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Rassistische Übergriffe in Torre-PachecoAuch Spaniens Brandmauer bröckelt

Reiner Wandler
Kommentar von Reiner Wandler

Dass die rechte Partei Vox die rechtsextremen Ausschreitungen für sich nutzt, ist erwartbar. Noch beängstigender ist die Reaktion der Konservativen.

Konfrontation auf den Straßen in Torre-Pacheco in Spanien am 13. Juli Foto: Violeta Santos Moura/reuters

V oreilige Schlüsse und falsche Videos nach der Verprügelung eines 68-Jährigen führen im südostspanischen Ort Torre-Pacheco zu rechtsextremen Ausschreitungen und rassistischen Übergriffen auf Migranten. Die rechtspopulistische Partei Vox – immerhin drittstärkste Kraft in Spanien – nutzt dies für ihre Politik und gießt kräftig Öl ins Feuer.

In Zeiten erstarkender faschistischer und autoritärer Kräfte – von den USA über Italien bis hin nach Deutschland – ist das leider schon fast zur Normalität geworden.

Aus demokratischer Sicht weitaus beängstigender ist jedoch die Haltung der konservativen Partido Popular (PP). Sie versucht sich in einer scheinbaren Ausgewogenheit: spricht von Sicherheit für die Bürger, ohne die faschistischen Übergriffe klar zu verurteilen.

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Ihre Lokal- und Regionalpolitiker in Torre-Pacheco und der Region Murcia leisten mit ihren Erklärungen den rechtsradikalen Aussagen Vorschub, nach denen Immigration mit Kriminalität gleichgesetzt wird – und das, obwohl noch immer ermittelt wird, wer tatsächlich hinter der Prügelorgie steckt, deren Opfer der 68-Jährige wurde.

Eine Bevölkerungsgruppe wird faschistischen Meuten ausgeliefert

Selbst wenn sich letztlich herausstellen sollte, dass es Jugendliche mit Migrationshintergrund waren, wäre das kein Grund, eine ganze Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht zu stellen und den faschistischen Meuten auszuliefern.

Die Haltung der PP in Spanien ist leider kein Einzelfall, sondern nur ein weiteres Beispiel dafür, wie das, was bisher als „gemäßigte Rechte“ oder „Mitte-rechts“ galt, zunehmend denen hinterherläuft, die nur eines im Sinn haben: Toleranz, Zusammenleben und letztlich die Demokratie zu zerstören.

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Wer – wie die PP auf Gemeinde- und Regionalebene – mit Rechtsextremen regiert und dies auch auf nationaler Ebene anstrebt, überschreitet eine rote Linie.

Auch in Deutschland liebäugeln manche mit einem solchen Bündnis und stellen sich damit selbst außerhalb der demokratischen Brandmauer. Diesseits kann es nur eine Antwort geben: eine klare antifaschistische Haltung und ein Zusammenstehen linker und liberaler Kräfte.

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Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
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