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Räumungsklage gegen 85-JährigenZum Glück ist der Mann(e) nicht allein

Kommentar von Katharina Wulff

Der 85-jährige Manne hat nach langem kämpfen gegen die Räumungsklage gewonnen. Das zeigt: Präzise Rechtsprechung und Hartnäckigkeit können etwas ausrichten.

Ein Sieg für „ihren Manne“ ist auch ein Sieg für sie: Manne Moslehner und die Nachbarschaftsinitiative vor dem Landgericht Foto: Katharina Wulff

E s gibt sie doch noch: Die Gerichtsurteile, die Mie­te­r:in­nen hoffen lassen, dass für sie am Ende alles gut wird. Dass sie doch noch Rechte gegenüber ihren Ver­mie­te­r:in­nen haben, die dann nicht nur theoretisch gelten, sondern auch praktisch vor Gericht durchgesetzt werden. Diese Woche wurde vom Berliner Landgericht genau so ein Urteil für einen Mieter gesprochen, der in erster Instanz gegen seinen Vermieter verloren hatte.

Der 85-Jährige Manfred Moslehner, der von allen nur Manne genannt wird, darf in seinem Geburtshaus, einem kleinen Haus in Berlin-Tegel des Bezirks Reinickendorf bleiben – zumindest vorerst. Diesem Urteil war eine jahrelange juristische Odyssee vorausgegangen, die begann als das Land Berlin die Reihenhäuser in der Reinickendorfer Siedlung „Am Steinberg“ an einen privaten Investor verkaufte.

Der wollte aus der Siedlung die luxussanierten „Stonehill Gardens“ machen. Räumungsklage, Ordnungsgeld, Amtsgericht, Landgericht, Bundesgerichtshof – all das musste Manne Moslehner trotz seines Alters seit gut einem Jahrzehnt verkraften. Immer mit dabei: ein großer und aktiver Unterstützerkreis, der sich in der „Initiative am Steinberg“ organisiert. Zusammen zogen sie 2017 bis vor den Bundesgerichtshof und bekamen teilweise recht – ein Lichtblick.

Denn zur Wahrheit gehört auch: Vor Gericht gewinnt nicht immer, wer die besseren Argumente hat. Es braucht einiges an Geld und Zeit, um jahrzehntelange Gerichtsverfahren zu führen. Auch Durchhaltevermögen und Hartnäckigkeit helfen, aber beides muss man sich leisten können. Große Immobilienfirmen mit gut besetzten Rechtsabteilungen haben also in Mietrechtsprozessen gute Chancen gegen Einzelpersonen, im schlechtesten Fall ohne Rechtsschutzversicherung und teure Anwält:innen, zu gewinnen.

Erfolg für die Mie­te­r:in­nen

Doch Manne Moslehner, sein Anwalt Henrik Solf und die Nachbarschaftsinitiative im Rücken haben einen langen Atem bewiesen. Als das Amtsgericht Wedding im April eine Räumungsklage des Vermieters für rechtens erklärte, gingen Moslehner und Solf in Berufung – und gewannen. Und tatsächlich wurde diese Woche vor dem Berliner Landgericht die Asymmetrie zwischen mächtigen Investoren mit vielen Ressourcen und kleinen Leuten mit wenig Ressourcen einmal auf den Kopf gestellt.

Über eine Stunde lang musste sich die Vermieterseite die Spitzen der Richterin Astrid Siegmund anhören, die während der Urteilsbegründung quasi dauerhaft das Wort an sie richtete. Wie Schulkinder, denen gerade tüchtig die Ohren langgezogen werden, sahen sie dabei aus.

Die Richterin sprach von Rücksichtnahmepflichten des Vermieters, mahnte an, den hochbetagten Manne Moslehner human zu behandeln und ihn für die Modernisierung seines Häuschens nicht einfach herauszuwerfen. Pflichten für Vermieter:innen? Den Mie­te­r:in­nen im Raum lag dabei ein müdes Lächeln auf den Lippen.

Zwischendurch – wohl eine Verzweiflungstat – holte die Rechtsanwältin des Vermieters zu einer halbherzigen Rechtfertigung aus. Doch der Raum 8130 des Berliner Landgerichts war bis auf den letzten Platz mit Mannes Un­ter­stüt­ze­r:in­nen gefüllt und so fanden die Ausführungen der Gegenseite wenig Gehör. Die Mannes von Berlin waren in der Überzahl. Zurück bleibt die Hoffnung: Wenn wir uns organisieren und hartnäckig bleiben, können wir etwas ausrichten.

