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Disziplinarklage gegen Ulrike B.Bremer Bamf-Chefin soll Pension verlieren

Im Strafprozess rund um den „Bamf-Skandal“ blieb 2021 wenig übrig von den Vorwürfen gegen Ulrike B. Das Amt legt dennoch eine Disziplinarklage nach.

Angeklagt sein, das kennt sie schon: Ulrike B. (sitzend) 2021 während des Strafprozesses um den sogenannten Bamf-Skandal Foto: Michael Bahlo/dpa

Bremen taz | Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zieht Ulrike B. weiter vor Gericht: Nachdem die Behörde der suspendierten ehemaligen Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle schon disziplinarrechtlich die Bezüge gekürzt hat, ist nun auch noch eine Disziplinarklage gegen B. anhängig.

Die ermöglicht, die schärfsten Mittel des Beamten- und Disziplinarrechts zu anzuwenden: eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und den Verlust der Pensionsansprüche. Die Klage wurde bereits im vergangenen August beim Bremer Verwaltungsgericht eingelegt, wie der Spiegel am Freitag berichtete.

Beim sogenannten „Bamf-Skandal“ war 2018 kolportiert worden, dass in der Bremer Außenstelle unter Leitung von B. massenhaft Asylanträge falsch beschieden wurden – systematisch seien Asyl­be­wer­be­r*in­nen zu Unrecht Aufenthaltserlaubnisse erteilt worden. Medien und Po­li­ti­ke­r*in­nen sprachen von „bandenmäßiger Kriminalität“, Vorwürfe der Korruption standen im Raum.

Viele Medien hatten ihr Urteil vielfach schon getroffen, zeitweise durfte die Bremer Außenstelle des Bamf gar keine Asylanträge mehr bearbeiten. Bremer Staatsanwälte wandten sich an Medien mit ehrenrührigen Falschmeldungen über B.s Privat- und Liebesleben.

Vorwürfe hatten kaum Substanz

Erst als der Strafprozess 2021 näher rückte, wurde klar: Die Vorwürfe hatten kaum Substanz. War ursprünglich von mehr als tausend Fällen und von drohender Haftstrafe die Rede, wurde am Ende keine einzige ausländerrechtliche Straftat in der Anklageschrift zugelassen.

Eine Innenrevision von 80.000 Fällen, die das Bremer Bamf beschieden hatte, zeigte zudem: Nur etwa 50 Entscheidungen waren klar falsch – die Bremer Behörde hatte damit eine bessere Quote als der Bundesschnitt.

Übrig blieben in der Anklageschrift zum Strafprozess nur knapp zwei Dutzend Vorwürfe: Darin ging es um mögliche Vorteilsnahme (der Mitangeklagte Anwalt Irfan C. hatte eine Hotelübernachtung von B. für 65 Euro gezahlt), um mögliche Vertuschung (einige Mails, die gelöscht oder in andere Ordner verschoben worden waren) und um möglichen Geheimnisverrat (B. hatte Anwälten Dokumente weitergeleitet, etwa standardisierte Fragebögen für Asylantragsstellende, die nicht öffentlich, sondern als Verschlusssache für den Dienstgebrauch klassifiziert waren). Verurteilt wurde nichts davon: Der Prozess wurde eingestellt, gegen eine Zahlung von 10.000 Euro durch Ulrike B.

Ob es in der Disziplinarklage darum gehen wird, genau diese Vorwürfe aufzuarbeiten, oder ob weitere Punkte im Raum stehen, ist nicht klar: Weder das Bamf noch der Anwalt von Ulrike B. sprechen aktuell darüber, welche Punkte im Verfahren verhandelt werden könnten.

Die Bezüge wurden Ulrike B. bereits um die Hälfte gekürzt

Auch das Verwaltungsgericht kann sich noch nicht äußern, obwohl die Disziplinarklage schon im vergangenen August eingegangen ist: Die Klageschrift ist laut Verwaltungsgericht umfangreich – von über 300 Seiten ist die Rede; ob es überhaupt noch in diesem Jahr zu einer Verhandlung kommt, ist unklar.

Wenn es irgendwann losgeht, kann auch das Verfahren selbst sich noch ziehen: Da das Strafverfahren 2021 eingestellt wurde, gibt es für das Verwaltungsgericht auch kein Bindungsurteil. Die Disziplinarkammer müsse alles selbst aufarbeiten, so Richter Jens Bogner als Sprecher des Gerichts.

Schon bisher werden der suspendierten B. die monatlichen Bezüge um die Hälfte gekürzt; B. klagt dagegen in einem Eilverfahren, die Entscheidung selbst konnte vom Bamf aber zunächst ohne Gerichtsurteil getroffen werden. Das unterscheidet dieses mildere disziplinarrechtliche Mittel von dem scharfen Schwert „Entfernung aus dem Beamtenverhältnis“, das nach altem Recht, unter das B. noch fällt, nur durch ein Gericht ausgesprochen werden kann.

Ein Ende des Beamtenverhältnisses würde für die ehemalige Leiterin der Bremer Behörde die Aberkennung des Ruhegehalts bedeuten. Das heißt nicht, dass sie im Ruhestand überhaupt kein Geld bekäme: Das Bamf müsste die mittlerweile 65-Jährige nachträglich in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern. Einen finanziellen Nachteil bedeutet das für B. aber auf jeden Fall.

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3 Kommentare

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  • Angestellte werden wegen "Unterschlagung" eines Wertcoupons von EUR 1,30 entlassen. Das ist sicherlich noch unangemessener.

    Trotzdem gilt: Wo rauch ist, ist auch Feuer. Warum sonst sollte die Behörde in dem Linkem Stadtstaat Ihrer Dienerin gegenüber so robust auftreten?

    Das ist vielleicht der Vorteil in einem kleinen Laden. Wir sind froh, wenn Sachen abgeschlossen sind und uns nicht noch Monate und Jahre belasten.

    • @Dr. Idiotas:

      Natürlich ist die Entlassung wegen Mitnahme eines Wertcoupons indiskutabel. Der Schaden durch Halbierung der Bezüge oder gar der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist aber eine ganz andere Nummer. Das bedeutet, wenn man nicht am Anfang des Berufslebens steht, Altersarmut als Disziplinarstrafe.

  • Wow, die können ihr ohne Gerichtsurteil mal eben die Bezüge halbieren? Das klingt ziemlich nach Autoritarismus.