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Archiv-Artikel

Wackliges breites Bündnis

NPD Die Bürgerschaft demonstriert Einigkeit über das Ziel Parteiverbot. Welcher Weg dorthin der sinnvollste ist, ist aber schon wieder strittig

Hamburgs NPD

Der NPD-Landesverband Hamburg ist Sammelbecken für militante Neonazis und „freier Kameraden“.

■ Die offizielle Mitgliederzahl liegt laut Verfassungsschutz seit Jahren konstant bei 140.

■ Landesvorsitzender ist Torben Klebe, der zu den führenden Köpfen des 1999 verbotenen „Hamburger Sturm“ gehörte. Sein Stellvertreter ist seit Juni 2011 der mehrfach vorbestrafte Neonaziführer Thomas „Steiner“ Wulff.

■ Die Ein-Prozent-Hürde verfehlte die NPD im Februar 2011 – vermutlich auch wegen fehlenden Geldes für einen anständigen Wahlkampf. Ihr entging daher die staatliche Parteienfinanzierung.

■ Abgeschaltet hat der Verfassungsschutz angeblich vergangene Woche seine V-Leute in der Führungsebene des Landesverbands.

Es war die große Einigkeit der demokratischen Parteien. Der Schulterschluss gegen die NPD ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich in der Bürgerschaft alle fünf Fraktionen einigen können: So sehr SPD, CDU, GAL, FDP und Linkspartei aber für ein Verbot der NPD im Bund sind, so unterschiedlich sind ihre Einschätzungen, wie das verfassungsrechtlich sauber umgesetzt werden kann.

Es sei „Zeit, zu handeln“, verkündete SPD-Innenpolitiker Arno Münster gestern Nachmittag in der Aktuellen Stunde des Parlaments. Ein Verbotsverfahren gegen „diese menschenfeindliche Neonazi-Partei ist notwendig“. Das sah – im Grundsatz – auch Kai Voet van Vormizeele von der CDU so: „Das Verfahren ist richtig.“ Zudem biete sich dadurch die Möglichkeit, der NPD „den Geldhahn zuzudrehen“, weil sie aus der Parteienfinanzierung herausfiele. Die Kostenerstattungen bei Wahlkämpfen und Diäten für Abgeordnete entgingen der rechtsextremistischen Partei dann als Finanzierungsbasis.

Auch Antje Möller (GAL) und Carl Jarchow (FDP) befürworten ein scharfes Vorgehen gegen die NPD. Beide aber unterstrichen auch das mögliche Risiko, erneut vor dem Bundesverfassungsgericht zu scheitern wie schon 2003. „Das wäre ein Desaster“, sagte Jarchow. Deshalb müsse die verfassungsrechtliche Prüfung eines Verfahrens „sehr gründlich“ erfolgen. Um dessen rechtliche Chancen zu vergrößern, forderten Möller und Christiane Schneider (Die Linke) überdies die Abschaltung aller V-Leute in der NPD.

Niemand solle das Thema „zerreden“, forderte Innensenator Michael Neumann (SPD). Es gelte, „zu springen oder zu schweigen“, damit es ein erfolgreiches Verfahren werde. Ein NPD-Verbot sei aber „nur ein Mosaiksteinchen im Kampf gegen Rechtsextremismus“. Denn die Einstellungen und Ansichten von Neonazis könne das Verbot einer extremistischen Partei nicht ändern.

Zugleich rief Neumann zu einem breiten Konsens gegen den „Tag der deutschen Zukunft“ auf, den Neonazis am 2. Juni in Hamburg durchführen wollen. Polizeilich werde alles rechtlich Mögliche dagegen getan, versicherte der Innensenator gestern. Notwendig sei darüber hinaus aber „die gesellschaftliche Ächtung von Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“.  SVEN-MICHAEL VEIT