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Erdüberlastungstag immer früherMenschen haben natürliche Ressourcen für 2025 aufgebraucht

Diesen Donnerstag haben die Menschen rechnerisch alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht, die die Erde 2025 bereitstellen kann.

Auch Fisch isst die Menschheit mehr, als die Natur für Nachschub sorgen kann Foto: picture alliance/dpa/Kyodo

Berlin taz | Bauholz, Trinkwasser, Fisch oder Getreide: Heute ist der Tag, an dem die Menschen alles aufgebraucht haben, was der Planet auf natürliche Weise binnen 12 Monaten bereitstellen kann. Alle Rohstoffe, die von der Natur in einem Jahr produziert werden, sind ab heute „ausverkauft“. In einer gerechten Welt wäre heute Schluss mit Mittagessen, Duschen, Autofahren oder Telefonieren: Heute, am 24. Juli, ist Erdüberlastungstag.

Seit 1961 wird dieser Tag, der „Earth Overshoot Day“ berechnet. Er ist ein Indikator für die Nutzung der biologischen Kapazität und Regenerationsfähigkeit der Umwelt. Und jedes Jahr erschrecken die Experten aufs Neue. Denn der „Earth Overshoot Day“ verschiebt sich immer weiter nach vorn im Jahr. Nach Berechnungen des Global Footprint Network bräuchte die Menschheit derzeit statistisch 1,8 Erden, um ihre Bedürfnisse nachhaltig zu decken.

1987 lebte die Menschheit erstmals auf zu großem Fuß. Damals fiel der Erdüberlastungstag auf den 19. Dezember. 1995 hatten die Menschen bereits am 21. November jene Ressourcen verbraucht, die eigentlich bis zum Jahresende reichen müssen. 2011 war es der 21. August; 2022 der 28. Juli. Theoretisch dürften wir Menschen dann der Natur keine Rohstoffe mehr entnehmen, nicht einmal mehr Trinkwasser. Weil wir es aber trotzdem weiterhin tun, zapfen wir das grüne Kapital der Erde an: Wir leben quasi auf Pump.

Immer mehr, immer früher

Einzig das Jahr 2020 bildete eine Ausnahme, die weltweite Corona-Pandemie sorgte dafür, dass der Erdüberlastungstag zurück auf den 22. August fiel. Aber dies war laut Global Footprint Network nur kurzfristig – schon im Jahr 2021 hatte der Earth Overshoot Day wieder das Niveau von 2019 erreicht.

Kohlendioxid macht den größten Anteil an der ökologischen Überschuldung aus. Wir stoßen davon deutlich mehr aus, als die Erde absorbieren kann. Die Kohlendioxid-Emissionen machen mehr als die Hälfte unseres Fußabdrucks global betrachtet aus. Den produzierten Treibhausgasen wird jene Fläche gegengerechnet, die nötig wäre, um die gleiche Emissionsmenge auf natürliche Weise langfristig zu binden – etwa in Mooren oder Wäldern.

Dabei steigen die Emissionen jedes Jahr auf einen neuen Rekord, 2024 waren es 41,6 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalente. Gleichzeitig sinkt die Waldfläche. Laut einer Erhebung des WWF wurden im Jahr 2024 rund 30 Millionen Hektar (300.000 km²) Waldfläche durch Feuer vernichtet – fast so viel, wie die Bundesrepublik Fläche besitzt. Das ist die zweithöchste Brandfläche der letzten 40 Jahre und etwa doppelt so viel wie im Vorjahr.

Dabei ist das Plündern der natürlichen Ressourcen weltweit unterschiedlich verteilt: Würden alle auf der Welt so leben wie die US-Amerikaner, wären fünf Erden notwendig, um die Nachfrage nach Rohstoffen zu decken. Wenn alle so haushalten würden wie die Deutschen, wären drei Erden nötig: Der „deutsche“ Erdüberlastungstag war in diesem Jahr am 3. Mai.

Wie absurd unser Ressourcenverbrauch ist, wird in einigen Fakten deutlich: Es ist in Deutschland oft billiger, sich ein paar neue Schuhe zu kaufen, als alte zum Schuster zu bringen. Nach einer Erhebung von Greenpeace besitzt jede erwachsene Person (18 bis 69 Jahre) in Deutschland im Durchschnitt 95 Kleidungsstücke – ohne Unterwäsche und Socken. 58 Prozent der 18- bis 29-Jährigen gaben an, noch nie zu einem Schuster gegangen zu sein. Weil es oft teurer ist, ein kaputtes Radio in eine Reparatur zu geben, als ein neues zu kaufen, gibt es in vielen Städten gar keine Werkstatt dafür.

„Wir leben in einem System, das immer mehr an seine Grenzen kommt“, erklärt Olaf Bandt, der Vorsitzende des „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“. Nötig seien rasche Maßnahmen von der Bundesregierung, um den Ressourcenverbrauch deutlich zu senken. „Wir können gegensteuern: Mit besseren Mehrwegsystemen verbrauchen wir weniger Verpackungen und Plastik. Durch gutes Design halten unsere Elektrogeräte länger und sie sind leichter zu reparieren. Das ist nicht nur sinnvoll für die Umwelt, sondern schont auch noch den Geldbeutel.“

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10 Kommentare

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  • Interessant Kommentare... Offenbar versteht hier niemand was das wirklich bedeutet, "die natürliche Ressourcen der Erde sind aufgebraucht". Eine "Schuh,-" oder" früher war alles besser Debatte" hilft da ganz sicher nicht weiter.

