Mobilität: Deutschland fährt wieder mehr Auto
Pro Pkw sind die gefahrenen Kilometer 2024 zwar weniger geworden – die Anzahl der Fahrzeuge hat aber zugenommen. Der Verkauf von E-Autos ist eingebrochen.

Seit Jahren nimmt die Zahl der zugelassenen Autos zu, sie liegt bei fast 50 Millionen Pkws. Auch die Zahl der gefahrenen Kilometer steigt. Nach den jüngsten KBA-Zahlen legten Pkws im vergangenen Jahr insgesamt 594 Milliarden Kilometer zurück – rund 3 Milliarden Kilometer mehr als im Jahr davor. Zuletzt war die Fahrleistung 2018 mit knapp 631 Milliarden Kilometern auf einem höheren Niveau gewesen.
Was aus den Zahlen allerdings auch hervorgeht: Das einzelne Auto ist nicht mehr unterwegs als früher. Der Trend, dass immer mehr Autos in Deutschland angeschafft werden, aber Bürger:innen weniger fahren, ist ungebrochen, betont der Verkehrswissenschaftler Andreas Knie, Leiter der Forschungsgruppe digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.
„Zwar steigt die Zahl der Zulassung weiter, dies liegt an den extrem steuerbegünstigten gewerblichen Fahrzeugen“, sagt er. Aber der Anteil der privaten Neuzulassung sinke und betrage nicht einmal ein Drittel der Neuwagen.
Elf Kilometer weniger als vorher
2024 wurde ein Auto in Deutschland im Schnitt 12.309 Kilometer bewegt – das sind 11 Kilometer weniger als im Vorjahr. Es war damit mindestens das zehnte Jahr in Folge, in dem die individuelle Fahrleistung gesunken ist.
Der Grund für die steigende Gesamtstrecke liegt also im wachsenden Fahrzeugbestand. Immer mehr Autos sind unterwegs – auch wenn sie im Schnitt weniger fahren. Zusammengenommen entspricht die gefahrene Strecke der rund 4.000-fachen Entfernung zwischen Erde und Sonne – oder etwa 2.000-mal hin und zurück.
Ein Großteil der Kilometer wurde nach wie vor mit klassischen Verbrennern zurückgelegt. Laut KBA fuhren Benziner rund 283 Milliarden Kilometer, Diesel-Fahrzeuge etwa 230 Milliarden Kilometer. Elektroautos, Hybridmodelle oder gasbetriebene Pkw machten nur den kleineren Rest aus.
Markt erholt sich etwas
Wegen des hohen Schadstoffausstoßes von Autos mit Verbrennermotoren ist der Verkehrsbereich mit Blick auf die Klimakrise einer der größten Problembereiche. Die Ampelregierung wollte bis 2030 15 Millionen E-Autos auf deutsche Straßen bringen, um die Schadstoffbelastung zu mindern. Nachdem die Ampel quasi über Nacht die Zuschüsse für E-Autos abgeschafft hatte, brach der Verkauf von E-Autos ein.
Jetzt erholt sich der Markt etwas. Von insgesamt 1.402.789 im ersten Halbjahr 2025 neu zugelassenen Pkws waren den KBA-Zahlen zufolge 793.889 Neuwagen. Einen Elektroantrieb hatten 387.674 Neuwagen, das entspricht einem Anteil von 27,6 Prozent. Das waren laut KBA 41,6 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2024.
„Zwar fällt das Wachstum bei den Elektroauto-Zulassungen jetzt auch deshalb so hoch aus, weil sie Anfang 2024 nach dem abrupten Ende der Kaufprämie erst mal eingebrochen waren“, sagt Michael Müller-Görnert, Verkehrsexperte des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD).
Kaufprämien wenig sinnvoll
„Dennoch zeigt sich, dass die Leute zunehmend auf Elektro umsteigen – entgegen den Unkenrufen von Industrie und Politik.“ Das sei aber kein Grund, den Druck von den Herstellern zu nehmen und die europäischen CO2-Vorgaben abzuschwächen – wie es zurzeit diskutiert wird.
Kaufprämien, wie es sie bis vor Kurzem gab, hält der VCD nicht für sinnvoll. Er setzt stattdessen auf eine Bonus-Malus-Regelung im Jahr der Erstzulassung. Das würde Elektroautos begünstigen und Verbrenner verteuern. „Viele Länder in Europa nutzen dieses Steuerungsinstrument bereits erfolgreich“, sagte er.
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