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Teuer, teurer, Kreishaus

Der Verwaltungssitz des Landkreises Osnabrück soll saniert werden. Alles ist beschlossen. Bis ein Bauunternehmer eine längst verworfene Idee in den Raum wirft: einen Neubau

Von Harff-Peter Schönherr

Der Verwaltungssitz des Landkreises Osnabrück, 1982 in Dienst gestellt, ist ja eigentlich noch jung. An der Substanz des labyrinthischen Baus, in dem knapp 1.200 Landkreisbeschäftigte arbeiten, ist wenig auszusetzen. Aber der Brandschutz ist alt, ebenso Heizung, Dämmung und Lüftung, Sanitär- und Elektrotechnik. Schadstoffe müssen entfernt werden, Asbest inklusive. Die Sanierung wird beschlossen und anfangs sind 14 Millionen Euro im Gespräch. Baubeginn soll Mitte 2025 sein, Bauübergabe 2031. Heute ist klar: Es könnte bis zu 118 Millionen Euro kosten.

Kürzlich gab der Landkreis zwar bekannt, dass sich die ursprünglich genannte Summe „lediglich auf Teilsanierungen“ bezogen habe. Trotzdem facht die dreistellige Millionensumme für die Sanierung die Debatte an. Ein Osnabrücker Bauunternehmer, Dieter Köster, schlägt statt Sanierung einen Neubau vor, seine Netto-Baukostenschätzung: 120 Millionen Euro. Die Landkreisverwaltung beziffert die Kosten für einen Neubau auf 200 bis 300 Millionen Euro.

Die vorgesehene Sanierung sei „die mit Abstand wirtschaftlichste Möglichkeit“, schreibt Landrätin Anna Kebschull (Grüne) der taz. „Der Neubauvorschlag von Herrn Köster ist ohne Baukostensteigerungen und weitere Nebenkosten, die zwingend noch einberechnet werden müssten, mindestens 60 Millionen Euro teurer.“ Bei Verwaltung, Kreistag und Generalplaner arbeite man, „seit Jahren intensiv und verantwortungsbewusst an dem sehr teuren Großprojekt“. Die aktuelle Diskussion sei „eine längst überholte, die zu keiner Verbesserung führt“. Jede weitere Verzögerung, gar eine „Rolle rückwärts“, werde die Kosten deutlich steigern, so Kebschull.

Tatsächlich würde das Umschwenken auf einen Neubau bedeuten, alle Planungsschritte wiederholen zu müssen. Die Standortfrage wäre ebenso offen wie das Auslagerungskonzept für Arbeitsplätze, Flächen-, Raum- und Funktionskonzept wären hinfällig, das Ausschreibungsverfahren auch. Das würde Zeit kosten. Und Geld. Hinzu kommt: 6,7 Millionen Euro wurden bereits ausgegeben.

Die SPD hatte 2020 einen Neubau favorisiert. „Unser Vorschlag war, ein neues Kreishaus von Dritten bauen zu lassen und dann anzumieten“, schreibt Jutta Olbricht, Vorsitzende der SPD/UWG-Gruppe im Kreistag, der taz. Ihre Fraktion habe aber, wie alle anderen, „danach den Prozess der Planung einer Sanierung konstruktiv begleitet“. Die aktuelle Diskussion habe durch Kösters Vorschlag nun aber „eine Entwicklung genommen, die so nicht vorhersehbar war“. Eine Einschätzung sei schwierig.

Darum habe die SPD die Kreisverwaltung jetzt aufgefordert, „eine erneute detaillierte Kostenkalkulation vorzulegen, gerade um auf die aktuelle öffentliche Diskussion zu reagieren“, schreibt Olbricht, auch „eine Gegenüberstellung der Kosten für einen Neubau an gleicher Stelle und einen Neubau an anderer Stelle“.

Janina Kleiner, Geschäftsführerin der Kreistagsfraktion der Grünen, sagt, ihre Fraktion bevorzuge „die jetzige Variante, da wir davon ausgehen, dass diese nicht nur günstiger ist, sondern auch im Hinblick auf den Ressourcenverbrauch wesentlich nachhaltiger“.

Für die Sanierung sind anfangs 14 Millionen Euro im Gespräch. Nun ist klar: Es könnten bis zu 118 Millionen sein

Die örtliche CDU sieht nun die grüne Landrätin, die sich bei der letzten Wahl gegen den CDU-Kandidaten durchsetzte, in der Pflicht, „die Zweifel auf die von ihr vorgelegten Zahlen zu widerlegen oder ihre Vorschläge zu korrigieren“, schreibt die CDU-Kreistagsfraktion der taz. Als ehrenamtliche Kommunalpolitiker sei man auf nachvollziehbare und belastbare Zahlen angewiesen, um eine Entscheidung treffen zu können. „Das aktuell solche Zahlen vorliegen, scheint zurzeit widerlegt zu sein.“

Auf einer Sondersitzung des Ausschusses für Personal und Organisation herrschte am Montag dann aber Pragmatismus vor. Die Verwaltung empfehle, den Sanierungsplan fortzusetzen. Das geschieht jetzt offenbar auch. „Die Kreisverwaltung setzt die Beschlüsse des Kreistages um“, so Landkreissprecher Burkhard Riepenhoff. Ein Stopp der Umsetzung berge „deutlich größere wirtschaftliche Risiken als Chancen“. Den „von Dritten vorgetragenen Ideen“ mangele es an Substanz.

Der angesprochene Dritte, Bauunternehmer Köster, dürfte mit seinem Vorschlag verloren haben. Er schweigt, von der taz um Kommentierung gebeten.

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