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Treibt Angst junge Menschen zur AfD?

Laut einer neuen Studie sind viele Erst­wäh­le­r:in­nen überfordert

Von David Honold

Stress, Wohlstandsängste und Orientierungslosigkeit treibt Erst­wäh­le­r:in­nen um. Das sind die Ergebnisse der Jugendwahlstudie 2025, die vom Institut für Generationenforschung am Donnerstag veröffentlicht wurden. Über mehrere Monate wurden 4.132 Teil­neh­me­r:in­nen befragt, rund 1.000 davon waren 16- bis 25 Jährige.

Die Studie zeigt, dass Erst­wäh­le­r:in­nen politisch gespalten, aber zugleich durch Unsicherheiten geeint sind, so Studienleiter Rüdiger Maas. Erst­wäh­le­r:in­nen sind demnach ängstlicher als ältere Menschen. Zudem seien junger Menschen heute deutlich ängstlicher als vor 20 Jahren.

Es wären weniger die abstrakten Ängste wie der Ukraine-Krieg, der junge Menschen belastet, so Maas. Unmittelbare Dinge wie die Sorge vor wirtschaftlichem Abstieg seien dominanter. Bisher hätten junge Menschen kaum Berührungspunkte mit Verzicht gehabt, nun haben viele Angst davor. „Außerhalb von Social Media sind es die Eltern und Gesellschaft, die oft zu viel über ‚Krisen‘ und Wohlstandsverlust, aber kaum über Positives und Handlungsanimierendes sprechen“, sagt Maas. Rund 40 Prozent der jungen Menschen gaben an, dass es nichts gebe, was ihnen Hoffnung mache.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass der sogenannte Aktionskorridor von jungen Menschen immer geringer ausfällt. Konkret bedeute das, dass junge Menschen weniger selbstständig Lösungen für Probleme fänden. Qualitative Interviews haben laut dem Stu­dien­leiter gezeigt, dass mehr auf andere geschaut werde und Diskussionen unter Freunden vermieden würden.

Die gesellschaftliche Erzählung, in der Jugendliche als rebellisch gelten, sei überholt, betont Maas. Er spricht von einem „Neo-­Kon­ven­tio­na­lis­mus“ der Erstwählergeneration: Es dominiere die Anpassung an bestehende Strukturen und Meinungen, auch die Eltern würden wichtiger als in vorherigen Generationen. Die negative Stimmung der Älteren würde übernommen werden, teils auch das Wahlverhalten: „61 Prozent der Erstwähler, die AfD wählen, haben auch Eltern, die AfD wählen“, heißt es darin.

Doch Jugendliche sind nicht nur ängstlich, sie sind laut der vorgestellten Studie auch besonders gestresst. Studienleiter Maas erklärt das mit einer „Optionsdepression“: „Trotz oder eben wegen der Erweiterung der Möglichkeiten fühlen sich immer mehr junge Menschen von äußeren Einflüssen kontrolliert, statt selbst gestaltend zu handeln.“ Die AfD würde die gefühlte Überforderung von jungen Menschen ausnutzen und einfache Antworten liefern, die Orientierung geben. Social Media befeue­re diese Angst, wo wiederum viele Influencer AfD-nahe Positionen verbreiten würden. Je rechter die politische Positionen der Menschen sind, desto höher waren die Erhebungen im Bereich des Angstlevels.

Insgesamt verliere aber das Rechts-links-Schema bei Erst­wäh­le­r:in­nen an Bedeutung: Die AfD werde vermehrt als Partei der Mitte wahrgenommen, heißt es in der Studie. Maas: „69 Prozent der Erstwähler im linken Spek­trum fühlen sich übersehen.“ Konkrete Wahlumfragen hat die Studie nicht vorgenommen.

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