: Großes Interesse
Zwischendurch die Weltlage: ein Gang über die Buchmesse
Beim Empfang der Independent-Verlage wurde scharf chinesisch gegessen, bei der legendären Tropen-Party (längst legendär dafür, legendär zu sein) war die Musik dieses Jahr erfreulich hedonistisch fast-forward, es wurde getanzt, gequatscht und gehüpft, beim Suhrkamp-Essen im spanischen Restaurant ließ sich mit dem neuen Besitzer angeregt über Christoph Hein austauschen. Und in den Messehallen lief man ständig Karl Ove Knausgård und Christian Kracht über den Weg, und es war voll, trotz verbreiterter Gänge. Der Verkauf von Eintrittskarten musste zeitweise sogar eingeschränkt werden. Zu viele Menschen wollten sich die Lesungen und Verlagsprogramme ansehen. Wie sich dieses große Interesse zu den Hinweisen verhält, nach denen derzeit in ganz Deutschland viele Buchhandlungen schließen müssen, weiß man nicht recht.
Jedenfalls, die Messe scheint stabil. Zwischendurch brach immer mal wieder die Weltlage hinein. Sei es durch die Nachricht, dass Boualem Sansal in Algerien in einem erkennbar politischen Prozess zu fünf Jahren Haft verurteilt worden ist; auf der Eröffnungsfeier der Messe war für ihn symbolisch ein Platz freigehalten worden, die Anteilnahme ist groß. Oder sei es in den Dankesreden der Gewinner*innen des Leipziger Buchpreises. Thomas Weiler, der Übersetzungspreisträger, rief dazu auf, differenziert wahrzunehmen, was in Belarus und Osteuropa passiert. Irina Rastorgueva sprach die russischen Bomben an, die tagtäglich auf die Ukraine abgeschossen werden. Und Kristina Bilkau, die den Belletristikpreis bekam, drehte die Handlung ihres Romans so, dass eine Mutter versuche, Zuversicht für ihre Tochter zu gewinnen, die selbst aber lieber eine „Sprache der Aufrichtigkeit“ wünsche. Zuversicht versus Aufrichtigkeit – tatsächlich ein Thema für Literatur. Dirk Knipphals
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