: Wieesweitergeht
Was brauchen Protestbewegungen um durchzuhalten? Darauf wollte unsere Autorin Antworten finden – und merkte dabei, dass schon ihre Frage Teil eines großen Irrtums ist
Von Friederike Gräff
Vor kurzem war ich bei einem Prozess gegen ein Mitglied der Letzten Generation. Ein schmaler junger Mann, Mitte 20, Solarbauer. Er war angeklagt, weil er Farbe an die Hamburger Uni gesprüht hatte und in der ersten Reihe im Gericht saß eine Schulklasse. Im letzten Prozess gegen Mitglieder der Letzten Generation, bei dem ich war, hatten die beiden Angeklagten Reden gehalten, in denen sie mit aller Leidenschaft erklärt hatten, warum der Kampf gegen die Klimakatastrophe so dringlich sei. Nun saß da also eine Schulklasse, was für ein Publikum, und der Angeklagte sagte – nichts. Nichts, außer, dass er bei der Letzten Generation aufgehört hat und mit anderen Aussteiger:innen jetzt einen Lebenshof für Schlachttiere plant.
Hinterher, auf dem Flur vor dem Gerichtssaal, sagte der Solarbauer noch, dass er alles versucht hat: gespendet, demonstriert, blockiert. Vergeblich, sagte er, das 1,5-Grad-Ziel sei verfehlt. „Ich habe keine Hoffnung mehr“, meinte er, der nicht wie ein Typ für Pathos wirkte. Nur für einen kurzen Moment belebte er sich, als es um die Leute ging, mit denen er sich zusammengeschlossen hatte und um das Schwein, das fast der erste Bewohner des Gnadenhofs geworden wäre, das dann aber doch woanders unterkommen musste.
Der Solarbauer auf dem Flur war wie ein Licht, das man ausgeknipst hat, und der Ausgangspunkt für meine Frage: Wie halten Protestbewegungen Durststrecken aus? Wie motivieren sich Aktivist:innen, wenn sie beim Aufstehen in den Nachrichten hören, dass Klima kein Thema im Wahlkampf ist und abends, bevor sie ins Bett gehen, noch die Bilder der jüngsten Waldbrände sehen? Es sollte eine Weile dauern, bis ich verstand, dass diese Fragen das eigentliche Problem sind.
Wer durchhalten will, muss sich vorbereiten
Aktivist:innen haben vorhergesehen, dass es mühsame Phasen geben wird. Bei der Letzten Generation etwa werfen diese bereits auf der Internetseite ihren Schatten voraus, unter Werten, Punkt sechs: „Wir kommunizieren unsere eigenen Grenzen, zum Beispiel wenn wir unsere Aufgaben nicht mehr erfüllen können.“ Sie versprechen sich selbst keinen Rosengarten vom Protest.
Es gibt die verschiedensten Angebote für Leute, die sich überfordert oder ausgebrannt fühlen, sei es bei den Psychologists for Future oder beim Verein Rückendeckung für eine aktive Zivilgesellschaft. Ein möglicher Beratungsgrund dort sind „Gefühle der Hoffnungslosigkeit“. Allerdings: Was in der Theorie abgedeckt ist, kann in der Praxis trotzdem fehlen.
Ein Telefonat mit Manon Gerhardt, Sprecherin von Extinction Rebellion in Berlin. Gerhardt, hauptberuflich Bratschistin bei der Deutschen Oper Berlin, arbeitet seit drei Jahren im Presseteam, sie ist bei der Aktionsplanung dabei und leitet außerdem Kreativ-Workshops, um neue Aktionsideen zu entwickeln. Wenn man eine E-Mail an die Presseadresse schickt, passiert erst einmal nichts. Gerhardt ist mittlerweile die Einzige im Presseteam. „Es kann schon sein, dass ich den Leuten hinterher trauere“, sagt Manon Gerhardt. „Die Fluktuation ist schwierig.“ Ist sie auch zornig, enttäuscht? „Nein, es triggert eher die Frage: Finde ich es noch gut hier?“ Vor drei Jahren stellte sich niemand diese Frage; die Treffen platzten aus allen Nähten. Schon damals, von Beginn an, versuchten die Aktivist:innen, dem Ganzen Stetigkeit zu geben. Sie trafen sich in Präsenz, schenkten Tee aus, gingen Bier trinken, damit echte Bindungen entstehen können. Sie haben alles richtig gemacht.
