: Die Nordsee: Klimaschutz und Zielkonflikte
Angrenzende Kommunen, Umweltverbände und Industrie fordern mehr Augenmerk der Politik
Besserer Naturschutz und mehr Planbarkeit bei Energie- und Verkehrspolitik: Die Forderungen an die künftige Meerespolitik einer neuen Bundesregierung sind vielfältig. Strom aus Wind und Sonne spielt für die aktuelle Bundesregierung eine Schlüsselrolle, um Klimaschutzziele zu erreichen – Windenergie auf der deutschen Nordsee gibt es seit 15 Jahren. Doch durch Verzögerungen beim Netzausbau könnte das für 2030 gesteckte Ziel von mindestens 30 Gigawatt aus Offshore-Windenergie scheitern, wie Branchenverbände diese Woche mitteilten. Die Offshore-Industrie fordert deshalb mehr Verlässlichkeit. „Der Ausbau der Offshore-Windenergie steht vor entscheidenden Weichenstellungen. Die neue Bundesregierung hat alle Möglichkeiten, um die Rahmenbedingungen so zu verstetigen und zu verbessern, dass die Investitionssicherheit gewährleistet ist und gleichzeitig die Klimaziele erreicht werden“, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung mehrerer Organisationen. Aus Sicht der Branche ist vor allem wichtig, am gesetzlich geregelten Ausbaupfad festhalten, Offshore-Windparks besser schützen und Häfen als Ausgangspunkte für Montage, Logistik und Wartung von Offshore-Windenergieanlagen ausbauen.
„Gesunde Meere und Küsten sind unverzichtbar im Kampf gegen die Klima- und Biodiversitätskrise“, sagte der Leiter des WWF-Wattenmeerbüros, Hans-Ulrich Rösner. Daher müsse die nächste Bundesregierung viel für den Meeresschutz tun und dazu vor allem den Druck der wirtschaftlichen Nutzungen auf die Natur in Nordsee und Wattenmeer verringern. So sei aus Sicht des WWF eine Umstrukturierung der regionalen Fischerei zu mehr Nachhaltigkeit notwendig und sollte gefördert werden. „Im Gegenzug müssten große fischereifreie Zonen in den Wattenmeer-Nationalparken und den anderen Meeresschutzgebieten geschaffen werden, damit sich die Unterwasserwelt dort wieder erholen kann.“ Der Ausbau der Offshore-Windenergie sei richtig, dieser müsse sich aber nach den ökologischen Belastungsgrenzen richten. „Es ist auch sehr wichtig, beim Bau und Betrieb der Anlagen naturverträgliche Methoden zu verwenden.“ In Meeresschutzgebieten sollen den Angaben zufolge auf keinen Fall Windparks gebaut werden dürfen.
Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste
Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) setzt darauf, dass die neue Bundesregierung der Sicherheit der Schifffahrt höchste Priorität einräume. Es gelte Havarievermeidung vor Havariemanagement, sagte der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft, Gerd-Christian Wagner, in der sich nach eigenen Angaben rund 200 Mitglieder, darunter Kommunen, Naturschutzvereine und Verbände, zusammengeschlossen haben. Eine einzige folgenschwere Havarie könne ausreichen, die Nordsee mit ihrem Wattenmeer sowie den Mündungsbereichen von Elbe, Weser und Ems als Lebensraum für Menschen und Tiere zu zerstören. Deshalb ist es aus Sicht der Schutzgemeinschaft nötig, dass die gesamte südliche Nordsee „lückenlos und ausfallsicher“ überwacht werde und ausreichend viele Schiffe zur Schadstoffbekämpfung zur Verfügung stehen. Außerdem fordert der Verband von einer neuen Bundesregierung mehr Einsatz gegen sogenannte Ewigkeitschemikalien, kurz PFAS, in der Umwelt. „Heute bilden nicht mehr verklappte Dünnsäure oder große Ölmengen das Problem der Meeresverschmutzung, sondern viel mehr Müll in Form von Kunststoffen sowie Ewigkeitschemikalien in Form von PFAS-Mikroteilchen“, so Wagner. (dpa)
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