  • "Und jedes Jahr erschrecken die Experten aufs Neue"

    Dann sollten diese schnell den Expertenstatus abgeben.

    Es ist doch logisch, dass wenn es mehr Menschen mit Bedürfnissen gibt, keine einschneidenden Maßnahmen getan werden, dass dieser Tag immer früher kommt.

  • Zum Punkt Schuhe muss man aber auch sagen, dass die meisten Schuhe - teils auch im höheren Preissegment - gar keine genähten Sohlen mehr haben. Bei Elektronik setzt die Industrie bewusst auf immer kürzere Verfallsdaten. Die wollen ja, dass immer mehr und schneller neu gekauft wird. Beispiel Auto: früher konnte man tatsächlich noch selbst einiges reparieren. Heute sind die Dinger vollgestopft mit Elektronik. Zu meiner Zeit hat man sich Autos gebraucht gekauft und hergerichtet. Ist damit gefahren bis sie auseinander fielen. Heute ist ein Auto mit zehn Jahren schon alt.

  • Zum Thema Schuster vielleicht mal den Anstieg der Produktivität im dt Schuhmuseum anschauen: die Schuhe fliegen seit 100 Jahren wie aus einem Maschinengewehr. Die Beschäftigten waren damals noch in D-Land, mussten sich aber andere Berufe suchen.

    Bei der Plastikvermeidung würde ich gerne mithelfen: kennt jemand eine Zahnpasta, die aus der Metalltube kommt und nicht Ajona heisst ?

  • Man muss natürlich auch sehen, dass sich die Weltbevölkerung seitdem weit mehr als verdoppelt hat. Die Fortpflanzungsrate wieder zu erhöhen, wäre fatal. Und doch werden die Strömungen, die das fordern, immer lauter.

    • @ImInternet:

      Die weltweite Fertilitätsrate wird in wenigen Jahren unter dem Erhaltungsniveau liegen. Das dürfte für die nachfolgenden Generationen schon zu einem sehr großen Problem werden. Selbst in wohlhabenden Ländern bieten schrumpfende Regionen kaum Perspektiven und erzeugen viel Armut.

  • Das mit der Reparatur ist so gewollt wegen der Garantien.



    Früher konnte man an jedes Gerät selbst ran, heute sind e-Geräte oft so verkleidet, dass man nirgends mehr rankommt, oder es sind spezielle Siegel oder Schrauben verbaut, die bei Öffnung brechen und somit jede Garantie erlischt.



    Auch an Autos kann man selbst nichts mehr selber machen ohne Spezialschlüssel 🔧



    Andererseits, wenn ich zurückdenke wie vor einigen Jahrzehnten noch jeder hier im Dorf alles selbst gemacht hat, dafür Ölwechsel über dem Kanaldeckel vor der Einfahrt gemacht wurden oder die Altreifen immer im Wald landeten...



    In puncto Umweltbewusstsein hat sich unglaublich viel getan, immerhin.

  • Kein Feiertag.



    Danke für die Aufklärung, dass es nicht nur um den direkten Verbrauch geht, sondern auch um die fehlende CO2 Speicherung (die Hälfte der Tage). Es bleiben aber noch ein paar Fragen:



    Was haben die denn von 1961 bis 1987 berechnet? Overshoot sei erst im nächsten Jahr? Macht das Sinn?



    42% der unter 29jährigen waren schon mal bei einem Schuster? Gibt es da noch etwas anderes als Schuhe?



    Radio-Reparatur? Wer hat denn, ausser im Auto, noch ein Radio? Kein Wunder, dass es dafür keine Werkstatt gibt.

    • @fly:

      Für die Jahreszahl 1987 finde ich keine Belege - lt.Wikipedisa und auf der Seite overshoot.footprin...ease-2025-english/ ist der Ressoucenverbrauch weltweit sogar seit 1971 schon nicht mehr nachhaltig - vorher haben uns die "andern" vor dem Overshoot gerettet, weil z.B. in Indien nur einen Bruchteil der eigentlich zustehenden Rohstoffe nutzt. Und lt. data.footprintnetwork.org/#/ hat Europa schon 1961 1,3 Erden verbraucht...

  • "Die Kohlendioxid-Emissionen machen mehr als die Hälfte unseres Fußabdrucks global betrachtet aus. Den produzierten Treibhausgasen wird jene Fläche gegengerechnet, die nötig wäre, um die gleiche Emissionsmenge auf natürliche Weise langfristig zu binden – etwa in Mooren oder Wäldern." Ok, das zeigt auch die Lösung: Wenn es gelingt, CO2-neutral zu werden, sei es durch Vermeidung oder künstliche Speicherung, verschiebt sich der Earth Overshoot Day sogar in den Januar des Folgejahres.