Die Leute von Extinction Rebellion schrieben schon in die DNA der Bewegung, dass sie einen anderen, sorgenden Umgang nicht nur in Sachen Klima, sondern auch miteinander haben wollen. Sie schufen Strukturen, die Erschöpfte auffangen sollen. Nur, sagt Gerhardt, dass derzeit schlicht nicht mehr genügend Leute da sind, um die Struktur zu füllen.
Zu der Erschöpfung kommt das Gefühl des Scheiterns. „Wir haben literally nichts erreicht“, sagt Gerhardt. „Keine unserer Forderungen ist erfüllt und seit dem Ukrainekrieg redet niemand mehr vom Klima.“ Ich höre ihr zu und denke, wie klingt Erschöpfung, wenn nicht so? Aber sie klingt noch nach etwas anderem. Nach Stufe fünf von Bill Moyers Movement Action Plan, für Eingeweihte kurz MAP.
Das Gefühl von Machtlosigkeit ist unvermeidlich
Bill Moyer war ein US-Bürgerrechtsaktivist, der eigentlich überall dabei war: beim Kampf gegen rassistische Wohnungspolitik, bei der Poor People’s Campaign, beim American Indian Movement und beim Vietnamprotest. Im Jahr 1978 sollte Moyer auf einer Konferenz von Atomkraftgegner:innen sprechen, er erwartete, dass sie voller Stolz auf ihren Erfolg wären. Schließlich hatten sie es geschafft, einen nationalen Widerstand gegen die mächtige Atomindustrie zu erschaffen. Stattdessen sprachen die Aktivist:innen am Vorabend seines Vortrags darüber, dass sie nichts erreicht hätten sowie über ihre Erschöpfung und Zweifel, genügend Leute mobilisieren zu können. Moyer konnte das nicht fassen, und er blieb die Nacht über wach, um seinen Movement Action Plan zu schreiben. Er ist Aufmunterung, Beruhigung und Streckenplan in einem.
Dabei passt er auf ein DIN-A4-Blatt und sieht im ersten Moment aus wie eine Patientenkarte mit Fieberkurve. Moyer teilt die Entwicklung sozialer Bewegungen in acht Stufen ein, angefangen bei „Normales Leben“ bis zur letzten Stufe „Den Kampf fortsetzen“. Stufe sieben ist „Erfolg“, aber noch interessanter ist Stufe fünf: „Die Krise der Machtlosigkeit erkennen“. Ein bis zwei Jahre nach dem hoffnungsvollen Beginn verlieren laut Moyer die Aktivist:innen den Glauben daran, jemals Erfolg zu haben. „Inevitably“, schreibt er, also unvermeidlich.
Seine Beschreibung klingt so, als habe er Manon Gerhardt zugehört: „Sie nehmen an, dass die Machthaber zu stark sind und ihre Bewegung gescheitert ist“, schreibt er. Dabei sei es ironischerweise genau der Moment, in der Phase sechs schon begonnen hat, die mehrheitliche öffentliche Unterstützung für die Ziele der Aktivist:innen.
Die Medien sorgen sich – zu Recht?
