Katastrophe in Indien: Tödliches Gedränge

Bei einer Massenpanik nach der Versammlung eines selbsternannten Gurus sterben mehr als 120 Menschen. Oppositionelle kritisieren die Behörden​.

Versorgung von Verletzten im Hathras-Distriktkrankenhaus: Ärzte stehen stehen zwischen Betten mit Verletzten

Nach der Massenpanik: Versorgung von Verletzten im Hathras-Distrikt-Krankenhaus Foto: Rajesh Kumar/ap

MUMBAI taz | Bilder dramatischer Szenen erreichten am späten Dienstag Indiens Parlamentsabgeordnete, als sie in ihrer ersten Sitzungsperiode nach den Wahlen zusammenkamen. Auf Videos sind reglose Körper zu sehen und wie Verletzte geborgen werden. Es sind die Folgen einer tragischen Massenpanik nach einer religiösen Versammlung im nördlichen Bundesstaat Uttar Pradesh, bei der zahlreiche Menschen zu Tode kamen.

Zu viele wollten nach dem Ende der Predigt des selbsternannten Guru Bhole Baba gleichzeitig das Gelände verlassen. Auch die hohe Luftfeuchtigkeit setzte den Menschen zu, manche fielen in Ohnmacht. Die Zahl der Todesfälle im Bezirk Hathras südöstlich der Hauptstadt Delhi stieg bis Mittwochmorgen auf mindestens 121. Medienberichten zufolge sind die Opfer überwiegend Frauen. Auch sieben Kinder sollen sich darunter befinden.

Premierminister Narendra Modi von der hindunationalistischen Volkspartei (BJP) sprach den Angehörigen sein Beileid aus und wünschte den Verletzten rasche Genesung. „Ich versichere allen im Parlamentshaus, dass den Opfern in jeder Weise geholfen wird“, sagte der 73-Jährige, der gerade erst im Amt bestätigt worden war. Die Verwaltung sei unterdessen mit Hilfs- und Rettungsarbeiten im BJP-geführten Bundesstaat beschäftigt. Familien der Toten wurden umgerechnet 2.230 Euro Entschädigung versprochen, Verletzten 560 Euro.

Doch die Kritik wächst. Berichten zufolge sollen nur 70 Beamte bei der Veranstaltung mit geplanten 80.000 Menschen im Einsatz gewesen sein. Laut Schätzungen waren tatsächlich 250.000 Personen vor Ort gewesen.

Auf dem Boden Sitzende wurden erdrückt

Gläubige versuchten nach der Predigt des selbsternannten Gurus, ihn kurz zu sehen und aus Ehrfurcht seine Füße zu berühren, was zu großem Gedränge auf engstem Raum führte, sagte ein Beamter. Die zahlreichen Anhänger waren aus verschiedenen Bezirken von Uttar Pradesh sowie aus benachbarten Bundesstaaten gekommen.

„Wegen der unkontrollierbaren Menge, die den Veranstaltungsort verließ, wurden Gläubige, die auf dem Boden saßen, erdrückt“, hieß es in einem ersten Bericht der Polizei. „Auf der anderen Straßenseite wurde die Menge, die in die mit Wasser und Schlamm gefüllten Felder rannte, vom Organisationskomitee mit Stöcken gewaltsam aufgehalten, wodurch Frauen, Kinder und Männer erdrückt wurden.“

Es habe auch nicht genügend Notausgänge gegeben und die Versorgung Verletzter sei nur schleppend angelaufen, da lokale Gesundheitseinrichtungen mit der Situation überfordert waren.

„Ich möchte wissen, warum die Verwaltung nicht darauf vorbereitet war. Es wird berichtet, dass die Krankenhäuser nicht genügend Ärzte haben und die Verletzten nicht angemessen versorgt werden. Wir fordern Gerechtigkeit für diejenigen, die getötet wurden“, sagte der Politiker Pawan Khera von der oppositionellen Kongresspartei.

Opfer stammen meist aus armen Familien

Die meisten Opfer stammen aus armen Familien, beklagt der ehemalige Abgeordnete der Samajwadi-Partei Syed Tufail Hasan und sprach von einem administrativen Fehler. Er fordert eine umfassende Untersuchung. „Die lokale Verwaltung befürchtet keine Strafe“, so Hasan.

Seine Partei macht Uttar Pradeshs BJP-Regierung für die Katastrophe verantwortlich. Ministerpräsident Yogi Adityanath (BJP) eilte zum Unglücksort.

Die Behörden fahnden auch nach dem Hindu-Guru Bhole Baba, einem ehemaligen Polizisten namens Narayan Sakar Hari. In seinem Ashram war er zunächst nicht auffindbar.

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