Sorgfältige Rechtsprechung

Dass Moslehner nun Recht bekommen hat, ist neben seiner Hartnäckigkeit vor allem der sorgfältigen Arbeit von Richterin Astrid Siegmund geschuldet. Sie begründet ihr Urteil ausführlich und wortreich – dafür ist sie bekannt. Das Gericht habe sich die Entscheidung nicht „leicht gemacht“, betont Siegmund. Die Basis ihrer Entscheidung seien Fakten und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof gewesen.

Zwar ist in diesem Prozess keine Revision zugelassen, doch die Räumungsklage ist nur eine von vielen Fronten, auf denen Manne Moslehner und sein Vermieter kämpfen. Moslehner, der ohnehin ausgelaugt wirkt, hat infolge dieser Belastung eine Depression entwickelt. Das belegt ein sozial-psychiatrisches Gutachten.

Und als wären allein drei Prozesse in diesem Jahr nicht genug für Moslehner, kündigte die Vermieterseite an, „weiterzumachen“. Genug Geld, Zeit und Ausdauer, um Manne Moslehner Lebensabend weiter zu erschweren, scheint die Investorengruppe zu haben. Der Kampf gegen die großstädtischen Immobilienhaie ist also noch nicht vorbei. Nun, zum Glück stehen eine präzise Rechtsprechung, Moslehners kundiger Anwalt Henrik Solf und seine ausdauernden Nach­ba­r:in­nen weiterhin an Mannes Seite.

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Hat im Psychologiestudium gelernt, Menschen aufrichtig zuzuhören. Zwischendurch Stationen in Israel, der Türkei und an der Deutschen Journalistenschule in München – nun wieder dauerhaft in Berlin.
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6 Kommentare

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  • "Wenn wir uns organisieren und hartnäckig bleiben, können wir etwas ausrichten."



    Glückwunsch an die Bewohner.



    Bürgerinitiativen gibt es in Berlin viele. Entscheidungsträger in den Bezirksämtern haben in jahrelangen Auseinandersetzungen versucht, die Anwohner von Bauprojekten in grünen Innenhöfen der Berliner Ostbezirke gedrängt, aufzugeben.



    Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat sich für die Landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften entschieden und Baugenehmigungen nachgereicht



    Wie wichtig sind uns das Klima, der Arbeits- und Gesundheitsschutz?

    Die Anwohner brauchen in Wohnungsnähe einen Ort der Begegnung mit anderen Mietern; vor der Haustür im Grünen mit schattenspendenden Bäumen und Büschen einschl. Spiel- und Sportplätzen.



    Nahe gelegene Kitas und Schulen sollen lt. Senat die grünen Innenhöfe als grünes Klassenzimmer nutzen können.

    ilse-kiez.de



    Barther Straße

    Wieviel qm an Grün- und Spielfläche stehen Anwohnern zur Verfügung; vor Baumaßnahmen und danach?

    Kleingartenanlagen mit Parzellen bis ca. 800 - 1200 qm für Single, Kleinfamilien sind üppig und werden meist unerlaubt vom Frühjahr bis Herbst bewohnt.



    Die Teilhabe der Menschen muß gerecht sein und bleiben.

  • Es ist unglaublich, wie Menschen mit ihren Mitmenschen umgehen, ohne menschliches Herz zu zeigen. Was Geld aus Menschen macht! Einem über 80 jährigen Senior das Leben so schwer zu machen ist menschenverachtend. Mögen die in ihrem Geld ersticken, diese Investoren! Das Wort "Mensch" ist in diesem Wort " Investoren" nicht enthalten.

  • Welche (Rechts)-Mittel bleiben den Vermieter, um Manne Moslehner raus zu ekeln?



    ...keine Revision zugelassen...



    ...und bekamen teilweise recht...

  • Solche Meldungen tun guuuuuuuuuuuuuuuut!!

    • @Perkele:

      Oh ja. Danke an die Richterin und all die Unterstützerinnen. Weiterhin alles Gute!

    • @Perkele:

      Also wenn sie den selben Artikel gelesen haben wie ich, dann kann ich das nicht ganz nachvollziehen 🙈.

      Ja er hat hier einen kleinen Teilerfolg erzielen können, aber hier steht auch klar drin, der Vermieter zieht alle register, es gibt viele weitere Verfahren nebenbei und der Mann ist mit seinen 85 Jahren eigentlich schon gebrochen.

      Und am Ende alles nur für eine weitere widerliche Luxus Siedlung, die auch am Ende so umgesetzt werden wird 🥺

      Das einzig positive, dass man hier mitnehmen kann, ist das sich die Menschen für diesen Herren einsetzen und ihn tatkräftig unterstützen.