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Duo Dana and AldenWestcoast-Jazz in luftiger Anmutung

Das Duo Dana and Alden kombiniert auf seinem Album „Speedo“ souligen Retrovibe mit Gegenwartssounds. Verträumtes verträgt sich dabei mit Disco.

Hauptsache entspannt: das Brüderduo Dana and Alden Foto: Rob Klassen

Es ist eines der bemerkenswertesten Revivals in letzter Zeit: Wie der Jazz ein neues, junges Publikum fand – nicht nur in seinen Dancefloor-Spielarten oder als Samples in HipHop-Tracks. Sondern, wie im Fall der Brüder McWayne, die als Dana and Alden gerade ihr drittes Album „Speedo“ veröffentlicht haben, mit einem vorwiegend instrumentalen Sound und souligem Retrovibe. Den Reigen ihres Jazzalbums eröffnet ein wehmütiges Saxofon als Klangsignatur bei „Baby, You’re Gonna Miss That Plane“.

Es waren verschlungene Pfade, die Dana und Alden, aufgewachsen im hippiesken Städtchen Eugene, Oregon, im pazifischen Nordwesten der USA, in diese musikalischen Gefilde führten. Etwa dass ihre Mutter die Kids, obwohl in Jugendjahren als Sportler aktiv, nötigte, in der „Middle School Jazz Band“, der Schulbigband, mitzuwirken. Dort, so erzählen die beiden im Rahmen ihrer sehenswerten Live-Performance mit Begleitband für den Radiosender KEXP, trafen sie auf eindrückliche Persönlichkeiten der lokalen Musikszene und wurden unter deren Fittiche genommen.

Später coverte Alden – mit 23 der Jüngere der beiden – mit Musikerfreunden HipHop-Tracks, etwa von Earl Sweatshirt oder MF Doom. Dass seine Online-Follower darauf gleich ansprangen, war der Tatsache geschuldet, dass Alden unter dem Alias @gucci_pineapple bereits eine Internet-Berühmtheit war. Während der Coronapandemie hatte er angefangen, unter diesem Pseudonym hübsch pointenfreie Comedy bei TikTok hochzuladen. Als Dana und Alden dann eigene Songs komponierten, griffen sie auf das zurück, was sie in der Schulband gelernt hatten.

Kleine Anekdote am Rande: Vor einigen Jahren kam ich in einem Berliner Club mit einem jungen Mann ins Gespräch; auf der Bühne stand die äthiopische Jazzlegende Hailu Mergia. Mergias Musik, so stellte sich heraus, war dem jungen Mann in einem Skate-Video begegnet. Nun wollte er den äthiopischen Pionier unbedingt live erleben. Der überraschende Appeal von Jazz liegt vielleicht daran, dass Improvisation gerade angesichts endloser Kopier- und Reproduzierbarkeit einen neuen Reiz entwickelt.

Multiinstrumentalist Dana hat das Saxofon inzwischen als sein Hauptinstrument adoptiert; im Brotberuf arbeitet er als Inspektor von Biobauernhöfen. Alden, der sein Schlagzeug unaufdringlich und ohne große Posen spielt, hat gerade sein Musikstudium am Berklee College in Boston abgeschlossen. Auf die ersten Dana-and-Alden-Alben traf die etwas inflationäre Beschreibung durchaus zu, dass bei diesem Duo jazzige Melodien auf Indie-Mentalität treffen – was ja alles und nix bedeuten kann.

Vergnügte Melancholie

„Speedo“ stellt nun einen musikalischen Qualitätssprung dar. Die Veröffentlichung wirkt runder, das Songwriting ausgereifter als auf den etwas beliebig geratenen Vorgängerwerken „Coyote, You’re My Star“ (2024) und „Quiet Music for Young People“ (2023) – auf Letzterem findet sich übrigens ihr viraler Hit „Let’s Go to Trader Joe’s“. Thematisch und stilistisch breiter aufgestellt, transportieren die neuen Songs bei aller Vielfalt eine stille, vergnügte Melancholie.

Diese klangliche Stringenz ist wohl dem libanesischen Komponisten und Produzenten Charif Megarbane zu verdanken. Die Brüder hatten den Eklektiker und Tüftler, zunächst eine lose Bekanntschaft, letzten Winter in Lissabon besucht – eigentlich, um mit ihm zu jammen. Während einiger verregneter Januartage entstanden dort die 18 Songs von „Speedo“.

Durch die Musik schweben trotz Retroanmutung auch Gegenwartssounds wie Staubkörner im Gegenlicht: Flirrender Dreampop bei „Childhood Crush“; Synthie-Pop, der bald Richtung Disco driftet, im hoffnungsvollen „Don’t Run Away“. Der Song „Lisbon in Rain“ lässt einen in impressionistischer Manier durch die Stadt schlendern, wie man es bei Regen allerdings kaum tun würde – höchstens in Gedanken.

„Speedo“ ist ein luftiges Album für laue Nächte, das seine Hö­re­r:in­nen noch sanft melancholisch einlullen wird, wenn das Licht wieder brüchiger sein wird.

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