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WM im StraßenradsportRückkehr der Meisterin

Mountainbike-Olympiasiegerin Pauline Ferrand-Prevot ist die vielseitigste Radsportlerin der Welt. Nun feiert sie bei der WM ihr Asphalt-Comeback.

Explosiv: Pauline Ferrand-Prevot beim Mountainbike-Weltcup in Andorra Foto: Michal Cerveny/imago

Zürich taz | Eine Legende kehrt zurück. Vor genau zehn Jahren wurde Pauline Ferrand-Prevot schon einmal Straßenweltmeisterin. Da war sie 22 Jahre jung. In den folgenden Saisons holte sie weitere Erfolge, gewann eine Etappe des Giro d’Italia, wurde auch französische Meisterin. Die Mountainbike- und Cyclocross-Szene reizte sie aber mehr.

Sie brachte das Kunststück fertig, in einem Kalenderjahr gleich drei Regenbogentrikots zu tragen: das der Straßenweltmeisterin, das der Weltmeisterin im Cyclocross und auch das der Mountainbike-Weltmeisterin. Im Mountainbike fügte sie noch vier weitere WM-Titel hinzu, außerdem noch welche im Short Track und in der Mixed Staffel. Und als der Radsportweltverband UCI vor zwei Jahren erstmals eine Gravel-WM veranstaltete, war wer die Championesse? Natürlich PFP.

Ihre Initialen sind im Radsport ähnlich hochgeschätzt wie die von MVDP, von Mathieu van der Poel, dem anderen Vielseitigkeitstalent. Auch er ist Weltmeister auf der Straße und im Cyclocross. Verpasst hat er bisher die Titel in den Disziplinen Mountainbike und Gravel. Und noch eines hat die Französin dem Niederländer voraus: Bei den Olympischen Spielen in Paris holte sie Gold im Mountainbike. Van der Poel ließ in Paris das Geländerennen aus, bei den Vorgängerspielen in Tokio schied er durch Sturz aus. Ferrand-Prevot hatte zuvor bei Olympia ebenfalls viel Pech. Gold in Paris rundete aber ihre Geländekarriere glänzend ab.

„Das ist die letzte Medaille auf meiner Liste, die noch fehlte. Zwölf Jahre lang bin ich ihr nachgejagt“, sagte sie danach. Statt sich nun aber vom Rennsport zurückzuziehen, rief sie gegenüber dem Sportblatt l’Equipe aus: „Jetzt ist es Zeit für neue Ziele.“

Neues Team

Und die sucht sie im Straßenradsport. Sie wolle in den kommenden Jahren die Tour de France gewinnen, kündigte sie an. Statt noch wie in der zu Ende gehenden Saison als Alleinfahrerin bei Team Ineos Grenadiers weiterzumachen – ein Frauenteam bauen die Briten entgegen mancher Spekulationen nun wohl doch nicht auf – geht sie zu Visma-Lease a Bike. Und weil sie die Rückkehr auf die Straße offenbar gar nicht abwarten kann, macht sie schon der WM in Zürich beim Straßenrennen am Samstag ihre Aufwartung.

Die Idee dafür reifte offenbar während der Olympischen Spiele. „Unser Moutainbike-Trainer Yvan Clolus kam auf mich zu und erzählte mir von der Bereitschaft von Pauline, an der WM teilzunehmen. Vom Reglement her war das möglich. Und ich denke auch, sie hat niemandem den Platz weggenommen“, sagte Frankreichs Nationaltrainer für das Straßenteam, Paul Brousse, der Zeitung Le Telegramme. Und tatsächlich können die Nationaltrainer frei auswählen, wen sie mitnehmen.

Für Ferrand-Prevot ist die Rückkehr nicht ohne Risiko. „Der Frauenradsport auf der Straße hat sich enorm verändert, seit ich ihn verlassen habe“, weiß sie. Die Leistungsdichte hat zugenommen im Laufe der letzten Dekade. Die Rennen werden deshalb härter gefahren. Der Rennkalender ist enorm gewachsen, was zu gestiegener Wettkampfhärte führte. Genau diese Herausforderung scheint sie aber zu reizen. Und vor allem dürfte die Französin die endlich wieder zur richtigen Etappenfahrt ausgebaute Tour de France locken.

Schwieriger WM-Kurs

Auf dem Weg dorthin kommen ihr die Welttitelkämpfe in der Schweiz gerade recht. Der Kurs mit seinen knackigen Bergen – viermal müssen die Zürichbergstraße und der Witikon hochgeheizt werden mit Spitzensteigungen von bis zu 15 Prozent – kommt einer explosiven Athletin wie der Geländefahrerin PFP sehr entgegen. Die Distanz allerdings könnte ihr zum Verhängnis werden.

„Die Umstellung wird ein herausforderndes Projekt“, meinte auch ihr künftiger Teamchef bei Visma-Lease a Bike, Rutger Tijssen. „Mountainbike ist ein sehr explosiver Sport mit einer anderthalbstündigen Belastung. Straßenrennen gehen mehr über die Ausdauer und über einen längeren Zeitraum“, erklärte er. Wie gut seine zukünftige Fahrerin im Transitionsprozess nur wenige Wochen nach dem Mountainbike-Gold in Paris ist, kann er – und mit ihm die gesamte Radsportwelt – nun beim Rundkurs entlang des Zürichsees beobachten.

Die Konkurrenz, allen voran die letzten Tour-de-France-Siegerinnen Kasia Niewiadoma und Demi Vollering, dürfte darauf brennen, der hochdekorierten Rückkehrerin schnell die Fortschritte der gesamten Straßenszene aufzuzeigen. Unklar ist auch, welchen Status Ferrand-Prevot im französischen Team hat und welche taktische Aufgabe ihr zugedacht ist. Mit der früheren Tour-Vierten Juliette Labous und der einstigen Gewinnerin des Nachwuchstrikots bei dieser Rundfahrt, Cedrine Kerbaol, stehen bereits Athletinnen mit Medaillenchancen im Kader. Aber vielleicht ist Ferrand-Prevot ja auch im Wechsel zwischen den Disziplinen so Extraklasse wie sie es zuletzt im Gelände war.

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