: Klangmaschinen
Musikproduzent Michael Soltau hat am Kotti ein Synthesizer Museum eröffnet
Von Andreas Hartmann
Überall blubbert, zwitschert und brummt es. Man befindet sich bei der Eröffnungsparty des neuen Synthesizer Museums in Berlin, das ab sofort täglich außer dienstags geöffnet hat. Und da der Clou ist, dass man hier die elektronischen Instrumente, die seit den Sechzigern die Musik in so gut wie jedem Genre verändert bis revolutioniert haben, nicht bloß bestaunen, sondern auch auf den allermeisten spielen darf, machen die ersten Gäste von dieser Möglichkeit auch ordentlich Gebrauch.
50 Synthesizer sind in vier Räumen ausgestellt. Das Spektrum reicht von einem Allerweltssynthie wie dem DX7 von Yamaha, der sich in den Achtzigern millionenfach verkaufte und auch heute noch bei Alleinunterhaltern beliebt ist, bis zu legendären Maschinen wie dem analogen halbmodularen System 100, das die japanische Firma Roland nur ein paar Jahre lang Mitte der Siebziger vertrieb und das heute von Liebhabern gesucht wird.
Sämtliche Geräte kommen aus der Privatsammlung von Michael Soltau, dem Leiter des Museums. Das, nebenbei bemerkt, zwar Synthesizer Museum heißt, streng genommen aber kein Museum ist, wie Soltau erklärt. Um im Berliner Museumsverband aufgenommen zu werden, müsste man Auflagen erfüllen, die am aktuellen Standort nicht zu erfüllen seien, sagt er. Beispielsweise müsste Barrierefreiheit gewährleistet sein. Was hier, direkt am Kottbusser Tor, zwischen Rewe und Paloma Bar im zweiten Stockwerk, derzeit nicht zu meistern sei. Es sei eh unklar, wie lange das Synthesizer Museum in den ehemaligen Räumen des nach Friedrichshain umgezogenen Modularsynthesizer-Spezialisten Schneiders Laden bleiben werde. Ein Jahr sei geplant, dann: mal schauen.
Soltau ist Musikproduzent und seit den Achtzigern vertraut mit Klangmaschinen. Irgendwann in den Neunzigern, als alle dachten, man könne sich die Geräte sparen und stattdessen die nötige Software für den Computer zulegen, habe auch er viele seiner alten Kisten verkauft. Extra für sein Museumsprojekt habe er deshalb ein paar Exemplare für inzwischen gestiegene Liebhaberpreise neu besorgen müssen.
Das mit der Liebhaberei ist ja der eine Aspekt, der diese Ausstellung reizvoll macht. Die meisten der ausgestellten Geräte wurden von den einschlägigen Herstellern wie Korg, Buchla, Roland oder Yamaha nur für einen bestimmten Zeitraum produziert. Ein paar Jahre später galten sie bereits als veraltet und man brachte ein neues Produkt auf den Markt. Doch seit einer Weile entdecken junge Produzenten und Produzentinnen wieder, wie reizvoll es sein kann, nicht nur am Laptop zu arbeiten, sondern auch an den Knöpfen und Schaltern dieser alten Vintage-Kisten herumzudrehen. Die Preise für diese stiegen also enorm an und so ist es für viele ein Traum, einen Buchla 100 aus den Sechzigern, den man sich eh nicht leisten kann, überhaupt einmal betrachten und sogar noch auf ihm herumspielen zu können.
Zu den meisten der Instrumente gibt es Informationen, welcher Musiker oder welche Musikerin dieses benutzt oder gar ikonisch gemacht hat. Auf welchem Gerät wurde beispielsweise die berühmte Synthie-Fanfare in dem Überhit „The Final Countdown“ von Europe eingespielt? Auf einem Roland JX-8P.
Und dann steht in einer Ecke noch ein Yamaha CS-80. Aber nicht irgendeiner, sondern wahrscheinlich exakt das Gerät, mit dem Bruce Springsteen und Band ihr Album „Born in the USA“ eingespielt haben. Herumspielen auf diesem darf man als Besucher oder Besucherin deswegen ausnahmsweise nicht.
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