In den Zeitungen liest man gelegentlich Texte, die mitleidig fragen, ob Fridays for Future wieder in Schwung kommen. Die Autor:innen sprechen mit Aktivistinnen, die 2019 dabei waren und fragen, wie es sein konnte, dass damals 100.000 zur Demo kamen und heute nicht mal die 18.000, mit denen die Veranstalter:innen gerechnet haben. Im September 2013 ist im US-Magazin The Nation ein Text über die New Yorker Occupy-Bewegung erschienen, der auch so ein Abgesang war. Die Occupy-Bewegung war die Protestbewegung gegen die Macht der Banken und dem Claim, die 99 Prozent der Bevölkerung zu vertreten, die nicht superreich sind. „Schluss machen mit Occupy“, heißt der Titel und in der Unterzeile fragt der Autor, Nathan Schneider: „War es wirklich umsonst?“
Er trifft eine junge Frau, die einmal Aushängeschild der Bewegung war und nun eine Firma gegründet hat, in der Jugendliche aus den armen Teilen New Yorks Kompost ausliefern. Gleichzeitig macht sie einen Kurs, um Gebäude auf ihre Energieeffizienz prüfen zu können und auch noch einen Baulehrgang. Schneider ist offenkundig beeindruckt von ihr, er beschreibt ihre Tatkraft, die umso stärker strahlt, wenn Schneider die zermürbenden Sitzungen der bröckelnden Occupy-Bewegung dagegen schneidet. Der Bewegung sei es nicht gelungen, schreibt er, die Gräben zwischen ihren Mitgliedern zu schließen. Auch Nathan Schneider erwähnt Bill Moyers Stufenmodell, er nennt es mechanistisch und die Aussicht auf Stufe fünf eine unheimliche Prophezeiung.
Genau betrachtet hat die MAP mehrere Stellen, die mehr Fragen aufwerfen als das übersichtliche Diagramm vermuten lässt. Was verrät den Aktivist:innen auf Stufe fünf, ob ihre Zweifel Begleiterscheinung ihres Erfolgs sind oder vielmehr Symptom ihres Scheiterns? Und zwei Stufen weiter stellt sich die Frage: Wann ist eine Bewegung erfolgreich? War Occupy erfolglos, weil die Finanzmärkte die alten geblieben sind oder ist die gegenwärtige Forderung, dass die Reichen für ihren Anteil an der Klimakrise aufkommen, eine Idee, die sie mit auf den Weg gebracht haben?
Eine Strategie: den Staffelstab weiterreichen
Ich rufe die feministische Filmemacherin Helke Sander an. Sander ist bekannt geworden für eine Rede, in der sie 1968 auf der Delegiertenkonferenz des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes forderte, Kindererziehung und Hausarbeit fair zu teilen. Die Delegierten fanden es überflüssig, überhaupt darüber zu diskutieren, woraufhin eine andere Frau Tomaten auf den Vorstand warf. Der Aufruhr sorgte dafür, dass sich noch am selben Abend eigenständige Frauengruppen gründeten. Helke Sander, Ikone der neuen Frauenbewegung, ist inzwischen 87 Jahre alt und, um es vorwegzunehmen, das Ergiebige an diesem Gespräch ist, dass sie mit einigen meiner Fragen nichts, rein gar nichts anfangen kann.
„Wie sind Sie mit Durststrecken umgegangen?“, frage ich. „Wir hatten nie Durststrecken“, sagt Helke Sander. „Es ging immer weiter voran.“ Schiff versenkt, denke ich. Aus diesem Telefonat werde ich keine Durchhaltestrategien mitnehmen. Nach Moyers Modell frage ich sie erst gar nicht. Sie fände es mit Sicherheit abwegig, etwas so Vielfältiges wie den Aufbruch der Frauen in ein Kurvendiagramm einzutragen. „Wir wussten damals nicht, dass es früher schon Frauenbewegungen gegeben hatte“, sagt Sander. „Wir kannten nur die Suffragetten als hysterische Frauen, die Männer mit Regenschirmen verprügelten.“
Sie beschreibt, wie sie diese neue Welt erforschte, die Frauenbewegung der 1848er, die Mädchenbildung forderte und von der heute niemand mehr spricht. Von der Französin Olympe de Gouges, die Frauenrechte als Teil der universellen Menschenrechte forderte und 1793 auf der Guillotine starb. Über die Entdeckung dieser Vorgängerinnen habe sich die neue Frauenbewegung vernetzt. Doch eine Strategie, denke ich: sich in eine Tradition stellen. Einen Staffelstab weitertragen, auch wenn zwischen den Übergaben eine Menge Zeit liegt.
