: Im Land des unbegrenzten Rechtsstreits
US-Gerichte haben alle Hände voll zu tun. Die Regierungen der Bundesstaaten sind dabei mal Kläger, mal Angeklagte – wie in Montana und Kalifornien
Mehr als die Hälfte aller weltweiten Klimaklagen werden in den USA eingereicht. Spektakulär war beispielsweise ein Urteil im Bundesstaat Montana im Jahr 2023. Geklagt hatten sechzehn Menschen im Alter zwischen 5 und 22 Jahren – Vertreter der Generation, die besonders stark unter dem Klimawandel leiden wird. Mit der Genehmigung von Öl- und Gasprojekten verstoße die Regierung des Staates gegen das verfassungsmäßige Recht der Kläger:innen auf eine saubere und gesunde Umwelt. Die Kläger gewannen: Ab sofort muss in Montana, das besonders für seine Bodenschätze bekannt ist, bei jeder Genehmigung zur Förderung von Öl oder Gas auch der Klimaaspekt berücksichtigt werden.
In Kalifornien wiederum ist die Regierung nicht Angeklagte, sondern Klägerin gegen mehrere Ölfirmen. Die Konzerne wüssten seit Jahrzehnten, dass ihre Geschäftspraktiken „katastrophale Folgen“ für Mensch und Atmosphäre haben – deswegen sollten sie jetzt selbst für die Kosten aufkommen, die sie durch die Klimaerhitzung verursacht haben. Der Fall hat neben der eigentlichen Zerstörung noch eine zweite Ebene: Kalifornien fordert zusätzlich harte Geldstrafen von BP, Chevron, ConocoPhillips und Exxon, weil die Konzerne die Öffentlichkeit belogen haben und schon „seit mehr als 50 Jahren wissen, wie gefährlich die von ihnen produzierten fossilen Brennstoffe sind“, wie es Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom formulierte. Ausdrücklich angeklagt ist außerdem der Lobbyverband American Petroleum Institute. Die im September 2023 eingereichte 135-seitige Klageschrift wird am Superior Court in San Francisco verhandelt.
Das Beispiel aus Kalifornien zeigt, dass auch Staaten für mehr Klimaschutz den Klageweg beschreiten können. Dafür müssen sie allerdings auch selbst engagierten Klimaschutz betreiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen