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Neue EU-Sanktionen gegen RusslandZuckerbrot statt Peitsche

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Auch das 17. Sanktionspaket der EU gegen Russland dürfte kaum Frieden in der Ukraine bringen. Statt nur Druck auszuüben, könnte man es mal mit Anreizen versuchen.

Gemeinsam mit den USA werde die EU maximalen Druck auf Putin ausüben. Von wegen! Bundeskanzler Merz am 10. Mai in Kyiw Foto: Capital Pictures/imago

B undeskanzler Friedrich Merz hat sich weit aus dem Fenster gehängt: Russland müsse sofort einem Waffenstillstand in der Ukraine zustimmen, sonst setze es knallharte Sanktionen. So drohte er gleich bei seinem Antrittsbesuch in Kyjiw Anfang Mai. Jetzt endlich verhängten die EU-Außenminister neue Strafen gegen Russland. Doch das 17. Sanktionspaket ist leider nicht besonders hart. Es folgt demselben routinierten Muster wie die 16 ihm vorausgehenden Strafmaßnahmen.

Merz hat den Mund zu voll genommen. Der geforderte Waffenstillstand blieb aus. Nicht nur ist Kremlchef Wladimir Putin über sein Ultimatum hinweggegangen – er hat die Angriffe auf die Ukraine sogar noch ausgeweitet. So markieren die jüngsten EU-Beschlüsse auch keinerlei Erfolg für Merz, sondern im Gegenteil: seine erste außenpolitische Niederlage. Der neue Kanzler hatte eine neue Ukraine-Politik versprochen – und ist gleich beim ersten Versuch krachend gescheitert.

Auch von US-Präsident Donald Trump kam keine Rückendeckung. Dabei hatte Merz in Kyjiw vor laufenden Kameras bestätigt, dass alles mit Trump abgestimmt sei. Gemeinsam mit den USA werde die EU maximalen Druck auf Putin ausüben. Von wegen! In seinem letzten Telefonat mit dem Kremlchef hat Trump neue Sanktionen offenbar nicht einmal erwähnt. Warum auch? Dem Republikaner geht es vor allem darum, lukrative Deals abzuschließen. In der Ukraine hat er dies geschafft, nun ist Russland an der Reihe.

Deutschland und die EU wären vor diesem Hintergrund gut beraten, ihren Kurs zu überdenken. Wenn 17 Sanktionspakete nichts gebracht haben, warum sollte es dann beim 18. – das bereits in Planung ist – anders laufen? Wenn Druck und Drohungen nicht helfen – warum versucht man es zur Abwechslung nicht mal mit Anreizen? Sanktionen waren eigentlich als diplomatisches Mittel gedacht, mit dem man Druck aufbauen, aber auch Entgegenkommen belohnen kann. Doch die EU hat diese Möglichkeit im Ukraine-Krieg nie genutzt. Es ist höchste Zeit für ein Umdenken.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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2 Kommentare

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  • Die Sanktionen implizieren doch einen Anreiz, wenn Russland den Krieg stoppt, werden im Gegenzug die Sanktionen wieder fallengelassen.

  • Wenn schon 17 Sanktionspakete nicht reichen den Tyrannen in die Schranken zu weisen, werden es 1 oder 17 Motivationspakete auch nicht ermöglichen. Das Problem ist nicht der Tyran, sondern die Personen, die sich die Sanktionspakete einfallen lassen. Da wird schon von Anfang an immer auch auf die eigene wirtschaftlichen Tasche geschaut. Anders ist es nicht zu verstehen, warum es beim 16 Sanktionspaket noch immer Öl- und Gaslieferungen aus Russland in die EU gibt, warum immer noch Uran aus Russland eingekauft wird, warum ... Ich behaupte mal einfach so, dass den Ausgestaltern der Sanktionspakete einfach das Engagement fehlt, da Ihnen keine Gleitbomben um die Ohren fliegen.