ARD-Serie über Levi Strauss: Amerikanischer Traum in Denim
Die ARD-Serie „Levi Strauss und der Stoff der Träume“ erzählt von der Entstehung der Jeans – und zeichnet die USA als Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Es beginnt mit einem Bild, das überdauerte und bis heute als Logo eines der ikonischsten Kleidungsstücke unserer Zeit ziert: Zwei Pferde laufen in entgegengesetzte Richtungen, zwischen ihnen eine Hose. Zwar spannt sie unter der enormen Zugkraft, reißen aber wird sie nicht. Das öffentliche Experiment soll die Robustheit von Levi Strauss’ neuem Produkt demonstrieren, das einige Jahrzehnte später als „Jeans“ zu weltweiter Bekanntheit und Beliebtheit finden wird.
Die Serie „Levis Strauss und der Stoff der Träume“ beleuchtet den steinigen Weg, den der aus Franken stammende Kurzwarenhändler zurücklegen muss, ehe er 1873 endlich ein entsprechendes Patent anmelden kann. Die vier Folgen, inszeniert von Neele Leana Vollmar („Auerhaus“), die mit Robert Krause („Sisi“) auch das Drehbuch verfasste, betonen allerdings auch, dass es sich keineswegs um den Erfolg eines einzelnen Mannes handelt.
Parallel zu Levi Strauss (Vincent Redetzki) blickt die Serie auf den lettischen Schneider Jacob Davis (Anton von Lucke). Beide Männer fliehen vor der ökonomisch prekären Situation in ihrer Heimat, die eng mit antisemitischen Anfeindungen verwoben ist. Während Strauss gemeinsam mit seiner Schwester Fanny (Amy Benkenstein) nach New York reist, um das Stoffgeschäft seiner Brüder zu unterstützen, versucht Davis sein Glück im vom Goldrausch gepackten Kalifornien.
Mehr Pathos als es die Geschichte zulässt
„Levis Strauss und der Stoff der Träume“, Staffel 1 in der ARD-Mediathek
Die späteren Geschäftspartner begegnen sich erstmals während der Überfahrt über den Atlantik – so erzählt es zumindest die Serie, die das Geschehen in typischer „ARD-Event-Mehrteiler“-Manier mitunter mit mehr Pathos auflädt, als es die Geschichte zulässt.
Unterhaltungswert besitzen die 45-minütigen Episoden dennoch. Denn Vollmar und Krause verknüpfen Strauss’ Weg, der ihn bald ebenfalls nach San Francisco führt, um sich mit einem eigenen Geschäft selbstständig zu machen, mit einem westerntypischen Schlagabtausch zwischen Gut und Böse. Der skrupellose Unternehmer Mr. Eddy (Roland Koch) wird als sinistrer Gegenspieler in Position gebracht, der in der „gesetzlosen“ Stadt hohe Schutzgelder eintreiben lässt und unliebsame Journalisten kaltblütig aus dem Weg räumt.
Dass sich Strauss gegen ihn behaupten kann, hat, mehr noch als mit seinem eigenen Geschäftssinn, mit Davis’ Erfindergeist und dem Durchhaltevermögen dessen Frau Annie (Lea van Acken) zu tun. Wie die Serie erfreulicherweise klarstellt, war es der für Goldgräber schneidernde Davis, der die finale Idee zur Jeans hatte. Weil die Hosen der Arbeiter unter der besonderen Belastung ständig kaputtgingen, verstärkte er sie mit Nieten. Allerdings fehlte ihm das Geld, um selbst ein Patent anzumelden.
Mit einer Erzählung um zwei Außenseiter, die sich letztlich gegen alle Widerstände behaupten und gemeinsam ein Markenimperium erschaffen, bedient sich die Serie recht routiniert des viel bemühten „American Dream“-Narratives. Kurz vor der Rückkehr Donald Trumps, und damit in einer Zeit, in der der Glaube an Gleichheit und soziale Aufstiegsmöglichkeiten in den USA weiter erodiert, wirkt „Levi Strauss und der Stoff der Träume“ daher auch wie eine nostalgische Rückbesinnung auf die Ideale, die das Land einst prägten – unabhängig davon, wie sehr sie in der Realität jemals Bestand hatten.
Hohe Fernsehkunst ist das nicht. Doch als fiktive, aber reizvolle Geschichtsstunde mit dramatischen Akzenten erfüllt die Serie durchaus ihren Zweck.
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