Interne Asyldebatte der Grünen: Wer Habeck will, bekommt Habeck
Den Migrationsplan des Spitzenkandidaten Robert Habeck konterte die Grüne Jugend mit einem eigenen. Die Asyldebatte der Partei bleibt unentschieden.
![Robert Habeck hat kurz die Augen geschlossen Robert Habeck hat kurz die Augen geschlossen](https://taz.de/picture/7515683/14/37614620-1.jpeg)
D ieser Wahlkampf ist kurz. Aber nicht kurz genug, damit die Grünen geschlossen ins Ziel kommen. Robert Habecks restriktiven Zehn-Punkte-Plan gegen Gewalt und unerwünschte Migrant*innen konterte die Grüne Jugend in dieser Woche mit zehn Gegenpunkten, in denen sie eine liberale Asylpolitik und Präventionsprojekte vorschlägt. Auch andere in der Partei grummeln – hinter vorgehaltener Hand, aber laut genug, dass der Unmut öffentlich vernehmbar ist.
Empfohlener externer Inhalt
Inhaltlich lässt sich die Kritik am eigenen Kanzlerkandidaten begründen: Seine Forderungen reichen zwar nicht an den Abschottungsfuror der Union heran und keiner der Punkte geht über das hinaus, was Grüne schon länger diskutieren. In seiner Gesamtkomposition bedient der Katalog aber einen Diskurs, der reale Sicherheitsprobleme überhöht, Migration vor allem als Risiko behandelt und die Lösungen einseitig in autoritären Maßnahmen sieht.
Als die Grünen Habeck im November in flügelübergreifender Ekstase zum Spitzenkandidaten kürten, kannten sie ihn schon eine Weile. Ihnen musste klar sein: Es gibt Themen, bei denen er rechts vom Parteimainstream steht. Und es gibt Situationen, in denen er nicht zögert, das zu zeigen. Die Grünen konnten nicht erwarten, dass er sich im Wahlkampf auf die Verlesung ihres Wahlprogramms beschränkt. Wer Habeck will, auch mangels eigenen Personals mit vergleichbarer Strahlkraft, der bekommt eben Habeck.
Strategisch wäre es klug gewesen, diesen Fakt für die verbleibende Zeit bis zur Wahl zu akzeptieren. Würden die Grünen mit Habeck pur unter den 14,8 Prozent der letzten Bundestagswahl landen, hätten seine Kritiker*innen ab dem 24. Februar ein starkes Argument für einen Kurswechsel: Der Versuch, durch inhaltliche Annäherung an die Konservativen zu wachsen, stößt an Grenzen. Jetzt aber können Habecks Unterstützer*innen im Falle einer Wahlniederlage ein schlüssiges Gegenargument vorlegen: Nicht der Inhalt war falsch, die Geschlossenheit hat nur gefehlt. So bleibt die Debatte über die richtige Asylpolitik, die seit Jahren Ressourcen der Partei bindet, auf absehbare Zeit unentschieden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Start der Münchner Sicherheitskonferenz
Kulturkampf gegen Europa
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Zukunft der Ukraine
Gewissheiten waren gestern