Durststrecken sind nur Scheinriesen
Helke Sander erzählt davon, wie sie mit den Kindergärtnerinnen zu einem lang vorbereiteten Streik aufrief, der Berlin für einen Tag lahmlegen sollte, weil die Eltern, aber besonders die Mütter der Kinder, dann auch zu Hause bleiben wollten. Der Plan hatte eine breite Unterstützung und wurde durch eine Gewerkschaft zuerst scheinbar unterstützt, dann aber sabotiert. Wie sie mit dem Rückschlag umgegangen sind? „Da hat man weitergemacht“, sagt Sander lapidar. Zumal aus dem halb versackten Streik immerhin das Bewusstsein entstanden sei, dass es zu wenig Kindergärten in Berlin gab.
Ob sie erschöpft waren? „Das war keine Kategorie“, antwortet Sander, noch lapidarer. Das klingt freudlos, aber das war es nicht, dagegen spricht bereits der Tomatenwurf. Spaß, Spektakel oder schlicht etwas gerne tun, diese Grundsätze zogen sich bereits durch die Aktionen der Suffragetten, deren Karikatur sich bis heute scheußlich gut hält. Das Prinzip lebt weiter im Gorleben-Treck – dem Protestmarsch gegen Kernenergie 1979 – und in der Freien Republik Wendland mit ihrem Passwesen, in den giftig-bunten Brunnen von Extinction Rebellion und in den Picknicks von Parents for Future auf den Straßen der Innenstädte.
Helke Sander ist nicht die einzige, die mit meiner Frage nach den Durststrecken nichts anfangen kann. Vermutlich hätte ich schon vorher zur Kenntnis nehmen können, dass es für viele Aktivist:innen nicht die Überschrift ist, unter der sie ihre Arbeit gerade sehen. Eine kurze Liste der Durststreckenverweigerinnen: Annika Kruse von Fridays for Future. „2019 gab es mehr Aufmerksamkeit, zu Coronazeiten sind einige Leute abgewandert. Aber inzwischen kommen neue. Und wir erreichten immer weitere Kreise.“ Oder ein Polizist, Mitglied bei Parents for Future: „Ich sehe da keine Durststrecke. Wir hatten letztes Jahr Vernetzungstreffen mit 24 Gruppen, die gibt es alle noch. Im Maschinenraum tut sich eine Menge.“ Und Lea Dohm, Psychologin bei der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit: „Das Klimafeld ist hoch dynamisch. Viele sind jetzt sehr fokussiert auf die Bundestagswahl, da gibt es ein großes Engagement.“
Ist es möglich, dass der allgegenwärtige Diskurs von Multikrise, Erschöpfung und Überforderung den Anspruch an die Präsenz der Aktivist:innen immer höher schraubt? Oder anders formuliert: Je weniger sich bewegt, desto mehr Superheld:innen-Qualitäten sollen die haben, die überhaupt etwas tun. Weil sie für die Überforderten stellvertretend die Welt retten sollen. Und wenn die Überforderten, denen die Kraft für die Demo fehlt, die gelichteten Reihen beim Klimastreik sehen, fragen sie ängstlich, ob den Aktivist:innen etwa die Luft ausgeht. Die Geräusche im Maschinenraum hören sie nicht.
