden und anderer kritischer Rohstoffe durchbrechen will. „Diese Initiative stellt eine entscheidende Maßnahme der Trump-Regierung dar, um die Unabhängigkeit Amerikas zu beschleunigen“, sagte James Litinsky, Chef von MP Materials, in einer Stellungnahme über den Deal.
Für Ökonom Ian Lange von der Colorado School of Mines ist die Investition ein wichtiger Schritt. „Die bisherigen Initiativen zur Förderung des Rohstoffabbaus in den USA hatten noch nicht viel Wirkung“, sagte er der taz. „Es mit einer anderen Taktik zu versuchen, ist meiner Meinung nach daher keine schlechte Sache.“
Magnete für Windkraftanlagen
Das Verteidigungsministerium investiert aber nicht nur direkt Geld in Unternehmensanteile, es hat auch einen Zehnjahresvertrag mit MP Materials unterzeichnet. Der garantiert, dass das Unternehmen mindestens 110 US-Dollar pro Kilogramm für die Produktion von Neodym-Praseodym erhält. Das Material, das zu den leichten Seltenerdmetallen gehört, ist eine wichtige Komponente in der Herstellung von Hochleistungsmagneten, wie sie etwa in Windkraftanlagen verbaut werden.
Die Vereinbarung einer Preisuntergrenze ermöglicht es dem Unternehmen, unabhängig von Kursschwankungen am freien Markt zu agieren. Außerdem erklärte sich das Pentagon dazu bereit, nach der Fertigstellung der neuen Magnetfabrik zehn Jahre lang sämtliche dort produzierten Magneten zu erwerben.
„Im Gegensatz zu den Kapitalzuschüssen aus der Vergangenheit, die – überspitzt gesagt – nur dazu führten, dass vielleicht ein Loch gegraben wurde, schafft diese Art von Subvention einen realen Wert“, sagte Lange. „Und sie fördert den Abbau und die Verarbeitung von Seltenen Erden.“
Wo genau die neue Magnetfabrik gebaut werden wird, ist noch unklar. Die Kosten für die Entwicklung und den Bau der neuen Produktionsstätte sollen sich auf eine Milliarde US-Dollar belaufen.
Exportmarkt Europa
Die bestehende Produktionsstätte in Mountain Pass hat eine lange Tradition. Bereits seit 1952 werden dort Seltene Erden abgebaut. Zwischen 1965 und 1995 war die Mine der weltweit größte Produzent der für Hoch- und Energiespartechnologien so wichtigen und begehrten Rohstoffe. Heute kommen nur etwa 15 Prozent aus Kalifornien.
Die aktuelle Investition ist vor allem dazu gedacht, den heimischen Bedarf besser abzudecken. Doch Ökonom Lange geht davon aus, dass auch andere Länder in Zukunft davon profitieren könnten. „Mit den geplanten Investitionen in Verteidigung und Sicherheit in Europa könnte es hier einen möglichen Exportmarkt geben“, erklärte Lange.
Neha Mukherjee, Analyst für Seltene Erden
Aktuell ist China der größte Produzent von Seltenen Erden und die Regierung in Peking setzt diese Vormachtstellung auch als geopolitische Waffe ein. „China nutzt kritische Mineralien als strategischen Hebel und kann den Hahn jederzeit auf- und zudrehen, wann immer es will“, sagte Neha Mukherjee, Analyst für Seltene Erden bei der Londoner Agentur Benchmark Mineral Intelligence.
Den Grund für Chinas Dominanz am Markt sehen viele Experten darin, dass die dortige Regierung frühzeitig die Bedeutung dieser Rohstoffe erkannt hat, die Industrie sukzessive förderte und ausbaute. Die staatliche Förderung über Subventionen und andere Maßnahmen hat auch dazu geführt, dass westliche Unternehmen nur schwer mit den Preisen aus China konkurrieren können.
US-Wirtschaft freut sich
Der Deal mit MP Materials sei nun ein erster Grundstein, um das Marktungleichgewicht angehen zu können, sagt Lange. Doch dann müsse mehr passieren. „Die Mountain Pass hat eine Lücke bei schweren Seltenen Erden“, so der Ökonom. Das sei der große Nachteil des Standorts „und ein Grund, warum ich nicht glaube, dass es bei einer einmaligen Investition durch das Pentagon bleibt“. Die schweren Seltenerdmetalle sind rarer als die leichten und technisch von MP bislang nicht zu händeln; sie werden vor allem für Lasertechnologien gebraucht.
In der US-Wirtschaft wird aber auch der Vorstoß der Regierung, die heimische Produktion von leichten Seltenen Erden zu sichern, positiv aufgenommen. Wenige Tage nach Bekanntwerden der Investition des Pentagons verkündete der Tech-Konzern Apple eine Vereinbarung mit MP Materials – im Wert von einer halben Milliarde Dollar. Der iPhone-Hersteller will über Jahre hinweg Permanentmagneten beziehen und gemeinsam mit der Minenfirma eine Produktionslinie zum Recycling von Seltenen Erden entwickeln.
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