Authentisch sein und Geld verdienen: Stand by Your Gram
Eine original unterdrückte Hausfrau hatte ihrem Mann zu dienen, zu huldigen und sich ihm unterzuordnen. Das bleibt den Teenis heute immerhin erspart.
M ama, was ist eine Tradwife?“, fragt die Teenager-Tochter im Café und stochert in ihrem Cupcake.
Die Mutter setzt ihre Sonnenbrille auf, räuspert sich und sagt:
„Na, das ist eine KI-generierte Frau, die nur bei Instagram und Tiktok existiert.“
„Nee, Mama, das kann nicht sein, weil die große Schwester von einer aus meiner Klasse macht das jetzt nämlich hauptberuflich und die existiert in echt.“
„Guck mal, Nola, eine authentische Tradwife hätte gar keinen Beruf, also hab ich doch irgendwie recht.“
„Was bedeutet authentisch genau?“
„Echt de luxe.“
„So wie Klopapier?“
„Genau, Realität in mehreren Lagen.“
„Und eine voll echte Tradwife arbeitet wirklich gar nix?!“
„Genau, eine original unterdrückte Hausfrau hatte ihrem Mann zu dienen, zu huldigen und sich ihm unterzuordnen.“
„Warum musste die das machen?“
„Weil sie kein eigenes Geld verdient hat, deshalb musste sie zusehen, dass er sie nicht verlässt, damit sie überlebt.“
„Auch wenn der Mann voll hässlich war und Mundgeruch hatte?“
„Ja, dann auch.“
„Und wenn der voll dumm und langweilig war?“
„Dann auch.“
„Und warum sind die Frauen dann nicht lieber gleich tot umgefallen, anstatt solchen Losern zu dienen und die anbeten zu müssen?“
Schriftstellerin in Hamburg. 2023 ist ihr Roman „Auf Wiedersehen“ bei Weissbooks erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert.In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.
„Gute Frage, na ja, sie mussten die Kinder versorgen und den Untergang des Patriarchats vorbereiten.“
„Und ist das jetzt erledigt?“
„Nein, mein Schatz, aber jetzt kannst du immerhin schon selbst entscheiden, ob du deine Achselhaare, einen promiskuitiven Lebensstil gut findest, ’ne Karriere anstreben, Juristin, Journalistin, einfach nur schön bis zum Umfallen oder beides oder schmal- oder mehrgewichtige Influencerin sein willst.“
„Ich find alle Influencerinnen sind irgendwie Opfer.“
Die Mutter zündet sich eine Kippe an und fragt:
„Inwiefern?“
„Na, stell dir mal vor, Mama, jemand mit Macht stellt die Apps ab. Ist ja nur so ein kleines buntes Ding da auf dem Bildschirm zum Antippen, aber du bist von den Daten abgeschnitten, voll abhängig, was es dir durchgehen lässt, den Algorithmen, ob es überhaupt weiter existiert oder dich existieren lässt.“
Die Mutter sagt:
„Aber das gilt dann auch für die Influencer.“
„Ja, für alle, die da drin feststecken, die sind alle am Arsch bei einem Netzcrash wegen Cyberkrieg oder wenn Instagram oder Tiktok einfach mal so alle Regeln ändern, weil die was davon haben, denen sind die echten Leute doch egal! Mama, die haben keine Rechte an nix.“
„Und was glaubst du, warum machen die Leute das, wenn das mit so großer Abhängigkeit und Unsicherheit verknüpft ist?“
„Geld.“
„Genau, und für Geld rühren einige Frauen eben auch weiter stramm lächelnd im patriarchalen Pudding.“
„Mama?“
„Ja.“
„Versuchst du manchmal, Papa zu glücklich zu machen?“
„Ach, der wäre ja noch mies drauf, wenn ich im Bikini drei Torten am Tag backen würde. Papa aufheitern ist wie Pudding an die Wand nageln.“
„Und welche Männer machen Frauen, die nackt Torten backen, echt glücklich?“
„Na intellektuelle Leichtgewichte, einfache Männer.“
„Was ist ein einfacher Mann?“
„Na, einer, der nur eine Lage im Kopf hat.“
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