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Aus der „Morgenröte“

Die Zeitung „Avgi“ der griechischen linken Partei Syriza stellte ihre Druckausgabe letzte Woche ein

Als die Belegschaft am vergangenen Dienstag die Hiobsbotschaft erreichte, war ihre Empörung groß. Die tägliche Druckausgabe der Athener Tageszeitung Avgi (Morgenröte), der historischen Parteizeitung von Europas einstiger linken Vorzeigepartei Syriza, wird mit sofortiger Wirkung eingestellt. Dass die seit 1952 erscheinende Zeitung nicht mehr am ­Kiosk ausliege, sei bisher nur einmal, während der Athener Militärjunta, passiert, erklärte die Avgi-Belegschaft. Ein Sprecher der Geschäftsleitung habe als Grund für die Schließung „die schweren finanziellen Probleme“ angegeben. Man habe dem Personal mitgeteilt, dass man „so viele Mitarbeiter wie möglich“ weiter beschäftigen wolle. Die Webseite sowie die Sonntagsausgabe sollen erhalten bleiben.

Am Mittwoch traten die Avgi-Mitarbeiter in den Streik. Die Mitarbeiter fordern die Rücknahme der Entscheidung, die Tagesausgabe zu schließen, die Sicherung aller Arbeitsplätze, die Zahlung offener Löhne und Gehälter sowie ein sofortiges Treffen mit dem Syriza-Chef Stefanos Kasselakis. Fest steht: Ohne Kapitalspritzen von Syriza ist das Parteiblatt nicht lebensfähig. Syriza hält laut eigenen Angaben 40 Prozent der Aktien. Das Problem: Syriza hat in der Wählergunst zuletzt einen Absturz erlitten. Daher erhält die Partei viel weniger Geld aus der Staatskasse. Außerdem zahlen viele Syriza-Mitglieder keine Beiträge. Ferner erlebt der griechische Zeitungsmarkt einen beispiellosen Niedergang. Seit 2018 hat sich die Zahl aller verkauften Zeitungsexemplare fast halbiert. Nicht einmal auf drei Exemplare pro Grieche und Jahr kam die Auflage im Jahr 2023. Obendrein gibt es kaum Abonnenten. Die Zeitungen werden nur am Kiosk gekauft.

Am Freitag streikten auch die Mitarbeiter des Parteiradiosenders Sto Kokkino. Ferner verurteilten die Internationale Journalisten-Föderation (IFJ) sowie die Europäische Journalisten-Föderation (EJF) die Schließung. Syriza-Chef Kasselakis bat in einer SMS aus den USA, wo er sich aktuell befindet, die 36 Syriza-Abgeordneten darum, den „größtmöglichen finanziellen Beitrag zu leisten“, um der Lage Herr zu werden. Er werde, „mit gutem Beispiel vorangehen und 20.000 Euro spenden“. Doch die Abgeordneten zögern. Griechischen Medienberichten zufolge fordern sie die Aufstellung der Ausgaben von Avgi sowie der Partei, wozu sich Kasselakis öffentlich verpflichtet habe, aber bisher nicht nachgekommen ist. Der frühere Syriza-Finanzdirektor Thymios Georgopoulos warnte davor, dass das Avgi-Personal fortan unbezahlt bleiben würde. Ferry Batzoglou, Athen

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