Maschinenraum der Sicherheitskonferenz: Macher, Männer, Netzwerker
Benedikt Franke, CEO und Vize-Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, war bislang die Eminenz im Hintergrund. Jetzt tritt er ins Rampenlicht.
![Polizei und Sicherheitspersonal rückt den roten Teppich zurecht in nasskaltem Wetter Polizei und Sicherheitspersonal rückt den roten Teppich zurecht in nasskaltem Wetter](https://taz.de/picture/7530149/14/37669593-1.jpeg)
Sie alle fallen in München wie ein globaler Schwarm ein, um die geopolitische Lage zu sortieren, Ukraine, Gaza, Grönland, Zollstreit undsoweiterundsofort; oder um Deals der einen oder anderen Art zu machen. Nur: irgendwer muss diesen Schwarm zu einem sinnigen Programm kombinieren und ihn in die vielen Hinterzimmer lenken. Dieser Mann heißt Benedikt Franke.
Man könnte Franke, der ein Buch über Diplomatie als Kunst und Handwerk mitherausgegeben hat, selbst als eine Mischung aus Künstler und Handwerker der Diplomatie bezeichnen. Der CEO der Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag eröffnet wird, ist zugleich ihr Vize-Vorsitzender. Der CEO, das ist der Handwerker, er führt das Tagesgeschäft.
Und der Vize-Vorsitzende parliert derweil inmitten der Staatschefs, als habe er selbst eine demokratische Legitimation. Überraschend, nicht zuletzt für ihn selbst, wird Franke in diesem Jahr die zweite Seite in sich stärker betonen müssen, die, die ihm eher die zweitliebste ist. Denn sein Chef, der Vorsitzende der MSC, ist ihm gerade abhanden gekommen. Plötzlich steht Franke mit im Fokus.
Wenn am Sonntag der Schwarm wieder ausgeflogen ist, wenn wieder Stille in die Säle, Flure und die Hinterzimmer eingekehrt sein wird, dann wechselt der Vorsitz der MSC. Botschafter Christoph Heusgen übergibt die Leitung an Jens Stoltenberg, der bis 2024 Nato-Generalsekretär war. Es ist aber nicht nur Heusgen, der abhanden kommen wird. Bevor Jens Stoltenberg seinen Job überhaupt angetreten hat, ist er Anfang Februar einem Ruf aus Norwegen gefolgt und wirkt bis (voraussichtlich) September als Finanzminister im Kabinett in Oslo.
Für die Bundesregierung, die die MSC traditionell beaufsichtigt, ist das irgendwas zwischen Schmach und Desaster, es sieht so aus, als habe das Kanzleramt den unglücklich agierenden Heusgen unter anderem wegen dessen Israelkritik abserviert – um dann selbst vom Nachfolger abserviert zu werden.
Ein begnadeter Netzwerker und das Kickerturnier
Damit rückt nun der Mann in den Blick, der bislang die Eminenz im Hintergrund gewesen ist, der aber maßgeblich beteiligt ist an der internationalen Strahlkraft und der Weiterentwicklung der Konferenz in den vergangenen Jahren. Fluchtbewegungen, Ernährungssicherheit, feministische Perspektiven und klimapolitische Sicherheitsfragen, all das gehört inzwischen zum Programm der einstigen Militärtagung.
Denn die fortschrittlicheren Kräfte in Politik und Militär haben verstanden, dass Sicherheit komplexer ist als die Gegenüberstellung von Armeen und Gerät und dass nicht immer nur weiße Männer auf jeder Bühne dominieren müssen. Wobei sich angesichts der Weltlage der Schwerpunkt der Konferenz wieder mehr in Richtung Krieg und Frieden verschiebt, wohin genau (Krieg oder Frieden) ist noch nicht ausgemacht und wird maßgeblich von den Gästen aus Washington abhängen, die für ein paar Stunden einschweben.
Franke, im früheren Leben Strategieberater der CSU und davor persönlicher Referent des ehemaligen Generalsekretärs der UN, Kofi Annan, sei ein „begnadeter Netzwerker“, sagen Freunde und Kollegen, kein Mann, der die Kameras sucht. Und das soll trotz der gewachsenen Bedeutung vorerst auch so bleiben. „Ich werde sicher nicht in die Öffentlichkeit drängen, sondern weiter im Hintergrund dafür sorgen, dass der Maschinenraum der MSC funktioniert.“
Für Stoltenberg, den Noch-nicht-da-und-schon-wieder-weg-Chef der Sicherheitskonferenz, wird ein Büro in Oslo eingerichtet, wo er neben seinem Hautberuf gelegentlich vorbeischauen wird. Und da Stoltenberg der erste nicht-deutsche MSC-Vorsitzende ist, stellt Franke die Arbeitssprache auf Englisch um.
Was auf der MSC traditionell bestens funktioniert, Putin hin, Trump her, ist das abendliche Kicker-Turnier am Rand der Konferenz, bei dem schon mal John Kerry mitgekickert hat, als er noch US-Außenminister war. Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt ist verlässlich dabei, der laut Beobachtern eine harte Verteidigung spielt.
Auf die Frage, ob der mehrmalige Turnier-Sieger Schmidt besser kickert als er Politik macht, antwortet Franke diplomatisch: „Wolfgang Schmidt ist ein hervorragender Kicker-Spieler und weiß solche informellen Formate auch sehr gut für seine eigentlichen Aufgaben zu nutzen.“ Man könnte auch sagen: So ist die MSC, Macher, Männer und Netzwerker unter sich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!