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Bald kein Schwede mehr?

Die Regierung untersucht, ob sie straffälligen Doppelstaatlern den schwedischen Pass entziehen darf. Das stößt auf Kritik bei der Opposition.

Staatsminister Ulf Kristersson in einem Passamt der schwedischen Polizei in Stockholm Foto: Fredrik Sandberg/tt/imago

Härnösand taz | In Deutschland ist es noch Provokation eines CDU-Kanzlerkandidaten im Wahlkampfmodus, in Schweden schon offiziell Regierungspolitik: Am Mittwoch machte Ministerpräsident Ulf Kristersson im Stockholmer Reichstag klar, unter welcher Voraussetzung Bür­ge­r*in­nen die schwedische Staatsangehörigkeit besitzen dürfen: Man müsse ein „ehrliches und anständiges Leben“ führen.

Diese rechtlich vage Umschreibung sollte den Gegensatz bilden – zu einem Leben in der organisierten Kriminalität. Explizit Bandenkriminellen, zumindest denen mit doppelter Staatsangehörigkeit, soll es nun an den Pass gehen, so will es die Regierung. Dies sei, laut Kristersson eine politische Maßnahme von vielen im Kampf gegen die kriminellen Banden, um sie „endgültig loszuwerden“.

Die Staatsangehörigkeit kann, einmal verliehen, bislang nicht entzogen werden. Und darum sollte es eigentlich gehen am Mittwoch: Der parlamentarische Grundgesetzausschuss hatte, gemeinsam mit Experten und im Regierungsauftrag, die Möglichkeit und den Sinn mehrerer Grundgesetzänderungen untersucht. Der abschließende Bericht wurde am Mittwoch offiziell an Justizminister Gunnar Strömmer (Moderate) übergeben.

Er enthält nicht nur eine Untersuchung der Pass-Frage, aber sie bekam am meisten Beachtung: Könnte man das Grundgesetz so ändern, dass man Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit die schwedische wieder entziehen kann, wenn sie aufgrund von falschen Angaben oder nach Bedrohung verliehen wurde? Unter anderem in Deutschland ist das bereits möglich.

Passentzug wäre möglich

Kann der schwedische Pass wieder eingezogen werden, wenn jemand mit zwei Pässen ein schweres, staatsbedrohendes Verbrechen begeht? Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass beides möglich wäre. Als Beispiel für ein solches Verbrechen nennt er Spionage und Hochverrat.

Für diese Vorschläge zur Grundgesetzänderung gibt es eine breite politische Mehrheit, nur die Grünen und die Linkspartei sind dagegen. Mehr als ein Jahr soll nun beraten, diskutiert und konkretisiert werden, eine Abstimmung ist erst für Frühjahr 2026 geplant.

Und traditionell hätte die Regierung es an dieser Stelle dabei belassen. Normalerweise nehmen sie den Bericht entgegen, studieren und diskutieren ihn. In diesem Fall kam es anders. Die konservativ-liberale Regierung mit ihrem rechtsextremen Partner, den Schwedendemokraten, machte noch am selben Tag ihren eigenen Vorschlag zur Ausweitung der Maßnahme auf Bandenkriminalität.

Allein diese politische Formalität, der mangelnde Respekt vor dem Grundgesetzausschuss, hatte schon vor der heutigen Debatte der Parteivorsitzenden für Empörung gesorgt. Weniger als die Vorschläge selbst. Die Tatsache, dass Schwedens oberster Schwedendemokrat Jimmie Åkesson seit Jahren kritisiert, dass ein Bandenkrimineller seinen schwedischen Pass behalten dürfe, dürfte zu einer Normalisierung der politischen Forderung beigetragen haben.

Der Regierungsvorschlag hat Gegner. Alle vier Oppositionsparteien sind gegen diesen Vorschlag. Aber die Frage, ob jemand „tatsächlich“ Schwede oder nur dem Pass nach einer sei, scheint mindestens so weit verbreitet wie in Deutschland.

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3 Kommentare

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  • Es ist ein Irrtum, dass man durch Ausweisung, Zurückführungen und Ausbürgerungen organisierte Kriminalität (OK) abschaffen oder stark zurückdrängen kann. Die USA haben eine Weile das probiert, Lucky Luciano wurde nach Italien ausgewiesen, aber das behinderte die Mafia in den USA kaum, es ging alles weiter. Das wäre in Schweden vermutlich auch so, vor allem, weil bestimmte Menschen Drogen nehmen wollen oder müssen. Und die Drogen kommen sicherlich zu einem Teil aus dem ultrakriminellen Großhandel, aber wenn da bestimmte ethnische Gruppen größere Probleme haben, hören sie damit evtl. noch lange nicht auf, oder es kommen eben Menschen mit nur einem Paß und machen das.



    Es ist reiner Populismus und es zeigt, wie hilflos die Behörden gegenüber der OK jetzt sind. Die Schwedendemokraten bedienen damit sicherlich ihre negativen Annahmen über bestimmte Menschen und Völker.

  • Der rechtsextreme Schneeball nimmt Fahrt auf und wird immer schneller zu einer Lawine. Tabubrüche werden das neue "Normal". Grundrechte und Verfassung bestehen bald nur noch auf dem Papier. Und das alles, weil weder Gesellschaft noch Politik bereit sind, sich den Krisen unserer Zeit zu stellen! Was sind wir doch für eine erbärmliche Spezies. Das Aussterben haben wir uns redlich verdient.

  • Das ist der Unterschied zwischen Schweden und Deutschland. In Schweden macht man progressive Politik - ist aber auch bereit zu Korrekturen, wenn sich Dinge entwickeln anders als gedacht. In Deutschland dagegen fährt man stur seine Linie weiter und findet lieber tausend Ausreden, warum nicht falsch sein kann was nicht sein darf.

    Ich habe den Eindruck, in Skandinavien regiert man mit dem Augenmerk der Vernunft, bei uns mit Glaube und Ideologie. Das muss der deutsche Idealismus sein. Realität ist nicht, was ist, sondern was man sich wünscht.