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Habemus Intendanz

Matthias Lilienthal kehrt an die Berliner Volksbühne zurück

Weißer Rauch über dem Rosa-Luxemburg-Platz. Wie Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) am Freitag verkündete, wird Matthias Lilienthal die Intendanz der Volksbühne übernehmen. Er tritt damit in die Fußstapfen des vor einem Jahr überraschend verstorbenen René Pollesch. Ein ganz Neuer ist Lilienthal freilich nicht. In den neunziger Jahren war er Chefdramaturg und stellvertretender Intendant unter Frank Castorf.

Er wirkte maßgeblich am rebellischen Geist dieses Hauses mit, der einen auch viele Jahre nach Castorfs erzwungenem Abschied noch anweht. Lilienthal jedoch hat sich seit seinem Abschied 1998 emanzipiert. Er verantwortete seither erfolgreich Festivalprogramme, leitete das Berliner HAU und übernahm 2015 die Münchner Kammerspiele, womit ein spannendes Experiment begann. Mit so einem fremdelten sie dort persönlich, und mit seinem Theater, das dem Münchner Publikum Performatives, Freieres und Offeneres zumutete. Lilienthal kann Widerstand aushalten, auch das qualifiziert ihn für den neuen Job. Denn man hat hier nicht vergessen, dass er einst Chris Dercon als Intendanten ins Spiel brachte. Lilienthal selbst steht für vieles, womit Dercon programmatisch scheiterte: für Internationalisierung, Mehrsprachigkeit, eine Öffnung hin zu anderen Disziplinen, zu Tanz, bildender Kunst, Kino. Droht hier die Gefahr, dass sich die Geschichte wiederholt? Nein, weil Lilienthal anders als Dercon das Haus und die Stadt kennt und sie – in ihren berechtigten Ansprüchen wie auch in ihren Neurosen – zu nehmen weiß.

Klar, Lilienthal ist nicht die spannendste Wahl, schon weil er nicht selbst Regie führt. Dafür bekommt er Unterstützung von der Performancekünstlerin Florentina Holzinger, deren feministische Stuntshows viele Bewunderer gewonnen haben, sowie von der Choreografin Marlene Monteiro Freitas. Beide werden Teil der neuen künstlerischen Leitung. Leicht wird es nicht, das Haus aus den Klauen der eigenen Geschichte zu retten. Die Castorf-Ära wiegt noch schwer, nach seiner Demission kam die Bühne kaum wieder auf die Beine. Zudem ist man auch hier von den Haushaltskürzungen betroffen. Mit Lilienthal, so die Hoffnung, kann sich die Volksbühne finanziell, strukturell und künstlerisch konsolidieren. Michael Wolf

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