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wortwechselLiebe Leser:innen, seid alle umscrollt! Wir bleiben: taz!

Im Oktober 2025 wird „die Seitenwende“ der taz vollzogen: Papierausgabe weiterhin für die „wochentaz“ am Samstag, die Wochentage aber ausschließlich digital. Ein Kulturwandel …

Alle Medien haben immer noch ihre begrenzten Anwendungsbereiche, auch die taz … Trotz alledem: Ein frohes Fest und ein gesundes neues Jahr! Illustration: Julia Molin

Ihr 10 Millionen Besucher:innen: Bleibt doch noch ein bisschen länger da!“,

tazlage vom 12. 12. 24

136 Sekunden online!

Hallo taz, Ihren Artikel über die Besucher:innen, die die taz durchschnittlich 136 Sekunden online lesen, habe ich mit Interesse gelesen. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich als old adult offenbar einem ganz anderen Universum angehöre, das sich so langsam auflöst.

Als ich die taz vor sehr vielen Jahren abonnierte, war meine Idee, die taz-Artikel durchaus auch länger als 136 Sekunden zu lesen. Das scheint nicht mehr en vogue zu sein, um gleich mal einen altertümlichen sprachlichen Ausdruck zu benutzen.

Probeweise habe ich mal umgestellt – auf digital. Was ich bei mir generell bei Online-Lektüren, also nicht nur bei taz-Artikeln, beobachte: Die Lektüre geht kurz und schmerzlos über die Bühne. Und ist damit natürlich auch viel kürzer als früher, weil weniger umständlich.

Die Artikel allerdings, wenn ich dann doch mal etwas länger verharre, bieten all das, was ich schätze: Hintergründe, Erklärungen, Rückblicke, Vorausschauen … Nur ich lese sie nicht mehr. Oder nur noch en passant.

Und es ist schon so, wie Sie sagen: Kaum jemand liest ein Buch. Eine Print-Ausgabe einer Zeitung liest offenbar auch kaum noch jemand mehr. Allerdings: Für 2–3 Minuten Online-Lektüre zukünftig 2–3 Euro pro Tag auszugeben klingt auch nicht verlockend. Wolfgang Kreft, Berlin

Please don’t denglish!

Ich möchte um Gottes willen nicht verkehrt rüberkommen, aber auch als jemand mit guten Englischkenntnissen (ich schrieb jahrelang englische Musikkritiken) möchte ich in einem deutschen (!) Text Ausdrücke wie „embraced, angeteasert, Workflow“ und auch „try, fail, learn“ schlichtweg nicht lesen. Auch mir fällt manchmal ein entsprechendes deutsches Wort nicht auf Anhieb ein, aber dann muss man sich eben mehr Mühe geben. Andernfalls ist man nothing but a pompous ponce. Ihr faithfully, Frank Stenner

Hello, young adult!

Niemand kann nur in der digitalen Welt existieren. Sagt Bescheid, wenn man digital essen, trinken und Kinder zeugen kann! Name ist der Redaktion bekannt

Vielen Dank für diesen selbstreferentiellen Einblick in die abgeschottete Welt eures young adult in der Regie-Höhle. Ich finde es total interessant, wie die real world aus eurem Website-monitoring eliminated wird. Und ich weiß auch, dass es da kein Zurück mehr gibt. Egal, wie horrible ich persönlich den D-Day-End-of-Printed-Paper in round about 300 Tagen finde.

Aber bad news ist es, dass 136 Sekunden schon a lot of attention-span sind in dieser Brave-New-click-and-wisch-World, das ist halt so.

Don’t you shed a tear, Marcus, sorry for that. An dir (allein) liegt das alles nicht …

Werner Schottenloher, Regensburg

Vielen Dank für 30 Jahre!

Liebe taz, seit gut über 30 Jahren, seit ich mein erstes Abo gewonnen habe – weil ich auf einem Foto die Nase von Monika Griefahn erkannte –, lese ich die taz sozusagen täglich, übersichtlich auf dem Frühstücks­tisch ausgebreitet oder auch unterwegs. Selbst wenn die ePaper-Faksimile-Ausgabe inzwischen reibungslos funktioniert, wäre dies also keine Alternative, denn dazu müsste man immer ein Endgerät in Reichweite haben, dessen Anzeige sinnvollerweise über die Größe einer Tafel Ritter Sport hinausgeht. (Nebenbei, habt ihr mal versucht, bei Sonneneinstrahlung etwas auf einem Display zu erkennen?)

Schönen Gruß und vielen Dank für 35 haptische Jahre! Daniel Petersen

Es ist ein Kulturverlust

Werte Ihrsen, wie zu lesen ist, wollt ihr ab Herbst 2025 nur noch je Sonnabend Papierzeitungen ausliefern. Ich lese sie bei jemandem mit, bin Papierist größtenteils, old school sozusagen, aber nicht nur das, drum mal ein paar ungeordnete Gedanken dazu:

Es ist & wird ein Kulturverlust sein, auch eine Entsinnlichung, Wer würde in ein Museum gehen oder ein Theater, wo nur noch Bildschirme hängen? Ein wenig erinnert es sowohl an die Kulturradio-Ausdünnung und die inhaltlich offensive (ökonomisch-theoretisch einseitige, nicht plurale bis entpolitisierende) „Verschlankung“ auf explizit Regionales: Küche, Heimat, Folklore wie Feuerwehrfeste mit Hüpfburgen in den öffentlich-rechtlichen TV-Programmen … und Krimis.

Zur Entpapierung: Schwedische wie finnische (Grund-)Schulen stellen gerade den Mediengebrauch der Zöglinge um, wieder mehr bis nur Bücher. Die Wissenschaft ist sich nicht einig, wie sich Handy/Laptop auf Lese- und Merkfähigkeit, Augengesundheit, Stimmung auswirken. Der Herr Wall samt Firma schleifte kurz vor seinem Tod etliche Litfaßsäulen Berlins (bis auf einige denkmalgeschützte), um seine beleuchteten, drehbaren Großsäulen aufzubauen, die Strom kosten & halt ineffektiv sind, für spontane wie von Nahem zu lesende Kulturhinweise beispielsweise. Nun sah ich, dass eine solche Großsäule auf einer Verkehrsinsel mit Papier beklebt ist … Name ist der Redaktion bekannt

Seitenwende – warum?

Liebe tazler, ihr taucht in meinem Newsletter auf: Bei der taz gibt es ab dem 17. Oktober 2025 eine „Seitenwende“, womit gemeint ist, dass nur noch die Wochenendausgabe in gedruckter Form erscheinen wird. Die Zeitungsauslagen am Kiosk oder der Tankstelle werden ausgedünnt. Bedrucktes Papier ist etwas Wunderbares, das Gefühl, eine Zeitung oder ein Buch in der Hand zu halten, ist durch nichts zu ersetzen. Aber unsereins ist längst weg vom analogen Zeitungslesen und scrollt sich auf den Internetseiten durch. Gegen Bezahlung, versteht sich. Dazu gehört auch die taz, viel Information und gute Kommentare für 10 Euro im Monat, die sich lohnen. Hier zwei Links zur taz mit den Hintergründen:

Bloß nicht in Schönheit sterben

Endlich nicht mehr herumdrucksen

Ed Koch, Paperpress e. V., Berlin

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