: 1,5-Grad-Grenze wohl erstmals überschritten
2024 wird das heißeste Jahr seit Messungsbeginn. Wetterextreme verursachen immer mehr Schäden
Von Jonas Waack
2024 ist das erste Kalenderjahr, das durchschnittlich 1,5 Grad heißer war als vor der Industrialisierung. Das meldet das europäische Erdbeobachtungsinstitut Copernicus. Mit etwa 1,6 Grad Erderhitzung ist 2024 damit das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, nachdem schon das Jahr 2023 mit 1,48 Grad Rekordjahr war. Zwar liegen noch keine Temperaturdaten für Dezember vor, aber aufgrund der hohen Temperaturen von Januar bis November ist dem Institut zufolge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit klar, dass 2024 die 1,5-Grad-Grenze überschreitet.
Der November 2024 war Copernicus zufolge der zweitwärmste seit Messungsbeginn, heißer war nur der November 2023. In Mitteleuropa war der Monat nicht besonders warm, dafür aber in Südwesteuropa und Russland. Der November war in West- und Mitteleuropa dafür besonders trocken, während im Süden des Kontinents ungewöhnlich viel Regen fiel.
Dass die 1,5-Grad-Grenze erstmals überschritten wurde, heiße aber nicht, dass auch das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel gebrochen ist, sagte die Vizechefin des Klimaprogramms von Copernicus, Samantha Burgess. Beim 1,5-Grad-Ziel geht es um Durchschnittswerte mehrerer Jahre. „Aber es heißt, dass ehrgeiziger Klimaschutz wichtiger ist als je zuvor.“
Dem UN-Emissionsbericht zufolge ist die Welt derzeit nur auf Kurs, 4 bis 10 Prozent weniger CO2 im Jahr 2030 auszustoßen als im Jahr 2019. Um das 1,5-Grad-Ziel einhalten zu können, wären aber etwa 42 Prozent weniger nötig. 2024 war dem Bericht zufolge nicht nur das heißeste Jahr seit Beginn der Industrialisierung, sondern es wurden auch so viele Treibhausgase ausgestoßen wie nie zuvor.
Und noch ein Rekord: 2024 verursachten Naturkatastrophen so hohe von Versicherungen gedeckte Kosten wie nie zuvor. Der Versicherer SwissRe hat berechnet, dass durch Überschwemmungen, Stürme, Dürren und andere vom Klimawandel mitverursachte Wetterextreme mehr als 135 Milliarden US-Dollar Schäden entstanden, die versichert waren. Das sind 6 Prozent mehr als 2023 und 25 Prozent mehr als der Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Von den 135 Milliarden US-Dollar wurden 50 Milliarden durch die Hurrikanes „Helene“ und „Milton“ verursacht, als sie die US-Ostküste trafen. Weltweit ist weniger als die Hälfte der Klimaschäden versichert, weil sich Menschen in ärmeren Ländern die Versicherungsbeiträge oft nicht leisten können.
„Verluste werden immer wahrscheinlicher, weil der Klimawandel Extremwetterereignisse wahrscheinlicher macht. Gleichzeitig liegen immer mehr Vermögenswerte in Hochrisikogebieten, weil Städte sich immer weiter ausbreiten“, schreibt SwissRe. Deshalb sei es wichtig, neben Klimaschutz auch Gelder für Klimaanpassung bereitzustellen. Schutzmaßnahmen wie Deiche und Dämme seien bis zu zehnmal so kosteneffizient, als nach Katastrophen Gebäude, Straßen und Schienen wieder aufzubauen.
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