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MobilitätDeutschland fährt wieder mehr Auto

Pro Pkw sind die gefahrenen Kilometer 2024 zwar weniger geworden – die Anzahl der Fahrzeuge hat aber zugenommen. Der Verkauf von E-Autos ist eingebrochen.

Immer mehr Autos sind unterwegs: Das liegt auch an den extrem steuerbegünstigten gewerblichen Fahrzeugen Foto: Marijan Murat/dpa

Berlin taz | Die Zahl der mit dem Auto gefahrenen Kilometer nimmt in Deutschland weiter zu. Das zeigen die am Dienstag veröffentlichten Zahlen des Kraftfahrzeugbundesamtes (KBA) für 2024. Aber: Au­to­hal­te­r:in­nen legen weniger Strecke mit dem Pkw zurück.

Seit Jahren nimmt die Zahl der zugelassenen Autos zu, sie liegt bei fast 50 Millionen Pkws. Auch die Zahl der gefahrenen Kilometer steigt. Nach den jüngsten KBA-Zahlen legten Pkws im vergangenen Jahr insgesamt 594 Milliarden Kilometer zurück – rund 3 Milliarden Kilometer mehr als im Jahr davor. Zuletzt war die Fahrleistung 2018 mit knapp 631 Milliarden Kilometern auf einem höheren Niveau gewesen.

Was aus den Zahlen allerdings auch hervorgeht: Das einzelne Auto ist nicht mehr unterwegs als früher. Der Trend, dass immer mehr Autos in Deutschland angeschafft werden, aber Bür­ge­r:in­nen weniger fahren, ist ungebrochen, betont der Verkehrswissenschaftler Andreas Knie, Leiter der Forschungsgruppe digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.

„Zwar steigt die Zahl der Zulassung weiter, dies liegt an den extrem steuerbegünstigten gewerblichen Fahrzeugen“, sagt er. Aber der Anteil der privaten Neuzulassung sinke und betrage nicht einmal ein Drittel der Neuwagen.

Elf Kilometer weniger als vorher

2024 wurde ein Auto in Deutschland im Schnitt 12.309 Kilometer bewegt – das sind 11 Kilometer weniger als im Vorjahr. Es war damit mindestens das zehnte Jahr in Folge, in dem die individuelle Fahrleistung gesunken ist.

Der Grund für die steigende Gesamtstrecke liegt also im wachsenden Fahrzeugbestand. Immer mehr Autos sind unterwegs – auch wenn sie im Schnitt weniger fahren. Zusammengenommen entspricht die gefahrene Strecke der rund 4.000-fachen Entfernung zwischen Erde und Sonne – oder etwa 2.000-mal hin und zurück.

Ein Großteil der Kilometer wurde nach wie vor mit klassischen Verbrennern zurückgelegt. Laut KBA fuhren Benziner rund 283 Milliarden Kilometer, Diesel-Fahrzeuge etwa 230 Milliarden Kilometer. Elektroautos, Hybridmodelle oder gasbetriebene Pkw machten nur den kleineren Rest aus.

Markt erholt sich etwas

Wegen des hohen Schadstoffausstoßes von Autos mit Verbrennermotoren ist der Verkehrsbereich mit Blick auf die Klimakrise einer der größten Problembereiche. Die Ampelregierung wollte bis 2030 15 Millionen E-Autos auf deutsche Straßen bringen, um die Schadstoffbelastung zu mindern. Nachdem die Ampel quasi über Nacht die Zuschüsse für E-Autos abgeschafft hatte, brach der Verkauf von E-Autos ein.

Jetzt erholt sich der Markt etwas. Von insgesamt 1.402.789 im ersten Halbjahr 2025 neu zugelassenen Pkws waren den KBA-Zahlen zufolge 793.889 Neuwagen. Einen Elektroantrieb hatten 387.674 Neuwagen, das entspricht einem Anteil von 27,6 Prozent. Das waren laut KBA 41,6 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2024.

„Zwar fällt das Wachstum bei den Elektroauto-Zulassungen jetzt auch deshalb so hoch aus, weil sie Anfang 2024 nach dem abrupten Ende der Kaufprämie erst mal eingebrochen waren“, sagt Michael Müller-Görnert, Verkehrsexperte des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD).

Kaufprämien wenig sinnvoll

„Dennoch zeigt sich, dass die Leute zunehmend auf Elektro umsteigen – entgegen den Unkenrufen von Industrie und Politik.“ Das sei aber kein Grund, den Druck von den Herstellern zu nehmen und die europäischen CO2-Vorgaben abzuschwächen – wie es zurzeit diskutiert wird.

Kaufprämien, wie es sie bis vor Kurzem gab, hält der VCD nicht für sinnvoll. Er setzt stattdessen auf eine Bonus-Malus-Regelung im Jahr der Erstzulassung. Das würde Elektroautos begünstigen und Verbrenner verteuern. „Viele Länder in Europa nutzen dieses Steuerungsinstrument bereits erfolgreich“, sagte er.

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4 Kommentare

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  • Wir haben es zwei Jahre mit nur einem Auto versucht aber wegen der Unzuverlässigkeit der Bahn/ÖPNV mussten wir aufgeben. Ich fahre damit keine 6000 km im Jahr aber ohne Zweitwagen sind wir aufgeschmissen

  • Um einen Neuwagen attraktiv zu finden, muss zuerst einmal geklärt werden wie man als Fahrer die Datensammelei und Überwachung stoppen kann. Ich verstehe nicht warum die Politik das Thema so schleifen lässt, das ist fahrlässig! Teslas mit ihren Dauerkameras sind nochmal ein spezielles Thema, die gehören schlicht überall verboten, nicht nur auf einzelnen Parkplätzen.

    Um EAutos attraktiv zu machen muss zusätzlich geklärt werden, wie die Sache mit dem Aufladen gelöst werden kann. Denn es genügt nicht einfach Ladestationen zu bauen! Diese benötigen jeweils auch eine dicke Stromleitung...



    ...und da wird es schwierig, denn die alten Dorfleitungen in den meisten Kommunen schaffen solche Leistungen nicht.



    EAutos funktionieren mit heutigen Leitungen nur, wenn wenige Menschen die Dinger kaufen oder eben sehr wenig damit fahren, sodass Solarenergie häufig ausreicht.



    Wieviele EAutos verträgt ein Ort? Schwer zu sagen, aber unsere Straße schafft das garantiert nicht, dass 50 Menschen gleichzeitig ihr EAuto laden.

  • Der Untertitel ist irreführend.



    Der Einbruch der Verkaufszahlen der Elektroautos war vor 1,5 Jahren.



    Ein aktueller Anstieg um 41,6%, im Vergleich zum Vorjahr, darf statt dessen als Erfolg gewertet werden.

  • Wer realistisch durch die Welt geht, und nicht mit ideologischen Scheuklappen, für den kommt diese Meldung nicht überraschend.



    Die von vielen herbeigeredete Mobilitätswende wird (noch lange) nicht kommen. Dafür sind noch zu viele Stellschrauben zu drehen.