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Aneinander vorbei­geredet

Wissenschaft und Politik diskutieren erfolglos über die Zukunft der Forschung und Innovation

Es sollte der Höhepunkt im Wissenschaftswahlkampf werden: Das „Innovations-Forum“ im Berliner Regierungsviertel, zu dem die deutschen Forschungsorganisationen die Bundestagsparteien eingeladen hatten. Doch der hochkarätige Gipfel gebar nur ein Mäuschen: Wissenschaftsmanager und Forschungspolitiker fanden keine gemeinsame Linie, wie die neue Bundesregierung im Bereich Bildung und Forschung künftig agieren sollte.

„Ich bin desillusioniert“, sagte der Präsident der Nationalakademie Leopoldina, Gerald Haug, in seiner Bilanz des Treffens. Aufseiten der Politik sei die Bedeutung von Forschung und Innovation für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland und die Sicherung des Wohlstands nicht angemessen wahrgenommen worden. Auch im Wahlkampf spielten diese Themen keine Rolle. Es sei keine Bereitschaft zu grundlegenden Veränderungen zu erkennen.

In kurzen Referaten hatten bei dem Treffen die vier Abgeordneten Thomas Jarzombek (CDU), Oliver Kaczmarek (SPD), Franziska Brantner (Grüne) und Christian Dürr (FDP) die zentralen Wahlaussagen ihrer Parteien zum Wissenschaftsbereich wiedergegeben.

Neue Optionen gesucht

Der Vorschlag der Wissenschaftsorganisationen, dass in der nächsten Bundesregierung ein „Ministerium für Forschung und Innovation“ ein größeres Gewicht und erweiterte Zuständigkeiten bekommen sollte, wurde von den Parlamentariern nicht aufgegriffen. „Sie haben unseren Weckruf nicht gehört“, befand Georg Schütte von der Volkswagenstiftung als Mitveranstalter des Forums. Ihre Forderungen hatten die Wissenschaftsorganisationen zuvor in einem Thesenpapier zusammengefasst. Es sei in Deutschland dringend nötig, den industriellen Kern weiterzuentwickeln und neue zukünftige Wertschöpfungsoptionen zu erarbeiten, um dadurch Wachstum und Prosperität zu sichern und Antworten auf die großen gesellschaftlichen Zukunftsfragen wie Energie, Verkehr und Umwelt zu finden. Dafür brauche es allerdings „eine deutliche Steigerung der Leistung unseres Innovationssystems, das trotz insgesamt guter Finanzierung und hoher Differenzierung wesentliche Defizite“ aufweise, heißt es.

Es müsse einfacher werden, kluge Köpfe – etwa für innovative Firmengründungen – aus dem Ausland nach Deutschland zu holen, lautet ein konkreter Vorschlag. Die Einführung eines „Innovationsvisums“ zur gezielten Anwerbung von Talenten weltweit und die „Vereinfachung der Aufenthaltsregelungen“ seien dringend erforderlich.

„Deutschlands Innovationsmotor stockt“, sagte Michael Kaschke, der Präsident des Stifterverbandes. „Wir brauchen für die künftige Nutzung von Wissenschaft strukturelle Veränderungen.“ Tatsächlich würden aber in der Politik nur kleinteilige Maßnahmen diskutiert.

Zur Sprache kamen unter anderem Schritte zu mehr Deregulierung, mehr Dual-Use-Technologien und zur Verbesserung des Wissenstransfers. Für die Forderung nach einem „Innovationsfreiheitsgesetz“, die der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Holger Hanselka, einbrachte, konnte sich keiner der Abgeordneten erwärmen. Manfred Ronzheimer

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