Wenige oder viele? Egal, Hauptsache mit Hingabe
Ob nun die Abschaffung der Sklaverei, das Frauenwahlrecht oder das Ende der Apartheid, augenscheinlich waren einige politische Bewegungen in der Vergangenheit erfolgreich. Und mussten auf dem Weg zu diesem Erfolg mit Rückschlägen umgehen. Gibt es dazu keine Forschung, frage ich mich. „Die Protestforschung stürzt sich gerne auf die, die gerade laufen“, sagt Simon Teune vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung in Berlin. Wenn wenige auf den Straßen laufen, wird Protest unsichtbar. Dabei findet er statt, nur abseits des Scheinwerferlichts. „Es ist eine Lücke in der Forschung“, sagte Ilse Lenz, die als Soziologin zur Frauenbewegung forscht. „Die soziale Bewegungsforschung ist eine kleine Disziplin, aber die Bedeutung der Frage wird allmählich klar.“
Sie denkt eine Weile nach, dann fällt ihr doch eine größere Arbeit zum Durchhalten ein: „Survival in the doldrums“, also „Überleben in der Flaute“, und im Untertitel: Die amerikanische Frauenrechtsbewegung von 1945 bis in die 1960er. Geschrieben haben sie die US-Soziologinnen Verta Taylor und Leila Rupp, und die Fragen, mit denen sie sich am längsten befassen, sind Gemeinschaft und Commitment. „Commitment ist entscheidend für das Überleben jeglicher Gruppe, vor allem, wenn sie erfolglos dabei ist, die gesetzten Ziele zu erreichen“, schreiben sie. Sie zitieren aus einem Interview mit der Suffragette und Friedensaktivistin Mabel Vernon, die damals als fast 90-Jährige auf ihr Netzwerk zurückschaute: „Wir hatten sehr aktive, hingebungsvolle Leute. Es machte keinerlei Unterschied, ob es wenige oder viele waren.“
Das ist ein Gedanke, der später in der Protestforschung wieder auftauchen wird. Sich auf Massendemonstrationen allein zu verlassen, schreibt die US-Politikwissenschaftlerin Erica Chenoweth, sei die falsche Strategie. Aber was, wenn die wenigen, die anders als die Demo-Eintagsfliegen immer dabei sind, für einen Moment außer Tritt kommen?
Wolfgang Ehmke ist Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg. Er hat ein Buch geschrieben mit dem Titel „Das Wunder von Gorleben“, was irreführend ist, denn er betrachtet den Ausstieg aus der Atomkraft keineswegs als Wunder. Sondern als harte Arbeit. Hört man ihm zu, dann ist es schwierig, nicht zu glauben, dass er nebenbei auch auf Bill Moyers Stufenmodell schaut.
Für Ehmke war die Zeit nach den großen Brokdorf-Demos der Tiefpunkt – denn das AKW wurde dennoch gebaut. „Wir waren ratlos, dass 100.000 Menschen nicht ausreichten, um diesen Projekten Einhalt zu gebieten.“ Und in den Bewegungszeitschriften wurde lamentiert, dass der Widerstand bröckelte. Manche der Aktivist:innen seien zu frustriert gewesen, um weiter zu planen, zu blockieren, zu demonstrieren. Tatsächlich sei damals aber die Wende im öffentlichen Bewusstsein schon erreicht gewesen. Und in die Lücken traten plötzlich neue Leute, etwa aus Kirchenkreisen.
Die Frage ist, was der Rest macht
Simon Teune, der Protestforscher an der FU Berlin, sagt, dass das eigentlich Erstaunliche nicht das Abbröckeln der Massendemos sei. Sondern, dass es bei der Klimabewegung einen festen Kern gebe, der immer noch dabei ist. Fragt man die erschöpfte Manon Gerhardt, ob sie überlegt, auszusteigen, lacht sie nur. „Erst, wenn ich tot bin.“ Statt den Klimarave mit 2.000 Leuten zu organisieren, macht sie jetzt Kampagnen mit 25, gerne Straßentheater, weil es Frust kanalisiert. Gerhardts ehemaliger Kollege aus dem Presseteam hat einen Bus-Führerschein gemacht, um den Soli bus lenken zu können. Helke Sander denkt darüber nach, wie Kindergrundsicherung ohne bürokratische Hürden aussehen kann. Der Solarbauer baut einen Stall für das nächste Schwein, das vorm Schlachten gerettet werden kann. Keiner von ihnen braucht Hinweise zum Durchhalten, sie tun es einfach.
Am Ende seines Textes über den Fortbestand von Occupy schreibt Nathan Schneider, dass die Frage nicht sei, ob die Occupy-Leute dabei blieben oder nicht. Die Frage sei, was der Rest tue. Wir müssen uns keine Sorgen darum machen, ob die Klimaaktivist:innen die richtigen Durchhaltestrategien kennen. Die Frage ist, ob wir uns von den Zuschauerbänken erheben.
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