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taz-adventskalender „24 stunden“ (20)20 Uhr im Waschsalon

Im „Wash and Dry“ in Neukölln ist am Abend noch reger Betrieb. Freiwillig ist kei­ne*r hier: es ist teuer, langweilig und manchmal wird Wäsche geklaut.

Waschsalon ohne Kund*innen: während der Pandemie durfte auch nicht mehr gewaschen werden Foto: Nicolas Armer/dpa

Stressig und chillig, hässlich und schön, herzerwärmend und abstoßend: Berlin hat viele Seiten, rund um die Uhr. In diesem Advent hangeln wir uns durch 24 Stunden Hauptstadtleben und verstecken jeden Tag aufs Neue 60 Minuten Berlin hinter unserem taz-berlin-Kalendertürchen. Heute: ab 20 Uhr im Waschsalon in Neukölln.

Elf Waschmaschinen und acht Trockner rahmen den sterilen, grell erleuchteten Raum. In der Mitte des Salons steht ein langer Holztisch, an dessen Ende eine gepolsterte Holzbank. Darauf: Ali*.

Zweimal die Woche kommt Ali zum Wäschewaschen in den Salon „Wash and Dry“ in der Mainzer Straße in Neukölln. Seit einem halben Jahr ist die Gemeinschaftswaschmaschine in seinem Haus kaputt. „Der Vermieter kümmert sich seit Monaten nicht, wir haben alles versucht“, erzählt er. Lieber würde er zu Hause waschen – sowohl aus Aufwands- als auch Kostengründen.

„Hier ist es teuer“, findet er. Zu Hause koste eine Wäsche nur 3 Euro. Im „Wash and Dry“ werden 4,20 Euro fällig, um 7 Kilogramm 28 Minuten lang bei 30 Grad durch die Maschine zu jagen. Je wärmer, desto teurer. Für 16 Kilo werden mindestens 10 Euro fällig, Waschmittel kostet 50 Cent extra, Weichspüler 30. Das verrät der Automat neben dem Eingang, an dem das gewünschte Programm ausgewählt werden kann.

Ali, der noch 25 Minuten auf seine Wäsche warten muss, lümmelt auf der Bank und scrollt durch sein Handy. Das Entertainment-Programm des Waschsalons ist ausbaufähig: Aus dem Lautsprecher an der Decke schallen abwechselnd Weihnachtslieder, Blitzermeldungen oder Nachrichten. Im Hintergrund klopft sanft der Trockner Nummer 3. Immerhin gibt es einen Snackautomaten, an dem Kun­d*in­nen sich mit Red Bull, Twix, Capri-Sonne und anderen Schweinereien die Zeit vertreiben können.

Ob er hier mal Leute kennenlerne, will ich von Ali wissen. Der Waschsalon als Begegnungsort und so. „Manchmal helfe ich anderen, weil sie kein Deutsch sprechen und nicht wissen, wie sie die Maschinen bedienen“, erzählt er.

Viele Kun­d*in­nen

Am Wochenende sei der Salon, der täglich von 7 bis 22 Uhr geöffnet ist, häufig so voll, dass er ewig auf eine freie Maschine warten müsse – und das, obwohl laut Statista rund 96 Prozent der Bundesbürger*in­nen eine Waschmaschine besitzen. Dennoch gibt es in Deutschland bis zu 1.000 Waschsalons, so eine Schätzung des Verbands der Waschcenter-Betreiber.

Nicht alle folgen noch dem klassischen Konzept. Der „Waschsalon 115“ in Mitte etwa verbindet Waschort mit Café, in dem Paninis, Cappuccino und Orangensaft in Wohnzimmer-Ambiente angeboten werden. Parallel dazu wächst der Markt für Online-Wäschedienste, die die Wäsche bei den Kun­d*in­nen zu Hause abholen, reinigen und zurückliefern.

Kurz nach 20 Uhr betritt ein Mann mit blond gefärbten Haaren, Kopfhörern und riesigem schwarzen Schalenkoffer den Salon. Er wirft Bettwäsche und Handtücher in Maschine 1, Pullover und Unterwäsche in Maschine 2. Während Ali seine Zeit absitzt, verlässt er entschlossen den Salon. Ali schüttelt den Kopf: „Ich warte immer“, sagt er. Denn die Wäsche werde häufig geklaut. „Du weißt ja“, sagt er verschwörerisch, die sind hemmungslos geworden.“

*Name von der Redaktion geändert

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1 Kommentar

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  • Klingt schrecklich. Dann lieber Waschsalon Hermannstraße, billiger und ohne Beschallung. Dafür auch ohne Sitzgelegenheit. Aber wer klaut denn nasse Wäsche?