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Enquetekommission im BundestagLehren ziehen aus der Pandemie

Der Bundestag setzt eine neue Enquetekommission ein. Sie soll aufarbeiten, was während der Pandemie alles schief gelaufen ist – Maskendeals inklusive.

Lehren ziehen aus der Vergangenheit, das ist die Idee der Enquetekommission Foto: Tom Weller/dpa

Berlin taz | Der Bundestag hat am Donnerstag für die Einsetzung einer Enquetekommission zur Coronapandemie gestimmt. Rund zwei Jahre nach Ende der letzten Schutzmaßnahmen soll die Kommission jetzt untersuchen, wie sinnvoll einzelne Maßnahmen im Rückblick waren, und Lehren aus der Pandemie formulieren. Im September wird die Kommission ihre Arbeit aufnehmen, ihren Bericht soll sie dem Parlament im Sommer 2027 vorlegen.

Der Kommission sollen 14 Abgeordnete aller Fraktionen angehören. Außerdem werden die Fraktionen 14 externe Sachverständige bestimmen, die in der Enquete das gleiche Stimmrecht wie die Abgeordneten erhalten. Die Kommission darf Anhörungen abhalten und Gutachten in Auftrag geben. Ihre Ergebnisse sollen Grundlage für parlamentarische Entscheidungen sein.

Bei der Einsetzung der Enquete waren sich die Bundestagsabgeordneten ungewohnt einig, auch die Oppositionsparteien Linke und Grüne schlossen sich dem Antrag der schwarz-roten Koalition an. Die Ampelkoalition hatte vor ihrem vorzeitigen Ende auch eine Enquete geplant.

Der Union war es nun aber recht eilig mit der Einsetzung der Kommission. Am liebsten will sie hier nämlich auch das Thema Maskenbeschaffung endgültig begraben: Fraktionschef Jens Spahn steht unter Beschuss, weil er als ehemaliger Gesundheitsminister für massive teure Überbeschaffung verantwortlich war, es geht um einen Schaden in Milliardenhöhe. Die Oppositionsparteien fordern zusätzlich zur Enquete deshalb einen Untersuchungsausschuss, die Union will das vermeiden. Denn der könnte anders als die Enquete auch Privatpersonen als Zeugen vorladen und unter Eid befragen.

Zahme Aufarbeitung

Man wolle jetzt nach vorne schauen, Einigkeit und gesellschaftlichen Frieden suchen, sagte CDU-Politiker Hendrik Hoppenstedt am Donnerstag im Bundestagsplenum. Ein Untersuchungsausschuss sei das Gegenteil davon: „Da werden keine Lösungen und kein Konsens gesucht.“ Es brauche keine zwei Gremien für die Aufarbeitung. Dem widersprechen Grüne und Linke. Für einen Untersuchungsausschuss fehlen den beiden demokratischen Oppositionsparteien jedoch die Stimmen – weil sie nicht mit der AfD zusammenarbeiten wollen.

Die Enquetekommission wird sich auch mit der „Prävention von Wirtschaftsdelikten“ beschäftigen, unter diesem Punkt soll es unter anderem um die Maskendeals gehen. Das sei aber kein Ersatz für die notwendige und lückenlose Aufklärung von Spahns Maskendeals, sagte der Bundestagsabgeordnete Helge Limburg (Grüne). Trotzdem sei ein guter gemeinsamer Antrag gelungen. Auch Ateş Gürpınar, gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion, lobte den gemeinsamen Antrag. Die Linke setzt sich dafür ein, in der Enquete auch die Belange jener Menschen zu behandeln, die von Post-Covid betroffen sind.

Die Grünen wollen in der Enquete einen besonderen Fokus auf die Belastung von Kindern und Jugendlichen legen. Durch die monatelangen Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen hätten sie besonders zurückstecken und auf vieles verzichten müssen. Eine altersgerechte Umfrage soll klären, welche Auswirkungen das für sie hatte.

„Man muss zwar alle Entscheidungen im Spiegel der Zeit sehen, aber das darf kein Freifahrtschein sein: Auch damals gab es Warnungen“, befand Limburg. Manche Maßnahmen seien einfach zu hart, zu drastisch und zu weitreichend gewesen, zum Beispiel das Verbot, auf Parkbänken im Freien sitzen zu bleiben. Einschränkungen von Grundrechten wie der Versammlungsfreiheit seien nicht immer gut begründet gewesen. In Zukunft solle man genauer zwischen Freiheit und Schutz abwägen, so Limburg.

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1 Kommentar

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  • Mit der Kommission wird ein Untersuchungsausschuss umgangen und so zieht man Vetternwirtschafteler Spahn den selbstgerechten Kopf aus der äußerst angebrachten Schlinge.