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kritisch gesehenDie Natur als Komplizin

Das Museum für Photographie zeigt Braunschweigs kulturell geformte Wasserlandschaften

Preiswürdig: Jette Helds neuer Blick auf die Oker Foto: Jette Held

Streng sachlich ist der Titel der Ausstellung im Braunschweiger Museum für Photographie: „Kulturlandschaften. Wasser“ lautet er, genauso wie bereits der Wettbewerb, aus dem sie hervorgegangen ist und den der Verein „Braunschweigische Landschaft“ im vergangenen Jahr ausgelobt hatte.

Die Landschaft knüpfte damit an eine seit fast zehn Jahren brachliegende Tradition an. Gegründet, um das Bewusstsein für das kulturelle Erbe der Region zu wecken und die Verbundenheit der Menschen mit ihr zu stärken, hatte der Verein seit seinen Anfängen in den 1990ern Fo­to­gra­f:in­nen aufgefordert, Bilder einzureichen, die den typischen Charakter der Braunschweiger Lande einfangen. Als „Kulturlandschaften“ hatte man schon damals die sich ergebende Sammlung mit einem Begriff bezeichnet, der das Augenmerk auf zivilisatorische Formationen der Umwelt richtet, die geprägt ist von menschlichen Eingriffen aus Agrarwirtschaft, Industrie oder technischer Infrastruktur. Mit dem Aufbau der Sammlung wurde das Museum für Photographie betraut. Bis 2016 wurden zyklisch Ausstellungen aus dem wachsenden Fundus bestritten. Die letzte firmierte unter dem Projekttitel: „Das regionale Gedächtnis“.

Der Wettbewerb im vergangenen Jahr hat nun für ein Update gesorgt. Aus den über 100 professionellen Bewerbungen, die eingingen, sind vier Fi­na­lis­t:in­nen für die Ausstellung ausgewählt worden: die Preisträgerin Jette Held aus dem Harz sowie Oscar Lebeck aus Leipzig, Kai Löffelbein aus Hannover und Yana Wernicke aus Hochheim am Main. Ihren Arbeiten sind jeweils Auszüge aus den Beständen zur Seite gestellt: thematisch Korrespondierendes oder Bildkommentare von Heinrich Heidersberger, Uwe Brodmann, Heinrich Riebesehl, Christa Zeißig und weiteren.

Kulturlandschaften. Wasser, Museum für Photographie, Braunschweig. Bis 20. 4.

Jette Held ist besonders eng am Thema geblieben: Sie hat eine Woche lang die Oker erwandert, dabei 75 Kilometer zurückgelegt. Gleich einer Naturforscherin hat sie kartiert, notiert und natürlich fotografisch festgehalten, was ihr typisch und bemerkenswert erschien. Als Medium wählte sie unter anderem das Fotogramm, also direkt vor Ort ohne Kamera erstellte Unikate. Sie bettet Barytpapier in den Flusslauf, ließ sich Lichtsituationen, Über- und Unterwasserflora, Bodendetails oder die Fließgeschwindigkeit selbst abbilden. Ihre Arbeit präsentiert sie als vielteiliges Tableau aus verschiedenen Formaten, dazu kommen drei lange Fotobahnen: Ausbeute einer am Fuß getragenen Unterwasserkamera. Die Natur wurde zur Komplizin, so die Würdigung der Wettbewerbsjury, wir sind „koevolutionärer Teil der Natur, die es zu achten, zu verstehen und mit der es zu kooperieren gilt“. Oscar Lebeck zog es ins Helmstedter Braunkohlerevier, das er mit eingestellten runden Spiegeln verfremdete. Kai Löffelbein spürte innerstädtische Orte nahe Braunschweigs Okerufern auf, das Heizkraftwerk etwa oder die Brücke zum Staatstheater. Yana Wernicke interessierte, was sich dort findet, wo in grauer Vorzeit einmal Wasser war, im Jurameer Schandelah: das Skelett eines Ichthyosauriers etwa oder das pittoreske Fossil eines Fisches. Bettina Maria Brosowsky

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