Migration nach Großbritannien: UK verschärft Migrationsgesetz
Flüchtlinge, die per „gefährlicher Einreise“ illegal kommen, können keine Staatsbürger mehr werden. Das steht jetzt in der Richtlinie zur Einbürgerung.
![Migranten machen sich im französischen Wimereux auf den Weg nach Großbritannien Migranten machen sich im französischen Wimereux auf den Weg nach Großbritannien](https://taz.de/picture/7527803/14/36226886-1.jpeg)
Die Aktualisierung erfolgte zeitgleich mit neuen parlamentarischen Initiativen der Labour-Regierung zur Einwanderungspolitik. Die Regierung will neue Strafen und erhöhte Strafmaße für die Organisation und Beihilfe zur illegalen Einwanderung einführen. Die automatische Abschiebung illegal eingewanderter Asylbewerber:innen hingegen, erst 2023 von den Konservativen beschlossen, soll abgeschafft werden.
Die illegale Flüchtlingseinreise aus Frankreich auf kleinen Booten über den Ärmelkanal ist seit Jahren Lieblingsthema rechter und rechtsextremer Politik in Großbritannien. 45.772 Menschen kamen im Jahr 2022 auf diesem Weg ins Land und wurden ins Asylverfahren aufgenommen, ein Rekordwert. 2023 sank die Zahl unter anderem wegen eines Rückführungsabkommens mit Albanien auf 29.437, 2024 stieg sie wieder auf 36.816.
Ohne Rechtsanwalt keine Chance
Am Montag noch hatte der innenpolitische Sprecher der Konservativen, Chris Philip, die von Labour geplante Aufhebung des Gesetzes von 2023 zur illegalen Einwanderung, welches just die Aussicht auf britische Staatsbürgerschaft für illegal eingereiste Personen ausschloss, bemängelt.
Der auf Staatszugehörigkeitsfragen spezialisierte Rechtsanwalt Adrian Berry erklärte der taz, dass die Aktualisierung der Richtlinien vielen Menschen die Möglichkeit auf Staatsbürgerschaft rauben könne, trotz Raumes für rechtliche Interpretationen. „Das Problematische ist, dass man dazu einen kompetenten Rechtsanwalt benötigt. Eine Normalperson, die keinen hat, ist hier chancenlos.“
Flüchtlingen und anderen Personen, die auf ordnungswidrigen Wegen ins Land einreisten, sei somit der letzte wesentliche Schritt zur Integration verwehrt. Gerade im Fall von Flüchtlingen sei dies ein Bruch der Genfer Flüchtlingskonvention. Diese lautet: „Die vertragschließenden Staaten werden so weit wie möglich die Eingliederung und Einbürgerung der Flüchtlinge erleichtern. Sie werden insbesondere bestrebt sein, Einbürgerungsverfahren zu beschleunigen und die Kosten dieses Verfahrens so weit wie möglich herabzusetzen.“ Dies sei damit auch in Großbritannien geltendes Recht.
„Auf der einen Seite werden eingewanderte Personen dafür kritisiert, dass sie sich nicht integrieren würden, auf der anderen lässt man es also nicht zu, dass sie sich integrieren“, so Berry. „Es geht hier um die Wahlbeteiligung und Beteiligung an den Rechtsprozessen als Bürger statt nur als deren Objekt. Es hat auch psychische Auswirkungen und gibt ihnen das Gefühl, Bürger zweiter Klasse zu sein.“ Keine einzige Person werde dadurch davon abgehalten, den Ärmelkanal zu überqueren.
Konservative Kemi Badenoch: Staatsbürgerschaft ist Privileg
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte der taz, dass es bereits Regeln gäbe, welche jenen, die illegal ins Land einreisten, die Einbürgerung verwehrten. „Die Richtlinien stärken Maßnahmen, die klarstellen, dass jede Person, welche sich illegal in das Vereinigte Königreich begebe, den Antrag auf Staatsbürgerschaft verwehrt bekommt.“
Auch Labour-Hinterbänklerin Stella Creasy kritisierte die neue Richtlinie. „Es ist unlogisch, Flüchtlingen zu erlauben, im Vereinigten Königreich zu bleiben, aber ihnen die Staatsbürgerschaft zu verwehren, wenn es keine sicheren gesetzmäßige Einreisemöglichkeiten gibt“, sagte sie der BBC.
Bei der wöchentlichen Fragestunde im Parlament musste Premierminister Keir Starmer ebenfalls Fragen zur Staatsbürgerschaft von Flüchtlingen beantworten. Die konservative Oppositionsführerin Kemi Badenoch betonte, dass Staatsbürgerschaft ein Privileg und kein automatisches Recht sei.
Konkret ging es um ein Gerichtsurteil, dass einem palästinensischen Flüchtling das Bleiberecht für sechs weitere Familienmitglieder gab, indem der Richter ein Sondergesetz für ukrainische Staatsbürger:innen anwendete. Auf Badenochs Kritik daran antwortete Starmer, es handele sich um eine Gesetzeslücke, die nun geschlossen werde.
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