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Zwischenwahlen in den PhilippinenDuterte gewinnt Wahl aus dem Gefängnis heraus

Der philippinische Ex-Präsident Duterte ist in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in U-Haft. In seiner Heimat wurde er zum Bürgermeister gewählt.

Kundgebung an Rodrigo Dutertes 80. Geburtstag am 28. März: In Davao im Süden der Philippinen haben die Dutertes ihre Machtbasis Foto: Eloisa Lopez/reuters

BERLIN taz | Der seit März im Gefängnis des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) in Den Haag sitzende philippinische Ex-Präsident Rodrigo Duterte hat die Wahl vom Montag zum Bürgermeister seiner Heimatstadt Davao City deutlich gewonnen. Nach dem vorläufigen offiziellen Ergebnis bekam der für seinen „Krieg gegen die Drogen“ mit bis zu 30.000 Toten mutmaßlich verantwortliche Politiker 662.630 Stimmen, sein Gegner dagegen nur 80.525.

Auch Dutertes jüngster Sohn Sebastian, der zuletzt die Stadt Davao mit ihren 1,8 Millionen Bürgern auf der südlichen Insel Mindanao führte und jetzt als Vizebürgermeister kandidierte, bekam achtmal mehr Stimmen als der nächstplatzierte Konkurrent.

Unklar ist, ob der 80-jährige Rodrigo Duterte sein Amt von Den Haag aus überhaupt antreten kann. Dafür müsste er zunächst vereidigt werden. Das wollen seine Anwälte mit dem IStGH aushandeln.

Der Gerichtshof wirft ihm Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, die er in seinen 22 Jahren als Bürgermeister Davaos wie einem Teil seiner Amtszeit auch als Staatspräsident begangen haben soll. 2019 traten die Philippinen unter Duterte aus dem IStGH aus, weshalb die restlichen Jahre seiner Amtszeit bis 2022 nicht mehr in dessen Mandat fallen.

Duterte-Clan hat jetzt insgesamt sieben politische Ämter

Scheitern die Verhandlungen in Den Haag, würde Sebastian Duterte kommissarisch den Bürgermeisterposten übernehmen. In den Philippinen darf jemand auch aus dem Gefängnis heraus kandidieren, bis er endgültig rechtskräftig verurteilt ist.

Bei der jetzigen Zwischenwahl wurden neben Bürgermeisterposten auch das ganze Repräsentantenhaus, der halbe Senat und weitere lokale Ämter besetzt. Drei weitere Mitglieder des Duterte-Clans erhielten Posten. Zwei andere, wie Dutertes Tochter Sara, die Vizepräsidentin und potenzielle Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen 2028 ist, standen jetzt nicht zur Wahl.

Für Sara Duterte ist es trotzdem wichtig, dass sie der neue Senat nicht wegen Korruption und mutmaßlicher Morddrohungen gegen den amtierenden Präsidenten Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr. des Amtes entheben und lebenslang für politische Ämter sperren kann. Dafür muss die Vizepräsidentin mindestens 9 der 24 Senatoren hinter sich haben.

Jetzt wurden laut aussagekräftigen Zwischenergebnissen je fünf als Duterte- bzw. Marcos-freundlich geltende Senatoren gewählt, zwei weitere gelten als unabhängig. Beobachter sehen dies als Erfolg der Dutertes, auch wenn Sara zunächst erklärte: „Das ist nicht, was wir erwartet haben.“

Auf Platz eins der Senatoren kam mit Christopher „Bong“ Go ein Vertrauter Dutertes, Platz drei ging an Ronald „Bato“ dela Rosa. Der war unter Duterte Polizeichef und deckte mutmaßlich die Todesschwadrone. Auch Go und dela Rosa droht eine Anklage in Den Haag.

„Verbreitung von Angst mit Effizienz verwechselt“

Der philippinische Politologe Aries Aruguay verweist darauf, dass der Populist Duterte trotz des blutigen Drogenkrieges zum Ende seiner Amtszeit noch beliebter war als zu Anfang: „Die Sichtbarkeit seiner Aktionen und ihre Verbreitung von Angst hielten viele für Effizienz,“ so Aruguay.

Dutertes Gegner hatten gehofft, dass die Anklage und Auslieferung dessen Beliebtheit stark schmälern würde. Stattdessen sehen ihn jetzt viele als Opfer einer Intrige von Präsident Marcos Jr. Als der nämlich noch mit Sara Duterte politisch verbündet war, hatte er vehement eine Zusammenarbeit mit dem IStGH und wie auch eine Auslieferung von Rodrigo Duterte abgelehnt.

Letztes Jahr kam es zum Bruch mit Dutertes Tochter, der Machtkampf brach offen aus. Präsident und Ex-Präsident warfen sich gegenseitig Drogensucht vor. Als Interpol einen internationalen Haftbefehl gegen Rodrigo Duterte vorlegte, ließ Marcos seinen Vorgänger festnehmen und innerhalb weniger Stunden ausliefern. Anders als beim IStGH sind die Philippinen Mitglied bei Interpol und damit zur Zusammenarbeit verpflichtet, wobei Marcos natürlich wusste, dass Interpol Duterte nur an den IStGH weiter reicht.

Doch statt sich wie offenbar erhofft so elegant Dutertes zu entledigen, schuf Marcos mit dessen Ausliefrung einen nationalistischen Märtyrer.

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